Weihnachtswelt: Blumenpracht und Sommerhitze oder Weihnachten auf Brasilianisch

Wie überall auf der Welt ist Weihnachten in Brasilien einer der wichtigsten und beliebtesten Feiertage. Vieles verläuft sehr ähnlich wie in anderen Ländern mit ausgeprägter Weihnachtstradition, und viele Details haben sich im Laufe der Zeit geändert oder neu eingeschlichen. Wenn man in der Weihnachtszeit in Brasilien unterwegs ist, hat man den Eindruck, in ein Spiegelbild des traditionellen Weihnachtens geraten zu sein, in dem so manches ganz anders ist.  

Das wichtigste und markanteste an den ganzen Feierlichkeiten ist natürlich die Jahreszeit. Im Unterschied zu den Ländern der nördlichen Hemisphäre wird Weihnachten in Brasilien im Hochsommer gefeiert. Kinder haben Sommerferien und viele Erwachsene nehmen für diese Tage Urlaub. Es ist gerade die Zeit, zu der die Natur den neuen Lebenszyklus zelebriert: Alles wächst, blüht und duftet.


Weihnachtsmann in der Sommerhitze (Bild: Eduardo P, Wikimedia, CC)


Es wird auch nix mit der weissen Weihnacht. Die Temperaturen können bis 35 Grad steigen. Also ist Weihnachten in Brasilien ein im wahren Sinne des Wortes warmes Fest. Am meisten leiden darunter natürlich die Weihnachtsmänner, die nach der Tradition Europas und Nordamerikas aus dem kalten Grönland richtig winterlich gekleidet kommen, also mit rotem Mantel, Mütze und dichtem weissem Bart.

Weihnachtsdekoration (Bild: Eduardo P, Wikimedia, CC)


Schwierig wird es auch mit dem Weihnachtsbaum. Aber Brasilianer lassen sich dadurch das Fest nicht verderben. Wenn man keine echte Tanne bekommen konnte, kauft man halt eine künstliche. Oder man schmückt die Pflanzen nach eigenem Gutdünken. So sieht man überall weihnachtlich dekorierte Araukarien, Mangobäume, Palmen oder Bananenstauden.

Da der Schneewalzer den Brasilianern auch vorenthalten bleibt, behilft man sich gewöhnlich mit Watte, weissem Papier oder weisser Farbe.


Park Trianon in São Paolo in der Weihnachtsstimmung (Bild: lucaaz, Wikimedia, CC)


Eine allgemein verbreitete weihnachtliche Tradition in Brasilien sind die Lichterketten, luzes und pisca-pisca (also blinkende Lichter). Es wird alles Mögliche damit geschmückt, angefangen von Privathäusern bis hin zu ganzen Strassen und riesigen Einkaufszentren. Diese Tradition ist so populär, dass in manchen Städten wie zum Beispiel Curitiba sogar Dekorationswettbewerbe stattfinden.

Brasilien ist ein klassisches Einwanderungsland. Die meisten Ankömmlinge kamen aus Europa, Afrika und Asien. Die Mehrheit von ihnen waren Katholiken. So ist Brasilien heutzutage das grösste römisch-katholische Land der Welt. Interessant ist aber, dass die Einwanderer aus verschiedenen katholischen Ländern herkamen und jede Gruppe ähnliche und gleichzeitig unterschiedliche weihnachtliche Bräuche nach Brasilien mitgebracht hat. Die Kultur im Süden ist vor allem durch deutsche und italienische Einwanderer geprägt. So sieht man dort Weihnachtskrippen und hört typische Weihnachtslieder. In der Stadt Blumenau zum Beispiel muss man sich immer wieder ins Gedächtnis rufen, dass man gerade in Brasilien und nicht in Deutschland ist.


Brasilianische Weihnachtskrippe (Bild: Wagner Carvalheiro, Wikimedia, CC)


In anderen Regionen sind die Krippen seltener zu sehen, dafür aber mehr Weihnachtsbäume. Wieder in anderen Gegenden wird in der Adventszeit eine Christkind-Figur auf den Altar gelegt, und unter allen Kindern wird das Los gezogen, wer die Puppe für eine Woche mit nach Hause nehmen darf. Auf den Strassen werden weihnachtliche Umzüge veranstaltet, besonders berühmt ist der Umzug in der Nähe des Copacabana-Strands. Im Zentrum und im Norden des Landes organisiert man oft Inszenierungen von Christi Geburt. Dabei vermischen sich die feierlichen Worte und Lieder, die Maria, Josef, die Hirten und die drei Könige vorzutragen haben, auch mit heiteren Musikrhythmen und dem Geräusch von Petarden.

Weihnachten ist in Brasilien ein sehr stark kommerzialisiertes Fest. Oft werden die grossen Einkaufszentren zum Mittelpunkt des feierlichen Geschehens. Sie werden aufwändig geschmückt; die schönsten und höchsten Weihnachtsbäume stehen dort; Parken ist im Monat Dezember gratis. Am Heiligabend werden die Shoppingzentren brechend voll, denn der Weihnachtsmann, Papai Noel, mit allem dazu gehörenden Drum und Dran, also in einem „trenó“ mit fliegenden „renas“ wird erwartet.


Weihnachtsmesse – Misa do Galo (Bild: Hallezpo, Wikimedia, CC)


Am Heiligabend gehen viele Familien zur Mitternachtsmesse, Misa do Galo, die normalerweise zwischen 20 und 22 Uhr läuft. Danach wird im Familienkreis oft bis zum Morgenrot gefeiert. Das festliche Mal und die Bescherung stehen auf dem Programm. Obwohl sich alle über die Geschenke freuen, steht in erster Linie das familiäre Beisammensein im Vordergrund. Zum Essen gibt es oft Truthahn, Fisch oder Rindsbraten als Hauptgericht. In Regionen mit portugiesischem Einfluss wird Stockfisch gegessen. Oft werden verschiedene Nüsse und getrocknete Früchte wie Feigen und Datteln serviert. Die typische Nachspeise, auf die sich besonders die Kinder freuen, ist rabanada, eine Art Pudding aus Milch, Honig und Zimt.

Rabanada – brasilianische Weihnachtsspezialität (Bild: VeganWarrior, Wikimedia, CC)


Am 31. Dezember starten viele Brasilianer sehr sportlich, denn an diesem Tag findet der traditionelle jährliche Marathonlauf „Corrida de São Silvestre“ statt. Am Abend, nach dem Duschen selbstverständlich, zieht man weisse Kleidung an. Die Ursprünge dieser Tradition liegen in der afro-brasilianischen Religion, genannt Condomblé. Neben den Anhängern dieser Religion finden auch viele Brasilianer den Brauch, weisse Kleidung zu tragen, sehr schön, und tun das massenhaft in der Silvesternacht. Es soll ausserdem Glück bringen. Traditionell wird Silvester am Strand gefeiert, natürlich nur wenn es einen in der Nähe gibt. Baden, singen und tanzen, Cocktails, Umarmungen und Feuerwerk sind unentbehrliche Bestandteile einer brasilianischen Silvesternacht. Viele Brasilianer essen während der „contagem regressiva“, also der Zurückzählung der letzen 10 Sekunden des Jahres, drei Weintrauben, und bewahren deren Kerne im Laufe des folgenden Jahres im Geldbeutel auf: Das soll ganz-ganz sicher viel Geld bringen. Summa summarum: Wenn man dabei noch weisse Klamotten anhat, wird man nicht nur glücklich, sondern auch reich!

 

Oberstes Bild: Weihnachtsbaum in Lagoa, Rio de Janeiro (Bild: Leandro Neumann Ciuffo, Wikimedia, CC)[vc_text_separator title=“Wo liegt dieses Reiseziel?“ title_align=“separator_align_center“][vc_gmaps type=“m“ zoom=“14″ link=“https://maps.google.com/maps?q=R%C3%ADo+de+Janeiro+-+Estado+de+R%C3%ADo+de+Janeiro,+Brasil&hl=es&ie=UTF8&sll=-13.239945,-45&sspn=159.410882,316.054688&oq=Brasil,+r&hnear=R%C3%ADo+de+Janeiro+-+Estado+de+R%C3%ADo+de+Janeiro,+Brasil&t=m&z=10″ size=“350″]

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Ich schreibe, seit ich schreiben kann, und reise, seit ich den Reisepass besitze. Momentan lebe ich im sonnigen Spanien und arbeite in der Modebranche, was auch oft mit Reisen verbunden ist, worüber ich dann gerne auf den Portalen von belmedia.ch berichte. Der christliche Glaube ist das Fundament meines Lebens; harmonisches Familienleben, Kindererziehung, gute Freundschaften und Naturverbundenheit sind meine grössten Prioritäten; Reisen und fremde Kulturen erleben meine Leidenschaft; Backen und Naturkosmetik meine Hobbys und immer 5 Minuten zu spät kommen meine Schwäche.

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