Die englische Küche ist die beste der Welt: Kulinarische Überraschungstipps für Englandreisende

Der Ruf der englischen Küche hat in den letzten Jahrzehnten sehr gelitten – nicht ganz zu Unrecht. Dabei war England einst, vor „gerade mal“ vier- bis fünfhundert Jahren, europaweit für seine inspirierende Kombinationen aus lokal angebauten und über den Channel importierten Zutaten berühmt.

Leider hat die England in ästhetischer Hinsicht insgesamt hart zusetzende industrielle Revolution dieser gastronomischen Kultur ein jähes und gründliches Ende bereitet. Lange Zeit waren Fish&Chips und das berühmte englische Frühstück die einzigen nennenswerten Delikatessen, die den meisten Menschen in Zusammenhang mit der Insel einfielen.


Englisches Frühstück (Bild: Tarquin Binary, Wikimedia, CC)


Doch seit etwa fünfzehn bis zwanzig Jahren hat sich das Blatt gewendet. Junge englische und eingewanderte Köche haben sich international einen Namen gemacht. England ist in einigen kulinarischen Bewegungen, wie etwa regional basiertem Essen, der Wiederentdeckung der Bauernmärkte oder dem Vegetarismus von Anfang an ganz vorne mit dabei gewesen. Und schliesslich hat eine ambitionierte Nachwuchs-Generation an vielen Orten die Pubs der Eltern übernommen und ist dabei, diese zu Kleinoden köstlicher Spezialitätenküche zu machen.

Dieser Post kann nur einen kleinen und komplett subjektiven Einblick in ein paar Geheimtipps und inzwischen weltbekannte gastronomische Institutionen Englands geben; es sind einfach Menschen und Orte, die mich kulinarisch beeindruckt haben und deutlich aufzeigen, dass die englische Küche auf einem guten Wege ist, wieder eine der besten der Welt zu werden – die definitiv heute schon eine ausgedehnte Reise oder einige kurze Abstecher wert ist.


Sunday roast – ein typisches Sonntagsessen (Bild: Edward, Wikimedia, CC)


Über den Borough Market schlendern (London)

Zwar ist der Borough Market kein ganz waschechter Grossmarkt mehr, sondern hat sich eher zu einem spezialisierten Verbrauchermarkt mit einem extrem weit gefächerten Angebot an „Farmers Produce“ entwickelt, wie die direkt von den Produzenten gehandelten Lebensmittel genannt werden.

Aber die 700 Jahre Geschichte dieses innerstädtischen Handelsplatzes südlich der London Bridge sind noch an allen Ecken und Enden zu spüren. Hier findet man genug handgebackenes Brot, aromatischen Käse, frischeste Früchte und Gemüse aus England und inzwischen auch der ganzen Welt, um den restlichen Tag über nur noch zu picknicken. Ich hole mir immer eine grosse Tüte voller kleiner Portionen und suche mir dann eine schöne Bank an der Themse, um sie in Ruhe zu geniessen.


Gemüsestand auf dem Borough Market (Bild: Jack Gavigan, Wikimedia, CC)


In Jamie Olivers „Fifteen“ essen gehen (London)

Klar, kennt Jamie Oliver inzwischen jeder. Er hat meiner Meinung nach in den letzten Jahren das meiste dafür getan, dass England wieder auf der kulinarischen Landkarte auch des letzten Kochbuchsammlers erschienen ist Aber was mich an ihm neben seinem No-Nonsense-Ansatz und den immer gelingenden Rezepten seiner Kochbücher am meisten beeindruckt, ist das Konzept seines Restaurants „Fifteen“… das eigentlich von Jon Rotheram geführt und beeinflusst ist. Wer in London ist und die „neue“ englische Küche kennenlernen will, ist hier richtig.

Die Zutaten sind immer extrem frisch, mit regionalem Schwerpunkt und die Preise wirklich vernünftig. Aber das beste daran ist, dass hier nur arbeitslose Jugendliche, die auf dem freien Jobmarkt keine Chance mehr gehabt hätten, eine erstklassige gastronomische Ausbildung geniessen – und, wie in jedem guten sozialen Unternehmen alle Gewinne in eben diesen Zweck reinvestiert werden. Einziges Manko: Es gibt nicht gerade eine sensationelle vegetarische Auswahl, aber alle Gerichte werden auf Wunsch fleischlos angepasst. Achtung: Vor allem abends reservieren!


Jamie Olivers Restaurant „Fifteen“ in London (Bild: The Hammer, Wikimedia, CC)


Den „Veg Cookery“ – Kochkurs im River Cottage besuchen (Axminster)

Das River Cottage HQ begann als Selbstversorgungsexperiment von Hugh Fearnley-Whittingstall, der beweisen wollte, dass man in England nachhaltig und mit selbsterwirtschafteten landwirtschaftlichen Produkten gesund und gut leben konnte.

Inzwischen ist aus dem Experiment ein kleines Imperium gewachsen – aber den ursprünglichen Geist der Idee kann man immer noch in den Kochkursen nachspüren, die einen Tag lang dauern und sich immer um regionale Produkte drehen. Ich empfehle natürlich die vegetarischen … aber es gibt sie zu allen möglichen Themen, von Brot backen über den richtigem Umgang mit Wild.



Englischen Wein probieren … und durch den Weinberg schlendern (South Devon)

Unbedingt zwei Tage wert: Ein Besuch bei den ausgezeichneten Wein- und Käseproduzenten des Sharpham Trust im idyllischen Devon, oberhalb des Flusses Dart. Rollende Hügel und dazwischen ein Wein, der sich hinter den besten der Welt nicht verstecken muss, sowie unvorstellbar cremiger, unpasteurisierter Käse. Ganz in der Nähe liegt die ehrwürdige Marktstadt Totnes, die ebenfalls eine kleine Sehenswürdigkeit ist. Weinanbau und Käserei werden auf dieser über eintausend Jahre alten Farm ökologisch nachhaltig und im Einklang mit der umgebenden Natur geführt – das merkt man.

Auf keinen Fall sollten Sie sich die „Sharpham Experience“ entgehen lassen, die neben einer gemütlichen Führung einen exzellenten Lunch beinhaltet.


Führung durch die Weinberge von Sharpham Trust (Bild: Kate Jewell, WIkimedia, CC)


Raymond Blanc’s „Le Manoir aux quat‘ saison“ umschleichen (Oxfordshire)

Raymond Blanc führt das meines Erachtens wunderschönste Restaurant der Welt. Ganz im Ernst. Es heisst „Le Manoir aux quat‘ saison“ und bietet – nomen est omen – exzellente französische Küche mit zwei Michelin Sternen, die allerdings im Lunchangebot bezahlbar ist. Warum dieser Tipp hier auftaucht? Weil das Manoir mitten in Oxfordshire in einem grandiosen alten Landhaus untergebracht ist, dessen Gärten und Umgebung alleine einen Tagesausflug wert sind – wer die Webseite des Restaurants besucht, wird wissen, was ich meine.

 

Oberstes Bild: Raymond Blanc cooking school, Oxford (Bild: Jorge Royan, Wikimedia, CC)

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