Winter 2017/18: Investitionen in den Lawinenschutz zahlen sich aus

Die Massnahmen, welche die öffentliche Hand nach dem extremen Lawinenwinter 1999 ergriffen hat, haben sich bewährt. Sie mindern Opfer und Schäden, wie die Analyse der Lawinenereignisse vom Januar 2018 zeigt.

Damals herrschte erstmals nach 20 Jahren wieder die höchste Gefahrenstufe. Trotz 150 Lawinen gab es in Siedlungen und gesicherten Gebieten im Gegensatz zu 1999 keine Todesopfer. Dies geht aus dem Bericht „Ereignisanalyse Lawinensituation im Januar 2018“ hervor, den das WSL-Institut für Schnee- und Lawinenforschung SLF und das Bundesamt für Umwelt BAFU erarbeitet haben.

Die Schweiz hat immer wieder extreme Lawinenwinter erlebt, die Opfer forderten und Schäden verursachten, etwa 1951, 1968 und 1999. Die Erkenntnisse aus diesen Lawinenereignissen bringen auch Fortschritt im Schutz vor dieser Naturgefahr. So standen nach dem Lawinenwinter 1951 Verbauungen im Fokus, nach 1968 die Erarbeitung von Gefahrenkarten. Nach der Analyse des Lawinenwinters 1999 durch das SLF lag der Schwerpunkt auf der Verbesserung der organisatorischen Massnahmen und der Ausbildung der Lawinendienste.

Diese neuen Massnahmen hatten im Januar 2018 erstmals seit dem Lawinenwinter 1999 ihre Bewährungsprobe: Während gut zwei Tagen herrschte im Januar aufgrund der starken Schneefälle (lokal bis über 3 Meter) wieder die höchste Lawinengefahrenstufe 5 („sehr gross“). Auch diese Ereignisse analysierten SLF und das BAFU detailliert (siehe Kasten).

Erfolgreiche Umsetzung der Schutzmassnahmen

Die nun vorliegende Ereignisanalyse zeigt, dass zwischen dem 3. und 23. Januar 2018 150 Lawinen Schäden an Gebäuden, Verkehrswegen, Fahrzeugen, Stromleitungen, Transportanlagen sowie Wald oder Flur verursachten. Bei 53 Lawinen kam es zu einer Räum- oder Suchaktion. Todesfälle in Siedlungen und in gesicherten Gebieten gab es im Gegensatz zum Lawinenwinter 1999 (17 Todesopfer) keine. Es lösten sich aber vereinzelt Lawinen in Gebieten mit Lawinenverbauungen. Das zeigt, dass es keinen absoluten Schutz vor dieser Naturgefahr gibt.

Aus der Analyse geht hervor, dass der integrale Lawinenschutz (siehe Kasten) in der Schweiz auf hohem Niveau funktioniert. Die seit dem Lawinenwinter 1999 zusätzlich ergriffenen Massnahmen wirken. Namentlich sind dies:

  • Stärkung der nationalen und regionalen Lawinenwarnung: Publikation eines Lawinenbulletins zweimal täglich in vier Sprachen
  • Ausbildung der Sicherheitsverantwortlichen: Kurse in zwei Stufen und drei Sprachen
  • Ausbau der Messnetze: Anzahl der automatischen Messstationen auf gut 170 nahezu verdoppelt. Mehr Daten erlauben präzisere Prognosen.

Künftige Herausforderungen

Um auch künftige ausserordentliche Lawinensituationen meistern zu können, muss der hohe Standard im Lawinenschutz der Schweiz von allen Beteiligten – Bund, Kantone, Gemeinden und lokale Lawinendienste – gehalten werden. Die nach dem Lawinenwinter 1999 ergriffenen Massnahmen sind daher gemäss BAFU, SLF und Kantonen weiterzuführen, samt Finanzierung. Auch ständiger Unterhalt der Lawinenverbauungen und systematische Pflege des Schutzwaldes sind unabdingbar. Die gestiegenen Anforderungen an die Sicherheit (gewünschte höhere Verfügbarkeit von Verbindungen auf Strasse und Schiene, von Skigebieten; geringere Akzeptanz von Sperrungen und Evakuationen) erfordern insgesamt eine weitere Professionalisierung der lokalen Lawinendienste.

Der Umgang mit Gleitschneelawinen, die vermehrt gemeldet werden, stellt die Lawinendienste vor grosse Herausforderungen. Bei diesen verstärkt im Spätwinter (ab Ende Februar) auftretenden Lawinen kann man den Ort und Zeitpunkt besonders schwer voraussagen. Die Erforschung der Ursachen und der zeitlichen Entwicklung des Gleitschnees sollten intensiviert werden. Auch der Einfluss des Klimawandels auf die zukünftige Lawinenaktivität sollte gemäss Analyse detaillierter untersucht werden.

Lawinenschutz gemäss Integralem Risikomanagement

Die öffentliche Hand realisiert seit vielen Jahrzehnten Massnahmen zur Reduktion des Lawinenrisikos im Rahmen des integralen Risikomanagements: Bauliche (Lawinenverbauungen), organisatorische (Lawinenwarnung, Ausbildung), planerische (Gefahrenkarten) und biologische (Schutzwald) Massnahmen wirken und unterstützen sich gegenseitig.

Die Hauptbelastung bei einer ausserordentlichen Lawinensituation liegt bei den lokalen Lawinendiensten von Gemeinden, Bahnen und Tiefbauämtern. Sie beurteilen die Gefahr vor Ort und treffen die nötigen Massnahmen wie Sperrungen, künstliche Lawinenauslösung und allenfalls Evakuation.

Aussergewöhnliche Lawinensituationen und Klimaerwärmung

Während der starken Schneefälle im Januar 2018 regnete es wegen relativ hohen Temperaturen wiederholt bis in hohe Lagen. Die hohe Nullgradgrenze und der Regen bis weit hinauf könnten zur Schlussfolgerung verleiten, dass diese Phänomene im Zusammenhang mit der Klimaerwärmung stehen. Doch von einem Einzelereignis wie der Lawinensituation im Januar 2018 kann kein Bezug zum Klimawandel hergestellt werden. Auch im Februar 1999 war die Schneefallgrenze am 19./20. Februar zwischenzeitlich bis über 2000 m ü. M. angestiegen.

Im Januar 2019 hingegen bei den jüngsten starken Schneefällen waren die Temperaturen durchwegs tief. Vergleicht man die Situationen von 2018 und 2019, dann zeigt sich deutlich, dass die Temperatur in tieferen Lagen einen grossen Einfluss auf das Fliessverhalten und den Auslauf der Lawinen hatte: Während im Januar 2018 die meisten Lawinen im Auslauf nass waren, kam es 2019 zu vielen Staublawinen. Sie verursachten zum Teil Waldschäden.

Es ist zurzeit nicht klar, wie sich die prognostizierte Erwärmung des Klimas und das leicht veränderte Niederschlagsregime (mehr Niederschlag im Winter, in tiefen Lagen mehr als Regen denn als Schnee) auf die Lawinenaktivität, insbesondere in Grossschneefallsituationen, auswirken könnten. Deshalb wird das jetzige Risikomanagement vorerst weitergeführt.

BAFU: Naturgefahren – Das Wichtigste in Kürze

 

Quelle: Bundesamt für Umwelt BAFU
Titelbild: Symbolbild © lapon pinta – shutterstock.com

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