Das wildromantische Centovalli

Im Süden der Schweiz, genauer im Kanton Tessin westlich des Lago Maggiore, befindet sich mit dem Centovalli ein wildromantisches Tal. Es setzt sich jenseits der Grenze in Italien als Val Vigezzo fort. Für Naturfreunde bietet das Centovalli ein fantastisches Erlebnis, denn das grösste Pfund, mit dem dieses Tal wuchern kann, ist seine atemberaubende, unverfälschte Landschaft mitsamt wunderbarer Ruhe. Wer Action, Fun und Trubel sucht, wird im Centovalli sicher nicht fündig werden.

Geprägt wird das Centovalli („100 Täler“) durch dichte Wälder und bizarre Felsformationen. Genau genommen ist es aber nur ein Tal, vom Wildbach Melezza durchflossen. Seinen Namen hat es von den zahlreichen Seitentälern, die vom Haupttal abzweigen. 100 kommen sicher nicht zusammen, aber das ist auch nicht das Entscheidende. Der Beginn des Centovalli liegt bei der Ortschaft Intragna westlich von Locarno, von wo es sich dann nach Camedo nahe der italienischen Grenze und weiter bis nach Domodóssola zieht.

Erlebnis Centovalli-Bahn

Eine Erlebnisreise der besonderen Art ist die Fahrt mit der Centovalli-Bahn von Locarno nach Domodóssola. Sicher kann man diese Strecke auch mit dem Auto zurücklegen, auch diese Fahrt auf der kurvenreichen Strecke ist sicher sehr reizvoll. Allerdings hat der Fahrer des Fahrzeugs nicht sonderlich viel davon, denn die Streckenführung und so manche Engstelle erfordern höchste Aufmerksamkeit. Da wir bei unserem Aufenthalt diese Erfahrung gemacht haben, entschieden wir uns auch noch dafür, das spektakuläre Tal mit der Bahn zu durchqueren.


Eine Erlebnisreise der besonderen Art ist die Fahrt mit der Centovalli-Bahn von Locarno nach Domodóssola. (Bild: © Abou Shanab – shutterstock.com)

Dort ist die Streckenführung ebenso atemberaubend. Mittels Dutzender Brücken und Viadukte werden enge Schluchten und Felsspalten überquert und herrliche Kastanienwälder durchquert. Für uns war die Fahrt durch das gesamte Tal ein beeindruckendes Erlebnis, das wir nur jedem empfehlen können. Die Bahn legt übrigens an jedem Bahnhof einen Halt ein, so dass jederzeit ausgestiegen werden kann, um sich in den Ortschaften Intragna, Corcapolo, Verdasio, Palagnedra, Borgnone und Camedo umzusehen oder eine Wanderung zu beginnen. Wir selbst haben die Centovalli-Bahn mehrmals genutzt und dafür das Auto an unserem Feriendomizil stehen gelassen.


Centovallibahn – Ruinacci-Viadukt im Centovalli bei Camedo (Bild: Adrian Michael, Wikimedia, CC)

Die schmucken Dörfer des Centovalli

In den malerischen Dörfern des Centovalli leben heute noch etwa 1200 Menschen, und es werden eher weniger als mehr. Es ist eines der Täler im Tessin, die am schlimmsten von der Landflucht betroffen sind. Es leben kaum mehr junge Menschen in den Dörfern, der Anblick von Kindern ist geradezu eine Seltenheit geworden.


Wunderschönes Centovalli! (Bild: © Stefano Ember – shutterstock.com)

Im Centovalli warten viele Entdeckungen. (Bild: © Stefano Ember – shutterstock.com)

Zu Besuch in malerischen Dörfern des Centovalli (Bild: © Stefano Ember – shutterstock.com)

Auf spannenden Streifzügen im Centovalli (Bild: © Stefano Ember – shutterstock.com)

Bei einem Rundgang in den Ortschaften gibt es einiges zu entdecken. Beeindruckend ist vor allem die Kirche San Gottardo in Intragna, besitzt sie doch den höchsten Kirchturm im ganzen Tessin. Sehenswert ist auch die mittelalterliche romanische Brücke, die seit 1588 die Melezza überspannt. Nur noch wenige Einwohner hat auch Palagnedra, der historische Hauptort des Centovalli. In früheren Zeiten war er ein beliebtes Versteck von Schmugglern, aber das ist längst Vergangenheit. Nicht versäumen sollte man den Besuch der Pfarrkirche San Michele, denn der Altarraum ist sehr bemerkenswert.



Strasse oder Seilbahn, war hier die Frage

Rasa ist ein kleines Bergdorf an den Hängen des Gridone und liegt auf einer Höhe von 900 Metern hoch über dem Centovalli. Anhand der Bevölkerungsentwicklung lässt sich ersehen, wie dramatisch die Bewohnerzahl im Centovalli abgenommen hat. Haben hier oben um 1900 noch rund 300 Menschen gelebt, hat das Dorf heute gerade mal 20 Einwohner. Rasa ist autofrei und war auch noch nie mit einem Auto zu erreichen. In den 1920er-Jahren sollte es als letzter Ort des Tessin entweder durch eine Strasse oder eine Seilbahn erschlossen werden. Die Einwohner entschieden sich für Letzteres und so wurde schliesslich 1957 eine Seilbahn errichtet.

Heute ist Rasa ein beliebter Ausgangspunkt für Wanderungen. Zudem lohnt es sich, das kleine Dörfchen etwas genauer zu betrachten. Sehr schön ist die Pfarrkirche Sant´Anna, die Mitte des 18. Jahrhunderts erbaut wurde und eine wertvolle Orgel besitzt. Ebenfalls sehenswert ist das Wohnhaus Borga, das bereits im 17. Jahrhundert errichtet wurde.


Bergdorf Rasa ist ein beliebter Ausgangspunkt für Wanderungen. (Bild: Wolfgang Sauber, Wikimedia, CC)

Unendliche Wandermöglichkeiten in unberührter Natur

Für Wanderfreunde ist das Centovalli ein tolles Ziel und bietet fantastische Möglichkeiten. Da ist für jeden das Passende dabei und auch weniger Geübte kommen hier zu ihrem Recht. Problemlos sind Touren im Tal entlang der Melezza zu meistern und eine Wanderung von Borgnone bis Tegna dauert etwa fünf Stunden.

Der Weg führt in unmittelbarer Nähe am rauschenden Bach entlang, alte Kastanien spenden an warmen Tagen ausreichend Schatten. Wir selbst unternahmen diese Wanderung bereits, gingen eine Strecke zu Fuss und nahmen für den Rückweg die Bahn.


Centovalli – unendliche Wandermöglichkeiten in unberührter Natur (Bild: Ralf Schulze, Wikimedia, CC)

Willkommen im Centovalli! (Bild: © travelpeter – shutterstock.com)

Deutlich anspruchsvoller sind natürlich Wanderungen, welche in die atemberaubende Bergwelt des Centovalli führen. Eine schöne Tour führt von Verdasio über Comino bis zum Gipfel des Pizzo Ruscada, und für die Mühsal des Aufstiegs wird man mit einem Rundblick über die Bergwelt der Alpen und das südliche Alpenvorland belohnt, den man nicht so schnell vergessen wird. Eine unserer Lieblingstouren führt ins Onsernone-Tal. Es geht von Loco nach Intragna über die Via della Vose, einen historischen Pfad, zu den Bauern oben im Tal.

Wegbegleiter sind Weinbergterrassen, die von uralten Steinmauern am Abrutschen gehindert werden. Ziel sind die jahrhundertealten Weiler Niva und Voso, wo noch heute ein guter Wein angebaut und gekeltert wird, den es zu kosten lohnt.

 

Artikelbild: © Stefano Ember – shutterstock.com

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Als gelernter Kartograf galt mein Interesse schon früh den Landkarten und fernen Ländern. Daraus entwickelte sich eine grosse Leidenschaft für das Reisen, die mich schon in viele Teile unserer Erde geführt hat. Inzwischen betreibe ich ein Redaktionsbüro für die Reise- und Tourismusbranche und biete meinen Kunden einen umfangreichen Service an. Neben hochwertigen Inhalten plane ich individuelle Rundreisen und übernehme Fotoaufträge.

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