Affenberg Salem: Nachäffen angesagt!
von Natalia Muler Alle Länder Europa
Wilde Tiere – doch kein Zoo, weit und breit sind keine Käfige oder Gitter zu sehen. Entlang des Weges läuft ein Zaun, der sich nur als „Zaun“ in Anführungszeichen beschreiben lässt, denn das kniehohe dünne Gestell bietet keinen Schutz, sondern klammert nur optisch und dekorativ den Weg der Menschen aus dem Reich der Tiere aus. Die Hauptprotagonisten am Affenberg sind, wie sich logischerweise aus dem Namen „Affenberg“ entnehmen lässt, die Affen.
Doch in dieser Natur-WG haben sie auch ein paar Mitbewohner – eine frei fliegende Brutkolonie Weissstörche, Wasservögel und Damwild. Wer also auf Qualität statt Quantität setzt, ist am Affenberg Salem genau richtig.
„Weniger ist mehr“ stimmt hier ganz und gar. Da es nur wenige Tierarten sind, hat man Ruhe und Zeit, sie aufmerksam und ungestört zu beobachten. Und nach dem Besuch ist man nicht voll mit exotischen, karussellartigen Eindrücken wie nach einem üblichen Zoobesuch, sondern man hat das tiefe und schöne Gefühl, der Natur ganz nahe gewesen zu sein.
Von März bis November können die Besucher vom Affenberg das Leben der Berberaffen beobachten. Ursprünglich stammen die Berberaffen aus Marokko und Algerien. In ihrer Heimat leben sie im Gebirge bis in Höhen von 2000 Metern. Dank der Ähnlichkeit der Klimabedingungen fühlen sich die netten Einwanderer am Bodensee das ganze Jahr über sehr wohl und machen von ihrer Aufenthalts- und Spasshaben-Erlaubnis reichlich Gebrauch.
Bedauerlicherweise sind die Berberaffen vom Aussterben bedroht und stehen auf der Roten Liste der gefährdeten Tierarten. Deswegen hat die Bergkolonie einen grossen Wert für den Naturschutz und wird von den Parkmitarbeitern liebevoll betreut. Ihre Mühe bleibt nicht unbelohnt: Dass die Pfleglinge sich am Bodensee sehr wohlfühlen, merkt man gleich an den Nachwuchszahlen. Die Berberaffen waren in Sachen Fortpflanzung so fleissig, dass 1986 sogar ein höchst erfreuliches Abschiebungsverfahren stattfand: Ganze Affengruppen wurden nach Nordafrika zurückgebracht und konnten ein neues Leben im Freiland anfangen.
Die Primaten führen am Affenberg Salem ein artgerechtes Leben: Auf einem fast 20 Hektar grossen Waldstück leben im Freien über 200 Berberaffen. Die Menschen sind hier wirklich zu Besuch, nicht als Herrscher, sondern als Gäste. Der Preis für das respektvolle Umgehen ist ganz speziell: Die Affen lassen uns zu den Zeugen ihres alltäglichen Lebens werden. Wie sie ihr Familienleben gestalten, wie die süssen Babys zur Welt kommen, wie liebevoll sich die Mütter und die Verwandten um die Neuankömmlinge kümmern, mit welch überschwänglicher Lebensfreude die Jungtiere herumtoben – das alles können die kleinen und die grossen Parkbesucher ganz aus der Nähe beobachten.
Die Affen sind am Affenberg zweifellos die Hauptattraktion. Doch es gibt mehr zu sehen. Eine Kolonie Weissstörche lebt hier im Freien und zieht jedes Jahr hier die Jungen auf. Die Liebhaber von Reality-Shows werden ganz begeistert sein: Während der Brutsaison gibt es eine Live-Videoübertragung aus den Horsten. Am Weiher erfreuen frei fliegende Wasservögel wie Schwäne, Gänse, Blässhühner und Stockenten die Parkbesucher. Im Park gibt es gratis Fischfutter, mit dem die Riesenkarpfen gefüttert werden können. Vor dem Damwildgehege darf man ganz Bambi-nostalgisch werden: hier lebt der kapitale Damhirsch Emil mit seinem graziösen Harem – etwa 20 Hirschkühen und den Jungtieren.
Weg vom hektischen Alltag ist der Affenberg Salem ein sehr schönes Erlebnis, wenn man die Natur plötzlich so nahe spürt, dass man daran erinnert wird, ein Teil davon zu sein.
Titelbild: Affenberg Salem