Olinda – Portugiesische Erinnerungen in Brasilien

Aussicht auf Olinda.

An vielen Orten Brasiliens ist die portugiesische Geschichte des Landes immer noch sichtbar und gegenwärtig. Für kaum eine Stadt gilt dies so sehr, wie für Olinda. Hier hat sich trotz vieler moderner Bauten das alte, geradezu europäisch anmutende Stadtantlitz noch fast vollständig erhalten.

Das historische Zentrum des einstigen Verwaltungssitzes erscheint in typisch portugiesischer Kolonialarchitektur, die durch die barocke Bauweise des 17. und 18. Jahrhunderts bestimmt wird. Ein Besuch in der Altstadt ist wie eine Zeitreise in die Vergangenheit.

Eine der ältesten Städte Brasiliens


Auch auf den Strassen Refices lässt sich Geschichte entdecken..
Auch auf den Strassen Refices lässt sich Geschichte entdecken. (Bild: © Marcio Jose Bastos Silva – Shutterstock)

Olinda ist heute eine eher beschauliche Grossstadt an der Atlantikküste des brasilianischen Bundesstaates Pernambuco. Sie stellt de facto die nördliche Fortsetzung der Millionenmetropole Recife dar. Beide Städte gehen dank ihres Wachstums inzwischen nahtlos ineinander über. Dabei war Olinda einst der bedeutendere Ort, verlor seinen Rang aber im Lauf der Zeit an das nahe Recife. Die Gründung der Stadt erfolgte bereits im Jahre 1537, was Olinda zu einer der ältesten Siedlungen in Brasilien überhaupt macht. Die Portugiesen erkoren den Ort als Verwaltungssitz ihrer Zuckerrohr-Provinz Pernambuco. Im 17. Jahrhundert erlangten kurzzeitig die Holländer die Kontrolle über die Stadt und das Gebiet. Doch die Portugiesen kehrten bald siegreich zurück.


Olinda ist heute eine eher beschauliche Grossstadt an der Atlantikküste des brasilianischen Bundesstaates Pernambuco. (Bild: © Marcio Jose Bastos Silva – shutterstock.com)

1631 wurde die ursprüngliche Stadtanlage zu grossen Teilen durch ein Feuer vernichtet. Der Wiederaufbau erfolgte im Stil der Zeit, was wesentlich zu dem heute einheitlichen Erscheinungsbild der Altstadt beigetragen hat. Das Zuckerrohr liess Olinda wohlhabend werden. Über den Hafen der Stadt wurde der Zucker gewinnbringend nach Übersee exportiert, gleichzeitig importierte man afrikanische Sklaven als billige Arbeitskräfte für die Plantagen – ein einträgliches Geschäft, wenn auch aus heutiger Sicht ethisch mehr als fragwürdig. Als Bischofssitz besitzt die Stadt seit jeher auch eine Bedeutung als geistliches Zentrum. Dies findet seinen Ausdruck in den zahlreichen Kirchen- und Klosterbauten, die ebenfalls auf die portugiesische Ära zurückgehen.

Moderne Skyline und historische Kirchtürme


Skyline von Recife.
Skyline von Recife. (Bild: © Marcio Jose Bastos Silva – Shutterstock)

Die Bilder könnten kaum gegensätzlicher sein – Olindas moderne Skyline wird wie bei vielen brasilianischen Metropolen unserer Zeit durch schlanke Hochhausbauten geprägt, die sich vor allem entlang der Atlantikseite der Stadt aufreihen. Dagegen wirken die geduckten Türme der alten Klöster und Kirchen geradezu bescheiden. Die Häuser der Altstadt mit ihren roten Dächern, die selten mehr als zwei Geschosse umfassen, sind fast schon zwergenhaft. Früher wollte man nicht so hoch hinaus, dafür legte man mehr Wert auf Ästhetik. Die Wahl, welche Ansicht ansprechender ist, fällt nicht schwer. Das historische Ensemble hat der Stadt 1982 die Ernennung zum UNESCO-Wertkulturerbe eingetragen. 2006 war Olinda gleichzeitig auch brasilianische Kulturhauptstadt.


Die Häuser der Altstadt mit ihren roten Dächern, die selten mehr als zwei Geschosse umfassen, sind fast schon zwergenhaft. (Bild: © Thoom – shutterstock.com)

Die Gründung der Stadt erfolgte bereits im Jahre 1537, was Olinda zu einer der ältesten Siedlungen in Brasilien überhaupt macht. (Bild: © Gustavo Frazao – shutterstock.com)

Olindas historische Mitte ist üppig grün. Die meisten Sehenswürdigkeiten der Altstadt sind reichlich von Palmen und anderen Bäumen umgeben. Bei der Errichtung der Siedlung auf acht sanften Hügeln, die fast nahtlos ineinander übergehen, wurde der Natur viel Raum gelassen. Dadurch wirkt die Architektur recht aufgelockert, fast hat man den Eindruck einer Gartenstadt. Die weissen oder farbig gemusterten Fassaden, die roten Dachziegel und die grünen Baumkronen ergeben zusammen ein äusserst harmonisches Bild. Der Baustil ist unverkennbar durch das frühere Mutterland geprägt. Wer historische Zentren portugiesischer Städte kennt, findet in Olinda eine getreue Kopie. Wüsste man nicht, dass man sich in Brasilien befindet, man wähnte sich irgendwo in Portugal.

Barocke Pracht hinter Klostermauern


Olinda hat einige alte Gebäude aus der Kolonialzeit.
Olinda hat einige alte Gebäude aus der Kolonialzeit. (Bild: © Marcio Jose Bastos Silva – Shutterstock)

Die schönsten Baudenkmäler Olindas haben allesamt sakralen Charakter. Zur Kolonialisierung Brasiliens durch die Portugiesen gehörte auch die Einführung des Christentums in seiner katholischen Version. Dazu holten die Kolonialherren Orden nach Pernambuco – Jesuiten, Franziskaner, Benediktiner und andere. Jede Ordensgemeinschaft errichtete dabei ihre eigene Niederlassung, eine Kirche gehörte selbstverständlich immer dazu. Dabei standen die Orden durchaus in Konkurrenz zueinander und man versuchte, sich auch baulich zu übertrumpfen. Der heutige Reisende weiss dies zu schätzen.


Die schönsten Baudenkmäler Olindas haben allesamt sakralen Charakter. (Bild: © Gustavo Frazao – shutterstock.com)

Zu den Glanzstücken der sakralen Architektur Olindas gehört zweifelsohne der Convento de São Francisco, ein beeindruckender Gebäudekomplex der Franziskaner. Das Kloster ist unter anderem wegen seiner kunstvollen Kachel-Dekorationen bekannt. Auch dies ist original portugiesisch, die Azulejos sind für repräsentatives Bauen in Portugal typisch. Die Sakristei der Kloster-Kirche Nossa Senhora das Neves zeigt noch ihre ursprüngliches Holzmobiliar. Die Kirche selbst ist im Inneren ganz barock mit einer schönen Holzdecke ausgestaltet. Ein barockes Schmuckstück stellt auch die Kloster-Kirche des Benediktiner-Konvents dar. Der Hochaltar der Kirche São Bento prunkt in reichem Gold, hier bietet die Sakristei ebenfalls noch die originale Ausstattung. Dagegen wirkt die Kathedrale der Stadt eher bescheiden. Sie kann immerhin für sich in Anspruch nehmen, die älteste Kirche Brasiliens zu sein. Während der vorübergehenden holländischen Herrschaft war sie sogar kurze Zeit protestantisch.

Ein buntes Spektakel – der Karneval


Der Karneval in Olinda zieht regelmässig feierwütige Massen an.
Der Karneval in Olinda zieht regelmässig feierwütige Massen an. (Bild: © Adam Gregor – Shutterstock)

Sehenswerte Sakralbauten hat Olinda noch viele zu bieten. Sie sind mehr als reine Baudenkmäler, sondern auch heute noch Orte praktizierten Glaubens. Die katholische Kirche spielt nach wie vor im Leben der Stadtbewohner eine wichtige Rolle – wie vielerorts in Brasilien gepaart mit einer gehörigen Portion Lebensfreude und einigen Einflüssen aus anderen Kulturen, die ganz und gar nicht katholisch sind. Dies findet zum Beispiel seinen Ausdruck im Karneval. Mag bei uns der Karneval von Rio de Janeiro das bekannteste brasilianische Ereignis sein, in Brasilien selbst hat Olinda einen fast ebenso legendären Ruf als Karnevals-Hochburg.


Samba in Rio de Janeiro (Bild: © Damian Palus – shutterstock.com)

Karneval von Rio de Janeiro (Bild: © Damian Palus – shutterstock.com)

Rio de Janeiro (Bild: © wideweb – shutterstock.com)

Bei den bunten Umzügen vor Beginn der Fastenzeit kommt in Olinda der Maracatu, ein besonderer, in Pernambuco entstandener Musikstil zur Geltung. Er ist afrikanisch inspiriert und mit dem Samba verwandt. Seine Existenz verdankt der Maracatu den importierten Sklaven, die hier fernab der Heimat ihre Religion und Bräuche in abgewandelter Form weiter pflegten. Ein spezifisches Merkmal der Umzüge sind die Bonecos de Olinda. Das sind bis zu zwei Meter hohe Pappfiguren, die den Karnevalszug ankündigen und begleiten. Der Karneval von Olinda zieht jedes Jahr rund eine Million Besucher an und ist ein farbenprächtiges Spektakel. Danach fällt die Stadt in ihre Beschaulichkeit zurück und im Schatten der Kirchtürme und Bäume lässt sich wieder der portugiesischen Vergangenheit nachträumen.



 

Artikelbild: © Marcio Jose Bastos Silva – Shutterstock

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Mehr zu Stephan Gerhard

ist seit Jahren als freier Autor und Texter tätig und beschäftigt sich bevorzugt mit Themen rund um Finanzen, Geldanlagen und Versicherungen sowie Wirtschaft. Als langjähriger Mitarbeiter bei einem Bankenverband und einem großen Logistikkonzern verfügt er über umfassende Erfahrungen in diesen Gebieten.

Darüber hinaus deckt er eine Vielzahl an Themen im Bereich Reisen, Tourismus und Freizeitgestaltung ab. Er bietet seinen Kunden kompetente und schnelle Unterstützung bei der Erstellung von Texten und Präsentationen.

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