Arles – das römische Erbe Frankreichs

In kaum einer Stadt Frankreichs ist das römische Erbe des Landes noch so zu spüren wie in Arles. Die Stadt im Süden der Provence hat bis heute in einzigartiger Weise bauliche Sehenswürdigkeiten aus den Zeiten des Imperiums bewahrt.

Obwohl Arles mit gerade mal gut 52’000 Einwohnern nicht mehr als ein Mittelzentrum ist, gehört die Stadt zu den lohnendsten Zielen in unserem Nachbarland. Die malerische Lage an der Rhone unweit des Mündungsdeltas, die Nähe zum Mittelmeer und die im Umfeld der Stadt gelegene faszinierende Naturlandschaft der Camargue ziehen neben den eindrucksvollen Baudenkmälern zahlreiche Besucher an.

Verkehrsknotenpunkt des Imperiums

Wer sich je im Lateinunterricht mit Cäsars „De Bello Gallico“ befassen durfte, dem ist die römische Eroberung Galliens mehr als ein Begriff. Bis heute werden Kultur und Sprache Frankreichs durch das Erbe der Römer geprägt. Im Bereich der Mittelmeerküste und des Rhonetals begann die römische Besitznahme sogar schon besonders früh. Bereits ab 125 vor Christus setzte sich die italische Besatzungsmacht hier fest. Erst Jahrzehnte später sollte Cäsar seinen Feldzug zur Unterwerfung des grossen Restes Galliens beginnen. Zu diesem Zeitpunkt bestand Arles bereits als keltische Gründung. Arelate – Sumpfort – hatten die Kelten ihre Siedlung treffend genannt. Cäsar legte an dieser Stelle eine Militärkolonie an und gab ihr – angelehnt an die keltische Bezeichnung – den Namen „Colonia Julia Paterna Arelate Sextanorum“. Es war die Keimzelle des heutigen Arles.

In der Antike kreuzten sich in der Stadt bedeutende Strassen des Imperiums. Die Via Agrippa verband Arles mit Lyon, von wo aus weitere Strassen in verschiedene Richtungen – u. a. nach Trier – abzweigten. Die Via Aurelia führte vom nahen Massilia – dem heutigen Marseille – über Arles bis in die Hauptstadt Rom. Die verkehrsgünstige Lage an zwei Hauptmagistralen begünstigte den Aufstieg des antiken Arelate zu einer wichtigen Metropole.


Strasse bei Arles (Bild: Claudio Giovanni Colombo – shutterstock.com)

Schon bald konkurrierte sie im Handel mit der wohlhabenden Nachbarin Massilia. 395 wurde Arles Hauptstadt des römischen Galliens und wenige Jahre später anstelle von Trier sogar Regierungssitz des römischen Westreichs. Die Übernahme dieser Funktion erfolgte bereits in der Zeit des Niedergangs der Römer. Die Völkerwanderung und spätere Sarazeneneinfälle bedeuteten tiefe Einbrüche.

Eine letzte Glanzzeit erlebte Arles im frühen Mittelalter als Hauptstadt des Königreichs Arelat, das 1033 vom Heiligen Römischen Reich beerbt wurde. Ende des 15. Jahrhunderts fiel die Stadt zusammen mit der Provence an Frankreich, wo sie nur noch regionale Bedeutung erlangte.

Amphitheater, Theater und andere antike Ruinen

Zu den gut erhaltenen Bauten der Römerzeit gehören das Amphitheater und das Theater. Beide Baudenkmäler sind auch als Ruinen für das Bild der historischen Innenstadt nach wie vor prägend. Das Amphitheater ist etwas jünger und halb so gross wie das berühmte Kolosseum in Rom, folgt aber den gleichen architektonischen Grundprinzipien. Es wurde ursprünglich als dreigeschossige Anlage errichtet, die insgesamt 25’000 Zuschauern Platz bot. Es ist damit noch etwas ausgedehnter als das Amphitheater in der Nachbarstadt Nîmes, die ebenfalls viele Römerbauten besitzt.

Heute sind vom antiken Amphitheater noch die beiden unteren Geschosse zu sehen. Das Bauwerk war bis zum Ende des 6. Jahrhunderts als Spielstätte in Betrieb. Danach diente es als Festungsmauer für eine Siedlung, die im Inneren der Arena errichtet wurde. Später wurden die Wohnhäuser abgebrochen, erhalten blieben vier mittelalterliche Wehrtürme, die noch heute zum Bild gehören. Die Arena wird in unserer Zeit für Stierkämpfe genutzt.



Das in unmittelbarer Nachbarschaft gelegene Theater folgt ebenfalls anderen antiken Vorbildern und wurde mit einen Halbrund für steinerne Sitzreihen gestaltet. Die unteren Reihen sind noch vorhanden. Der Südturm gibt eine Vorstellung von der einstigen Höhe des Gebäudes, das 11’000 Zuschauer aufnehmen konnte. Im Gegensatz zu den Gladiatorenkämpfen, Tierhatzen und sonstigen Spektakeln im nahen Amphitheater wurden hier klassische Tragödien und Komödien gegeben. Reste der antiken Orchestra sind noch zu sehen, die meisten, oft aus Holz bestehenden Aufbauten wurden allerdings ein Opfer der Zeitläufte. Heute dient das Theater für Kulturveranstaltungen und Festivals.

Auch sonst sind noch einige Reste der römischen Vergangenheit der Stadt erhalten. Die Thermen des Konstantin bilden Teile einer antiken Badeanlage, die fälschlicherweise einem Palast Kaiser Konstantins zugeschrieben wurden. Am idyllischen Place du Forum wurden Überbleibsel der römischen Bausubstanz in spätere Gebäude integriert. Den zentralen Place de la Republique schmückt ein Obelisk, der einst im Zirkus der Stadt stand. Die weitläufige, für Wagenrennen genutzte Anlage existiert nicht mehr, sie wurde in späteren Jahrhunderten überbaut. Dem antiken Arles lässt sich im „Musée départemental Arles antique“ nachspüren. Hier sind zahlreiche Fundstücke und auch Modelle des römischen Arelate ausgestellt.

Rund um den Place de la Republique

Der Place de la Republique ist aber noch aus anderen Gründen sehenswert. Die frühere Kathedrale und Klosterkirche Saint Trophime an der Nordostflanke des Platzes ist ein herausragendes sakrales Bauwerk. Es entstand im Übergang von der Romanik zur Gotik und zeigt Stilelemente aus beiden Epochen.


Place de la Republique, Arles (Bild: Alexander Demyanenko – shutterstock.com)

Die ältesten Teile stammen aus dem 12. Jahrhundert, für den Bau wurden Steine des antiken Theaters verwandt. Ursprünglich war die Kirche das Herzstück einer Benediktinerabtei, später diente sie den Bischöfen und Erzbischöfen von Arles als Bischofssitz. Das Bistum erlosch im Zuge der Französischen Revolution. Seither ist Saint Trophime eine normale Kirche. Der schöne Kreuzgang und das reich geschmückte Portal erinnern noch an die früher herausgehobene Funktion.

Die der Kathedrale gegenüberliegende Kirche Saint Anne ist dagegen ein Werk reiner Gotik. Sie wird heute für Ausstellungen genutzt. Das Hotel de Ville als Rathaus der Stadt an der Nordseite wurde dagegen Ende des 17. Jahrhunderts im Stil des klassizistischen Barock errichtet.

Die malerische Altstadt von Arles mit ihren verwinkelten Gassen und Bauten vom Mittelalter bis zum Barock passt dagegen so gar nicht zu den sonst eher schachbrettartigen Stadtanlagen der Römerzeit. Sie ist ein Werk späterer Jahrhunderte. Der Bummel durch die Gassen mit ihren zahlreichen kleinen Geschäften, Strassencafés und Restaurants bietet eine willkommene Abwechslung zu anstrengenden Besichtigungen.

Vielleicht lässt sich bei einem Caféaufenthalt auch an einen berühmten Bewohner der Stadt erinnern, den niederländischen Maler Vincent van Gogh, der hier in den Jahren 1888 und 1889 lebte. Van Gogh war von den Lichtverhältnissen des französischen Südens fasziniert und versuchte sie in seinen Gemälden einzufangen. Die Zeit in Arles gehörte zu seinen produktivsten Phasen. „Die Brücke von Arles“ ist eines seiner bekanntesten Gemälde.


Café Van Gogh in Arles (Bild: place-to-be – shutterstock.com)

Tor zur Camargue

Arles bietet aber noch mehr als Kunst und Kultur. Das Stadtgebiet umfasst auch grosse Teile der Camargue und ist das Eingangstor zum „Regionalen Naturpark Camargue“. Dabei handelt es sich um eine eindrucksvolle flache Landschaft, bei der das Land allmählich ins Mittelmeer übergeht. Weite Feuchtgebiete mit Schilfflächen, Sümpfen und Salzwasser-Lagunen bestimmen das Bild. Es ist ein Paradies für Wasservögel. Rosa Flamingos gehören zu den charakteristischsten Vögeln. Bekannt sind auch die weissen Pferde der Camargue, die hier in wilden Herden leben. Die Wasserlandschaft im Umfeld von Arles gehört zu den vielen Facetten, die die Provence Reisenden zu bieten hat.

 

Oberstes Bild: © Reddogs – shutterstock.com

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Mehr zu Stephan Gerhard

ist seit Jahren als freier Autor und Texter tätig und beschäftigt sich bevorzugt mit Themen rund um Finanzen, Geldanlagen und Versicherungen sowie Wirtschaft. Als langjähriger Mitarbeiter bei einem Bankenverband und einem großen Logistikkonzern verfügt er über umfassende Erfahrungen in diesen Gebieten.

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