Haunted Cornwall: Auf den Spuren von Daphne Du Maurier

Cornwall und Daphne Du Maurier – eine magische Verbindung. Denn Assoziationen dieser Grande Dame der britischen Literatur mit Cornwall haben nichts an Reiz verloren.

Cornwall mit den Augen Daphne Du Mauriers zu entdecken ist, als würde man einen Roman betreten: Eine Reise vom malerischen Fowey über Rebeccas verwunschenes Manderley bis zum einsamen Jamaica Inn im Bodmin Moor.

Jamaica Inn: Gänsehaut im Bodmin Moor

Wir schreiben das Jahr 1930. Eine kalte Novembernacht im Bodmin Moor, die Daphne Du Maurier im Jamaica Inn verbringt. Einsam und hoch in Cornwalls wildem, zerklüftetem Bodmin Moor gelegen, diente das frühere Bolventor Gasthaus als sicherer Hafen für Schmuggler. Fasziniert von seiner Geschichte, schrieb Du Maurier Jamaica Inn, einen der bekanntesten ihrer 17 Romane.


Schild vom Jamaica Inn Pub (Bild: Milborne One, Wikimedia, CC)

Der Wind heult. Ich stehe vor dem Jamaica Inn hoch über der A30. Rechts erhebt sich das Bodmin Moor, um sich hinter mir in der Ferne zu verlieren. Seine eigenartige Faszination macht es leicht, sich vorzustellen, wie das unheimliche Gebäude die Phantasie der Schriftstellerin anregte – Bodmin Moor, die ideale Landschaft für ein Schmugglerabenteuer voller Seemannsgarn und Gänsehautflair. Auch heute ist das Jamaica Inn Gasthof und Pub. Sein Daphne du Maurier Memorial Room zeigt Originalmobiliar aus dem Haus der Schriftstellerin, einschliesslich des grössten Souvenirshops, der je einem Pub angeschlossen war.

Muss man hineingehen und die Magie zerstören? Geschmackssache. Ich entscheide mich, das Moor zu geniessen. Bodmin Moor ist faszinierend in seiner einsamen Wildheit, dessen Farbnuancen sich ständig verändern – von Braun nach Schwarz bis zu Tönen von Purpur, Grün und Gelb unter einem riesigen Himmel.

Zu jeder Seite der Strasse scheint sich die Landschaft unendlich ins Weite zu dehnen: Kein Baum, keine Ansammlungen von Cottages, nur Meile um Meile karge, unbetretene Moorlandschaft. Wer will, kann über hunderte Meilen auf Trampelpfaden wandern, zum Beispiel rauf nach Kilmar Tor, Geburtsort von Joss Merlyn, einem der unheimlichen Protagonisten des Romans.


Bodmin Moor Cornwall ( Bild: JimChampion, Wikimedia, CC)

Bodmin Moor wird von den Städten Launceston, Liskeard, Camelford und Bodmin eingerahmt, aber es sind die winzigen Dörfer dazwischen, die es interessant machen. Wie Altarnun, das Du Mauriers Vikar beherbergt – ein winziges Dorf, das sich am River Inny duckt. Sein Dorfplatz ziert ein Gotteshaus aus dem 15. Jahrhundert. Eine ganze Generation dauerte der Bau dieser Cathedral on the Moors, die mit einem 33 Meter hohen Glockenturm überrascht.

Aber folgen Sie der Strasse – dort steht die Old Rectory, die Du Maurier besuchte, bevor sie diese in Jamaica Inn als Haus des Vikars zu ganz neuem Leben erweckte.



Verliebt in Fowey: The Loving Spirit

Gute dreissig Kilometer südlich von Bolventor liegt die Mündung des Fowey an Cornwalls Südküste und damit die Wurzeln von Daphne Du Mauriers Cornwall-Begeisterung. Ihre Eltern besassen Ferryside, ein Ferienhaus in Bodinnick, einem winzigen Dorf über der Fowey-Mündung.

In diesem ehemaligen Bootshaus direkt an der Bootshelling schrieb Du Maurier ihren ersten Roman The Loving Spirit, eine Bootsbauer-Familiensaga. Durch die Lichter von Polruan und Fowey in den Bann gezogen, schienen die Schiffe vor Anker in der Dunkelheit zu ihr hinaufzublicken. Dazu geheimnisvoll nebelverhangene Bäume, Eulenrufe und das dumpfe Auftreffen von Rudern auf zähflüssigem Wasser – mehr als genug Inspiration für The Loving Spirit. Und wie gemacht, um Verehrer anzulocken: Ihr Fan und späterer Ehemann Major Tommy Browning segelte eigens nach Fowey, um die Autorin des Romans persönlich zu treffen.


Panorama von Fowey (Bild: Martin Bodman, Wikimedia, CC)

Heute lebt Daphne Du Mauriers Sohn Kit in Ferryside. Führungen sind nicht möglich, aber Neugierige können das verwaschen weisse Haus mit den leuchtend blauen Fensterläden von der Fähre sehen, bevor sie zum beliebten, knapp zehn Kilometer langen Hall Walk aufbrechen.

Der Hall Walk führt entlang der Unterläufe des Fowey und eröffnet Blicke auf wilde Strömung und Flussmündung. Über die bewaldete Bucht von Pont Pil erreicht man Lanteglos-by-Fowey: Dort heirateten Daphne und Tommy „Boy“ Browning 1932 in einer Kirche aus dem 14. Jahrhundert – die Lanoc Church im Loving Spirit.

Im Inneren findet sich eine königliche Gedenktafel, mit der Charles der Zweite die Gemeinde 1668 als Dank für ihre Loyalität im Bürgerkrieg auszeichnete. Dann folgen Sie dem South West Coast Path nach Polruan, der Werft von Plyn im Loving Spirit – er bringt Sie zurück nach Bodinnick.


Originalaufnahme: Daphne Du Maurier neben ihrem Haus in Ferryside, 1931 (Bild: Wikimedia)

Fowey selbst ist eine ebenso malerische wie quirlige kleine Stadt, deren enge, gewundene Strassen wirken, als wollten sie vom Hügel ins Wasser hinabgleiten. Lauernde Piraten und Schmuggler sucht man in seinem alten Hafen vergebens, schmeckt aber geradezu die Geschichte auf einer der geführten Touren. Gewusst? Auch Kenneth Grahame (Wind in den Weiden) war Fowey-infiziert. In Foweys ältestem Gebäude, dem 1430 erbauten Well House, geniessen Gäste heute Bed & Breakfast in vier Wänden, die sich etwas auf zahlreiche Original-Mauersteine zugutehalten.

Besonders im August zur Fowey Royal Regatta ist Fowey ein Touristenmagnet, der Menschen aus Pubs, Restaurants, winzigen Läden und Galerien ans Wasser strömen lässt. Der Besuch des Du Maurier Literary Centre, das über Leben und Werk der Autorin informiert, ist ein Muss, genauso wie das einwöchige Fowey Festival of Words and Music im Mai.

Zuviel Trubel? Verlassen Sie das Zentrum entlang der Tower Park Esplanade, um an den Quiet Gardens vorbei mit Blick über die Mündung bis Readymoney Cove zu wandern – einer geschützten, sandigen Bucht, die Ihnen das Gefühl gibt, ganz für sich zu sein.


Fowey – eine malerische und quirlige kleine Stadt (Bild: Ian Cunliffe, Wikimedia, CC)

Persönliches Dornröschenschloss: Rebeccas Manderley

Direkt vor der Stadt liegt Manderley – sorry, Menabilly – ein Anwesen aus dem 17. Jahrhundert, in dem Daphne Du Maurier 24 Jahre lebte. Nach ihrem Umzug nach Cornwall 1943 steckte die Autorin ihre Einnahmen aus Romanen, Erzählungen und Filmen in die Erhaltung des Gregorianischen Herrenhauses.

Aus grauem, efeubedecktem Stein und nach Art einer schlafenden Schönheit hinter Brombeerhecken versteckt, schien Menabilly mit fest geschlossenen Fenstern darauf zu warten, als Manderley zum Romanschauplatz zu werden. Warum war dieses Haus verlassen? Diese Frage beschäftigte die junge Autorin. Menabilly gehörte einem Dr. Rashleigh, der gelegentlich dort logierte. Du Maurier träumte davon, Herrin auf Menabilly zu sein – und so entstand Rebecca lange, bevor sich ihr Traum erfüllte.

Als Besucherin lässt man mich nah heran, aber ärgerlich: „Strictly Private“ steht auf dem Schild, dichtes Gehölz und eine mit störrischem Rhododendron und Dornengestrüpp bewachsene Mauer schützen das Grundstück.

Ähnlich muss es der neugierigen Autorin gegangen sein, als sie Menabilly zum ersten Mal erlebte: Daphne Du Maurier kam über den Küstenpfad und war vom Strand heraufgeklettert. Umgestürzte Bäume, hängendes Efeu, verknäultes Unterholz – ein Fest für ihre Inspiration, die sich in Rebecca wiederfindet: „Die Bäume streckten niedrige Zweige aus, die den Schritt hemmten; ihre knotigen Wurzeln ragten wie Totenkrallen hervor.“

Geht man über die Strasse, erreicht man Menabilly Barton Farm, Schauplatz für den Roman My Cousin Rachel und die Kurzgeschichte Die Vögel, die Alfred Hitchcock zum gleichnamigen Horrorfilm anregte. Ein Schwarm Möwen, die wieder und wieder auf einen pflügenden Farmer herabstiessen, lieferten Du Maurier die Idee.


Manderley Castle (Bild: Brian Honne, Wikimedia, CC)

Menschen hinterlassen ihr Echo in den Mauern, soll Daphne Du Maurier einmal gesagt haben. Die Atmosphäre ihrer Fiktion ist überall spürbar, vom wildromantischen Bodmin Moor über das geschichtsträchtig-malerische Fowey bis zum verwunschenen Menabilly.

Daphne Du Mauriers Cornwall gibt es noch immer: Vergessen Sie nicht, sich einen ihrer Romane unter den Arm zu klemmen, wenn Sie Du Maurier Country besuchen und nach der Inschrift mit dem berühmten ersten Satz aus Rebecca suchen: „Last night I dreamt I went to Manderley again …“

 

Artikelbild: Lanhydrock House © Jamie-Williams – shutterstock.com


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