Auf Erkundungstour in Danzig: Glanz und Pracht einer alten Handelsstadt erleben

Prächtige Bürgerhäuser, herrliche Backsteinkirchen, wuchtige Tore, gelungene Verzierungen an Wohnhäuser – die Innenstadt von Danzig ist ein wahres Schmuckstück. Wer heute durch die Strassen der wohl schönsten Stadt Polens wandelt, schreitet auf deutschen Spuren.

Denn in der Stadt an der Ostsee war bis zum Ende des 2. Weltkrieges eine überwiegend deutsche Bevölkerung zuhause.

Am Ende des Krieges war Danzig zerstört. Eine Ruinenstadt. Heute strahlt das Stadtzentrum, von Polen wiederaufgebaut, finanziell unterstützt von der EU, im alten Glanz. Die Innenstadt sieht aus wie zu ihrer Blütezeit zu Beginn des letzten Jahrhunderts, als Danzig eine blühende Handelsstadt war: prächtig, eindrucksvoll und mächtig.

Für Besucher der Stadt führt kein Weg am „Königsweg“ und an der „Frauengasse“ vorbei, den zwei interessantesten parallel laufenden Strassen im Zentrum. Sie heissen heute natürlich anders. So wie Danzig zu Gdansk wurde. Während die Frauengasse nun „Ulica Mariacka“ heisst, befindet man sich auf dem „Königsweg“ jetzt auf der „Ulica Długa“.

Der „Königsweg“, eine breite Strasse – heute Fussgängerzone –, die sich quer durch die Innenstadt zieht, um dann am Hafen in Nähe des Krantors zu enden, ist die Prachtstrasse Danzigs. Einst Paradeweg der Könige, Wohnort der Reichen und Herrscher, ist sie – mit ihren Restaurants und Geschäften – heute Anziehungspunkt für Scharen von Danzigbesuchern.

Die Innenstadt, die Rechtstadt, betritt man am besten durch das „Hohe Tor“, das einen Teil der Stadtmauer aus dem 16. Jahrhundert darstellt. Das anschliessende „Goldene Tor“ mit seinen Steinskulpturen führt in die Lange Gasse. Reich verzierte Bürgerhäuser zeigen, dass hier früher Banker, Reeder und Politiker residierten.

Vorbei am reich dekorierten Löwenhof geht es zum wunderschön verzierten Rathaus. Hier beginnt der Lange Markt, der schnurgerade zum Grünen Tor, dem Stadttor am Hafen, führt. Vorbei am Neptunbrunnen stehen sie hier in Reih und Glied: die reich verzierten Häuser der Händler und Kaufleute.


Auf dem „Königsweg“ jetzt genannt „Ulica Długa“. (Bild: © Ulrich Kronenberg)

In ihrer Mitte der beeindruckende Artushof, früher Sitz der Zünfte und Gilden. Im Mittelalter trafen sich hier die Kaufleute und Adlige, die sich in Bruderschaften zusammenschlossen. Zuerst aber war das Haus der Versammlungsort der Sankt Georgs Bruderschaft. Verbunden fühlte man sich damals dem legendären König Artus und der Tafelrunde. Man pflegte ritterliche Bräuche, dachte und handelte ritterlich.

Nach Brand und Wiederaufbau im 15. Jahrhundert kehrten auch Kaufleute und Reeder hier ein; insgesamt sieben Bruderschaften entstanden. Die Bruderschaften schlossen sich in Banken, benannt nach der Holzbank auf der man sass, zusammen. Mehr und mehr zogen bürgerliche Werte in das Denken des Artushofes, der Zentrale dieser Bruderschaften, ein.

Die Mäzene in der Bruderschaften entdeckten die Kunst. Wertvolle Werke wurden installiert. Jede Bruderschaft schmückte so ihre Ecke in der grossen dreischiffigen Festhalle. Der Artushof wandelte sich später zur Börse, Krämer zogen ein, zwischenzeitlich war im Festsaal sogar ein Lazarett.

Im 2. Weltkrieg hatte man viele der Kunstwerke ausgelagert. Dadurch konnten nach 1945, als der grösstenteils zerstörte Artushof wiederaufgebaut wurde, die Kunstwerke wieder aufgestellt werden.


Gotisches Schmuckstück: Arthushof mit Neptunbrunnen (Bild: © pyzata – shutterstock.com)

350 m² misst der Saal des Artushofes. Ein gotisches Sterngewölbe wird von vier Granitpfeilern gestützt. Hier sieht man Renaissancegemälde, Holzplastiken, Rüstungen, Schiffsmodelle und vor allem den Renaissance-Kachelofen, der 12 Meter hoch und mit 268 farbig verzierten Kacheln dekoriert ist. Der Kachelofen ist übrigens der weltweit höchste aus dem 15. Jahrhundert.

Reisegruppen und Schulklassen drängen sich auf der Strasse Richtung Hafen. Kaum eines der Bürgerhäuser ist heute nicht Restaurant. Tische, Stühle und Sonnenschirme beherrschen das Bild der Strasse – an schönen Tagen ist hier kaum ein Platz zu finden.

Am Ende des Königsweges verdeckt das Grüne Tor mit dem Wappen von Danzig den Blick auf den Hafen der Mottlau und den berühmten Krantor, Wahrzeichen der Stadt.

Direkt neben den Krantor am Hafen tritt man durch das Frauentor. Hohe prächtige Bürgerhäuser stehen entlang der Frauengasse mit ihrem rustikalen Kopfsteinpflaster. Die Fassaden der Häuser künden vom Wohlstand ihrer ehemaligen Bewohner.


Hohe prächtige Bürgerhäuser stehen entlang der Frauengasse mit ihrem rustikalen Kopfsteinpflaster. (Bild: © Ulrich Kronenberg)

Und dass die Kaufleute und Händler vermögend waren, zeigten sie auch. Charakteristisch für den Ostseeraum sind sogenannte „Beischläge“ an den Häusern. Beischlag ist ein erhöhter terrassenartigen Vorbau vor dem Eingang eines Hauses. Diese Anbauten sind mit Treppe samt Skulpturen und Geländer ein prunkvoller Blickfang.

Im Ostseeraum begann man im 14. Jahrhundert mit dem Bau von Beischlägen, die zunächst in Seestädten den Hauseingang und das Erdgeschoss vor Überschwemmungen schützen sollten. Diese zunächst rein funktionalen Bauteile aus Holz, später auch Ziegelsteinen und Sandstein, sollten dann auch den Reichtum ihrer Besitzer zeigen. Sie wurden folglich immer prunkvoller.

Natürlich sind an den Giebelhäusern an Danzigs Frauengasse keine originalen Beischläge zu sehen: Hier hat man sie – nach der Zerstörung im 2. Weltkrieg – rekonstruiert.

Heute bietet die Frauengasse die grösste Ansammlung von Bernsteinhändlern in Danzig. Kein Haus, vor dem nicht ein kleiner Stand an der Strasse steht. Überall wird hier Bernsteinschmuck angeboten. Selbst unterhalb der Beischläge sind kleine Schmuckläden eingerichtet.



Wer übrigens die Frauengasse verlässt und weiter abseits Richtung Altstadt vordringt, findet weitere prächtige Wohnhäuser mit Beischlägen. Und an einigen Stellen der im Weltkrieg zerstörten Stadt stehen die erhaltenen Beischläge einsam an der Strasse. Die Häuser dahinter wurden im Krieg zerstört und nicht wieder aufgebaut.

 

Oberstes Bild: © Artur Bogacki – shutterstock.com

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Mehr zu Ulrich Kronenberg

Ulrich Kronenberg ist Reisejournalist aus NRW in Deutschland. Seine Lieblingsreiseziele liegen in Deutschland, Grossbritannien, Frankreich und Polen. In seinen Reisereportagen und -berichten schreibt er über sehenswerte Orte und Bauwerke, über Kultur, Menschen und Geschichte. Seine Reiseberichte erscheinen auch im Reiseblog anderswohin.de. Er ist zudem Autor mehrerer ebooks. Im Hauptberuf ist er Redaktionsleiter mehrerer Wochenzeitungen und Stadtmagazine.

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