Schiras und die Ruinen von Persepolis

Die Umgebung von Schiras im Süden des Iran gilt als Kernland des alten Persien.

Heute ist die Millionenmetropole eines der meistbesuchten Städteziele des Landes und wird gerne als Ausgangspunkt für Ausflüge nach Persepolis, in die antike Hauptstadt Persiens genutzt.

Mit 1,5 Millionen Einwohnern gehört Schiras zu den grössten Städten des Iran und ist etwa so bevölkerungsreich wie Isfahan. In der Skyline der schnell gewachsenen Metropole dominieren moderne Hochhausbauten. Dennoch kann die Stadt auf eine jahrtausendealte Geschichte zurückblicken. Und zwischen viel neuer Architektur, die sich eher selten einfallsreich zeigt, gibt es immer wieder eindrucksvolle Zeugnisse der langen Vergangenheit. 

Ein Zentrum der Dichtung und Kultur

Im Iran hat Schiras den Ruf einer besonders weltoffenen Stadt. Der orthodoxe Islam, der sonst das Bild des Landes prägt, tritt weniger in Erscheinung als anderswo. Dies mag daran liegen, dass hier besonders viele Hochschulen und Forschungseinrichtungen ansässig sind. Dort wo Studenten zahlreich sind, ist das Klima meistens aufgeschlossener. Vielleicht hat es aber auch damit zu tun, das Schiras einen langen Ruf als Zentrum von Dichtkunst und Kultur mit humanistischer Ausrichtung besitzt. Auch die 700 Kilometer Entfernung zum politischen, wirtschaftlichen und religiösen Mittelpunkt Teheran mag eine Rolle spielen.


Die Universität Schiras (Bild: © Zereshk – CC BY-SA 3.0)

Die ältesten schriftlichen Zeugnisse von Schiras stammen aus der Zeit um 2000 vor Christus. Auf elamitischen Tontäfelchen wurde die Stadt Tiraziš erwähnt, woraus sich in persischer Zeit Schiras entwickelte. Die zwei wichtigsten Herrscher-Dynastien des alten Persien, die Achämeniden und die Sassaniden stammen aus der Stadt. Und unter den persischen Grosskönigen soll hier das Schatzhaus des Reiches gestanden haben. Nach dem Untergang des Perserreiches bewahrte Schiras dessen kulturelle Tradition. Obwohl die Stadt selbst nie eine über die Region hinaus reichende zentrale politische Bedeutung erlangte, war und ist sie so etwas wie die Kulturhauptstadt des Iran.  

Der Garten des Iran

Im Land wird Schiras wegen seines bedeutenden Gartenanlagen, des Blumenreichtums und seiner Rosenzüchtungen auch der „Garten des Iran“ genannt. Der berühmte persische Dichter und Sohn der Stadt Hafis setzte den Rosen aus Schiras sogar ein literarisches Denkmal. Die Metropole präsentiert sich dem Besucher daher auch grüner als andere urbane Zentren des Landes. Das ist insofern keine Selbstverständlichkeit, als das Klima der Stadt am Rande des Zagros-Gebirges fast wüstenhaft trocken ist. Nur in wenigen Monaten des Jahres fällt hier überhaupt Niederschlag.


Der Persische Garten ist ein wichtiges Element der Kultur des Landes. (Bild: © suronin – shutterstock.com)

Gärten gehören zu den schönsten Sehenswürdigkeiten der Stadt. Der Persische Garten ist ein wichtiges Element der Kultur des Landes. Das Altpersische Wort für Garten „Paradaidha“ wurde in unserer Sprache zu „Paradies“ – eine vielsagende Bedeutungswandlung. Der Persische Garten ist mehr als die Anpflanzung von Bäumen und Blumen, er stellt eine Komposition aus Licht und Schatten, Wasser und Bauwerken dar. Das wichtigste Beispiel dafür in Schiras ist der Eram-Garten, der auf eine fast tausendjährige Geschichte zurückblicken kann. Heute bildet er den botanischen Garten der Universität. Weitere sehenswerte Anlagen sind der Afif-Abad-Garten und der idyllische Orangengarten.

Basar-Atmosphäre, Moscheen und Grabmäler

Dem historischen Zentrum der Stadt nähert man sich am besten vom Vakil-Basar aus. Der Bau mit seinen alten Karawansereien, Badehäusern und Innenhöfen gilt als ein Meisterwerk persischer Architektur. Er soll bereits im 10. Jahrhundert begonnen worden sein, wurde aber immer wieder umgebaut und erneuert. In den Hallen des Basars ist noch echte orientalische Handels-Atmosphäre zu erleben. Die Vakil-Moschee unmittelbar daneben ist ein eindrucksvolles Zeugnis der Baukunst des 18. Jahrhunderts. Als ältester Moschee-Bau der Stadt gilt die Atigh Jame-Moschee, die bereits im 9. Jahrhundert errichtet wurde.


Dem historischen Zentrum der Stadt nähert man sich am besten vom Vakil-Basar aus. (Bild: © Matyas Rehak – shutterstock.com)

Zu den Wahrzeichen von Schiras gehört auch die Zitadelle des Karim Khan. Der Bau mit seinen charakteristischen Rundtürmen an den vier Ecken ist ein weiteres Werk des 18. Jahrhunderts und diente als Festung, Residenz und Mausoleum gleichermassen. Heute ist hier ein Museum untergebracht. In der Stadt gibt es eine Reihe weiterer bedeutender Schreine, Grabmäler und Mausoleen. Eines der bekanntesten ist das Schāh Tscherāgh, eine wichtige schiitische Pilgerstätte und zugleich ein sehr anmutiger Bau. Die Grabmäler der Dichter Hafis und Saadi werden ebenfalls häufig besucht.

Mittelalterliche Erkenntnis von aktuellem Wert

Saadi stammt wie sein Dichter-Kollege Hafis auch aus Schiras. Seine Werke „Der Rosengarten“ und „Der Obstgarten“ sind Glanzstücke persischer Literatur. Einer seiner Sprüche aus dem Rosengarten ziert sogar die Eingangshalle des UNO-Gebäudes in New York:

„Die Menschenkinder sind ja alle Brüder, aus einem Stoff wie eines Leibes Glieder, hat Krankheit nur ein einzig Glied erfasst, so bleibt anderen weder Ruh noch Rast.“

Es erscheint notwendig, diese in Schiras im Jahre 1259 gewonnene Erkenntnis in heutiger Zeit wieder in Erinnerung zu rufen.


Der altpersischen Geschichte der Stadt lässt sich im Pars-Museum nachspüren. (Bild: © Aleksandar Todorovic – fotolia.com)

Der altpersischen Geschichte der Stadt lässt sich im Pars-Museum nachspüren. Der Besuch des Museums ist auch eine gute Vorbereitung für eine Tour nach Persepolis, in die alte Hauptstadt des persischen Grossreichs. Das Ruinenfeld von Persepolis befindet sich etwa siebzig Kilometer nordöstlich von Schiras. Genau genommen handelt es sich nicht um eine Stadt, sondern einen Komplex von mehreren Palästen, Hallen, Wohnquartieren und anderen Bauten. Persepolis war auch nicht der einzige Herrschersitz in Persien, sondern eine von mehreren Residenzen – aber vielleicht die wichtigste.

Persepolis – zerstörte Pracht einer Palaststadt

Der Name Persepolis ist griechisch, im Altpersischen wurde die Palaststadt nach einem König der Frühzeit „Acht-e Dschamschid“ – Thron des Dschamschid – genannt. Entstanden ist Persepolis unter den aus der Schiras-Region stammenden Achämeniden-Herrschern. Unter Dareios I. wurde um 520 vor Christus der Grundstein der Palaststadt gelegt. Seine Nachfolger betrieben den weiteren Auf- und Ausbau. Die ganze Anlage wurde dabei auf einer künstlichen, von einer Befestigungsmauer umrahmten Terrasse mit einer Grundfläche von 150’000 Quadratmetern errichtet. Sie ist noch gut zu erkennen. Im Umfeld von Persepolis befinden sich ausserdem mehrere Königsgräber.


Die Grabstätte Kyros‘ II. des Großen in Pasargadae. (Bild: © mathess – fotolia.com)

Wer heute das Gelände betritt, sieht im Wesentlichen nur noch Grundmauern, Stützsäulen, Fenster- und Torrahmen und diverse Mauerreste der einzelnen Paläste. Die Dachkonstruktionen bestanden ebenso wie viele Palastteile einst aus Holz. Als Persepolis im Jahre 330 vor Christus von Alexander dem Grossen erobert wurde, nutzte seine Armee die Gelegenheit zur Brandschatzung – ob auf Befehl des Makedonen-Herrschers oder von ihm geduldet, ist bis heute nicht geklärt. Auf jeden Fall sank damit die Pracht der Palaststadt in Schutt und Asche. Die Reste wurden teilweise als Steinbruch genutzt, Persepolis geriet danach für lange Zeit in Vergessenheit. Erst in den 1930er Jahren begann die archäologische Wiederentdeckung. Dem heutigen Besucher vermitteln vor allem viele noch gut erhaltene Reliefs, kunstvolle Skulpturen und Säulendekors eine ungefähre Vorstellung von der einstigen Pracht.

Die Vergänglichkeit der Macht

Unter dem Schah erfolgte sogar eine teilweise Rekonstruktion der Anlage. 1971 dienten die Ruinen als Kulisse für eine pompöse 2500 Jahr-Feier der iranischen Monarchie mit Staatsgästen aus aller Welt. Der Schah sah sich damals als Nachfolger der antiken Achämeniden-Könige. Nur wenige Jahre später sollte seine Herrschaft durch die islamische Revolution gestürzt werden.



Persepolis wurde damit quasi erneut zu einem Symbol für die Vergänglichkeit von Grösse und Macht.

 

Oberstes Bild: © Aleksandar Todorovic – shutterstock.com

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Mehr zu Stephan Gerhard

ist seit Jahren als freier Autor und Texter tätig und beschäftigt sich bevorzugt mit Themen rund um Finanzen, Geldanlagen und Versicherungen sowie Wirtschaft. Als langjähriger Mitarbeiter bei einem Bankenverband und einem grossen Logistikkonzern verfügt er über umfassende Erfahrungen in diesen Gebieten.

Darüber hinaus deckt er eine Vielzahl an Themen im Bereich Reisen, Tourismus und Freizeitgestaltung ab. Er bietet seinen Kunden kompetente und schnelle Unterstützung bei der Erstellung von Texten und Präsentationen.

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