Die Burgruine Jörgenberg auf dem Munt Sogn Gieri steht unter Denkmalschutz

Nachdem mein Text über die Burg Kropfenstein und das Dorf Waltensburg veröffentlicht worden war, erreichten mich sehr nette Nachrichten über Facebook. Darin wurde ich auf weitere Burgen in der Region aufmerksam gemacht und ich bekam einige schöne Wandertipps. Dafür nochmals herzlichen Dank!

Auf einer kurzen Wanderung erreicht man den Munt Sogn Gieri ab Waltensburg in nur etwa 1 ½ Stunden. Es geht über Feldwege und schmale Bergwege 295 m bergab und 40 m bergauf. Die ideale Jahreszeit für einen Familienausflug ist vom späten Frühling bis in den Herbst hinein. Im Terra Grischuna Verlag erschien 2003 „Märchenhaftes Wandern. Auf den Spuren von Bündner Sagen und Märchen“ und darin wird auch die Sage vom schatzhütenden Burgfräulein auf Jörgenberg erzählt.
Einen Schatz habe ich bisher weder bei dieser noch einer anderen Burg entdeckt, was meine Begeisterung für Burgen, Schlösser, Kirchen und Ruinen natürlich nicht trübt. Der Ausflug auf den Munt Sogn Gieri ist ein Highlight für Burgenfans!

Der Ort um die Burgruine Jörgenberg und die Ruine selbst stehen komplett unter Denkmalschutz. Graubünden ist der burgenreichste Kanton der Schweiz und die Ruine Jörgenberg ist die grösste Burganlage im Bündner Oberland. Sie weckt nach wie vor das Interesse der Archäologen, denn es konnten noch längst nicht alle Geheimnisse um ihre Geschichte gelöst werden. Jörgenberg thront auf einem lang gezogenen Felsvorsprung und ist überraschend gut erhalten. Richtung Osten und Norden wurde die Burg durch einen steilen Felsabhang gesichert. In südwestlicher Richtung, also gegen Waltensburg hin, schützten sich die Bewohner durch imposante, bis zu zwei Meter dicke Mauern. Somit waren sie weitestgehend vor Angriffen und Belagerungen sicher.


Bergfried mit Hocheingang (Bild: Adrian Michael, Wikimedia, GNU)

Noch immer sichtbar sind nicht nur die Schildmauern, sondern auch der Hauptturm, die Campanile, die Ringmauer und Teile von den Toranlagen, Wohnbauten und der Vorburg. Der mächtige Bergfried kann leider nicht mehr bestiegen werden. Zwischen den vielen Winkeln, Mauern und Ecken lässt sich wunderbar Verstecken spielen und im Burghof gibt es eine Feuerstelle. Somit bietet sich auch diese Burg, wie so viele in der Schweiz, für einen spannenden Familienausflug an. Während Kinder genügend Fantasie haben, um sich in das Burgleben hineinzudenken und sich hier austoben, interessieren sich die Erwachsenen angesichts der mächtigen Gemäuer wahrscheinlich für deren Geschichte.

Als bedeutendste Burg Rätiens wurde Jörgenberg bereits im Jahre 765 erwähnt, nämlich im Testament des Bischofs Tello. Tello war 759 – 765 Bischof von Chur. Sein Testament ist wahrscheinlich das älteste noch vorhandene schriftliche Dokument Graubündens. Schriftquellen aus dem Frühmittelalter sind leider kaum noch vorhanden. Aus dem 9. Jahrhundert stammen die nächsten Aufzeichnungen, welche die Zeit überdauerten. Es handelt sich um das rätische Reichsurbar. Dies ist ein Verzeichnis, welches die in einer Grundherrschaft vorhandenen Besitzrechte und die zu erbringenden Leistungen auflistet. Für lange Zeit war das die letzte Urkunde, welche Jörgenberg erwähnte.

Erst aus dem 14. Jahrhundert sind wieder schriftliche Belege vorhanden. Damals waren die Herren von Friberg die Burgbesitzer. Sie lebten jedoch nicht auf Jörgenberg, sondern hatten ihre Stammburg, von der nur noch kleine Trümmer zu sehen sind, oberhalb von Siat, einem Dorf bei Waltensburg. Die Friberger starben 1330 aus. Daraufhin war eine Besetzung durch die Österreicher zu befürchten, weshalb die Freiherren von Vaz ihren Besitzanspruch geltend machten. In der Folge erlebte die Burg Besitzerwechsel und Erbschaftsstreitigkeiten.

Mitte des 15. Jahrhunderts war sie ein bedeutendes Herrschaftszentrum und Sitz eines Kastellans, welcher weitreichende Befugnisse besass. Der Wohnkomfort der Burg soll nicht zufriedenstellend gewesen sein. Deshalb fand sich nach den letzten Bewohnern, der Familie Gandreja, die sie ab 1580 zu ihrem Zuhause machte, niemand mehr, der hier seinen ständigen Wohnsitz einnehmen wollte. Es wird angenommen, dass die Räumlichkeiten später als Vorratskammern und Lagerräume genutzt wurden. Für den Unterhalt war zu dieser Zeit Mathias von Derungs zuständig, dessen Nachfahren die Burg 1734 an die Gemeinde verkauften. In deren Besitz befindet sie sich bis heute.

Erwähnenswert ist die Kirche St. Georg, welche innerhalb der Burgmauern wahrscheinlich Ende des 8. – Anfang des 9. Jahrhunderts erbaut wurde. Erhalten geblieben ist das Mauerwerk mit einem einfachen Saalbau aus dem 12. und 13. Jahrhundert. Der aus Tuffsteinquadern errichtete Chorbogen ist nur auf der Südseite noch im Original zu sehen. 1930 rekonstruierte man den nördlichen Teil. Der schlanke Glockenturm, welcher in der Nordostecke aufragt, soll aus dem Jahre 1070 stammen. Bei der Kirche gab es einen Friedhof. Archäologen entdeckten Reste einer Umfassungsmauer und Gräber, welche sie ins Früh- und Hochmittelalter datierten. Deshalb wird vermutet, dass es sich um eine Pfarrkirche handelt.


Glockenturm der Burgkirche (Bild: Adrian Michael, Wikimedia, GNU)

Ganz in der Nähe der Burg stehen auf dem Munt Sogn Gieri zwei gut erhalten gebliebene Galgensäulen. Auch sie stehen unter Denkmalschutz, sind sie doch Zeugen einer schaurigen, traurigen Epoche: Vom 15. – 18. Jahrhundert hatte die Hexenverfolgung auch die Schweiz erfasst. Rund 3400 Männer und Frauen wurden gefoltert und hingerichtet. 1652 war das Jahr, in welchem auch Waltensburg von diesem Wahn heimgesucht wurde. Das erste Opfer war die im Ort ansässige Thrina Joss Jon Ping. Ihr folgten 12 weitere Personen. Die beiden Steinsäulen des Galgens erinnern bis heute an dieses traurige und für uns unvorstellbare Kapitel unserer Geschichte.


Galgen bei Jörgenberg (Bild: Adrian Michael, Wikimedia, GNU)

Im 17. Jahrhundert begann der Zerfall der Burg Jörgensberg und erst 1930 nahm sich der Schweizerische Burgenverein ihrer an. Aufwendige Sicherungs- und Freilegungsarbeiten wurden unter Leitung von Eugen Probst, einem Architekten mit entsprechenden Kenntnissen, unternommen. Die Rettung und Gesamtkonservierung der Burgruine fand von 1997 – 2001 statt. Finanziert wurde sie unter anderem aus Spenden von Privaten, der Gemeinde, dem Bund und natürlich der kantonalen Denkmalpflege. Ihnen verdanken wir, dass diese beeindruckende Burganlage heute das ganze Jahr über frei zugänglich ist.



Der Schweizerische Burgenverein sorgt dafür, dass viele Burgruinen im ganzen Land für alle zugänglich sind und uns einen Einblick in die mittelalterliche Kultur und das damalige Leben geben. Der Verein zählt ca. 1200 Mitglieder, die meisten sind ehrenamtlich aktiv. Ausserdem haben sich Fachkräfte aus den verschiedensten Fachbereichen und natürlich der Denkmalpflege zusammengefunden. Sie versuchen nicht nur, den Burgen das Geheimnis um ihre Geschichte zu entlocken, sondern restaurieren und sichern die uralten Gemäuer, um diese auch für weitere Generationen zu erhalten. Wenn Sie sich über die Arbeit des Burgenvereins näher informieren oder diesem beitreten möchten, finden Sie weiterführende Informationen auf der Webseite burgenverein.ch.

 

Oberstes Bild: © Adrian Michael, Wikimedia, GNU

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