Vom Geheimtipp zum Mega-Event - das Burning Man Festival

Der Burning Man findet jedes Jahr von Ende August bis zum ersten Montag im September, dem Labor Day, in Nevada statt. Ort des Geschehens ist Black Rock Desert, eine Salzton-Wüste rund 100 Kilometer nördlich von Reno. Die „Playa“, wie das Festivalgelände genannt wird, ähnelt einer Mondlandschaft und bildet eine unwirkliche, bizzare Kulisse für eine der grössten Kunstveranstaltungen der Welt. Zugegeben, dies ist kein gewöhnliches Reiseziel und bestimmt nicht jedermanns Sache. Für einen Familienurlaub mit Kindern eignet es sich definitiv nicht.

Die Legende besagt, dass der Burning Man aus Liebeskummer entstanden sei. 1986 veranstaltete Larry Harvey am Baker Beach in San Francisco mit etwa 20 Teilnehmern ein Kunsthappening, zu dessen Abschluss eine zweieinhalb Meter hohe Holzfigur verbrannt wurde. Harvey wollte mit der Verbrennung der ersten Holzfigur angeblich auch seine letzte Liebesbeziehung symbolisch beenden.

1990 lag die Zahl zwischen 500 und 1.000 Teilnehmern. Allerdings verboten die Behörden in diesem Jahr das Abbrennen der Holzfigur, so dass der Veranstalter nach einem neuen Ort Ausschau hielt. Die Skulptur, eben der Namensgeber Burning Man, steht weiterhin im Zentrum und wird jeweils am vorletzten Tag, dem Sonntag vor dem Labor Day, abgefackelt. In den 1990er Jahren wuchs das Festival dann rasant. In den letzten Jahren kamen jeweils mehr als 50.000 Besucher, in 2013 waren es bereits 68.000.


Tausende Fahrräder am Burning Man Festival, 2004. (Urheber: Stewart Butterfield / flickr.com / Lizenz: CC


Seit 1995 trägt die temporäre Stadt den Namen Black Rock City. In jenem Jahr erhielt das Festival auch zum ersten Mal ein Motto. Es hiess „Gutes und Schlechtes“. 2013 war das Thema „Cargo Cult“, das auf religiöse Kulte in Melanesien anspielte, wo Zivilisationsprodukte wie Batterien oder Konserven angebetet werden. „Cargo Cult“ sollte das Bewusstsein für den Konsumwahn in der westlichen Hemisphäre schärfen.

Was macht den Burning Man so einzigartig? Einerseits natürlich die Location in der Wüste. Wesentlicher ist aber wohl die Philosophie, die dahinter steckt. Larry Harvey hat zehn Prinzipien aufgeschrieben, nach denen die Besucher des Festivals sich richten sollen. Zu den wichtigsten gehören die Aufforderung, Respekt und Toleranz untereinander auszuüben sowie Verantwortung für Mitmenschen und Umwelt zu übernehmen. Waffen sind ebenso verboten wie das Zurücklassen von Müll bzw. irgendwelcher Spuren („Leave no Trace“). Deshalb gibt es z.B. keine Abfalltonnen. Der eigene Müll muss wirklich mit nach Hause genommen werden. Es ist auch unerwünscht, seinen Abfall irgendwo in den Nachbarorten oder an den Highways loszuwerden.


Burning Man Festival 2012. (Urheber: Ashley Steel / Wiki / Lizenz: CC)


Ein weiteres, wichtiges Prinzip: Mach‘ Geschenke! Beschenke andere Teilnehmer mit Essen und Trinken, mit einem netten Wort oder einer Umarmung. Du kannst schenken und beschenkt werden, du kannst tauschen. Alles geschieht freiwillig und ohne Zwang. Auf dem Burning Festival gibt es keine Werbung, keine Marken, es lauert nicht hinter jeder Ecke ein Sponsor. Geld ist so ziemlich nutzlos. Wer sich in alte Hippie-Zeiten zurückversetzt fühlt, ist nahe dran an der Atmosphäre: schräge Typen in noch schrägerer Kleidung, unzählige Kostüme und Masken, viel nackte Haut. Besucher müssen sich nicht verkleiden, aber in Alltagskleidung sollten sie hier nicht auflaufen. In Black Rock City gibt es keine gigantischen Bühnen mit Top Acts wie auf klassischen Festivals. Trotzdem ist überall Musik zu hören, zu sehen oder selber zu machen. Kunstaktionen, interaktive Skulpturen, Theater, Menschen, die sich einfach nur selbst darstellen – die ganze Stadt ist Bühne, Tanzfläche und Laufsteg.

Burning Man Festival 2012. (Urheber: Ashley Steel / Wiki / Lizenz: CC)


Eine sorgfältige Vorbereitung ist Pflicht für jeden Besucher. Es gilt zu bedenken, dass es während der gesamten Zeit keine Dusche gibt, keinen Strom, kein Internet, keine Möglichkeit zu telefonieren. Ausser Eis und Kaffee wird nichts verkauft, jeder muss für seine Verpflegung selbst sorgen. Ab und an fährt ein Wassertruck über das Gelände, der etwas Erfrischung versprüht, aber wenn man den verpasst … Die Temperaturen erreichen tagsüber locker 40° C, nachts kühlt es sich ab auf bis zu 0° C – Wüste eben. Auch Sandstürme sind mehr oder weniger an der Tagesordnung, deshalb sollten eine entsprechende Schutzbrille und ein Mundschutz jederzeit griffbereit sein.

Burning Man Festival 2012. (Urheber: Ashley Steel / Wiki / Lizenz: CC)


Die wichtigste Voraussetzung ist Wasser, ganz viel Wasser. Es sind schon Leute am Eingang abgewiesen worden, weil sie nicht genug dabei hatten. Des Weiteren sollte auf die richtige Kleidung geachtet werden: mindestens ein Set für die Hitze am Tag und eins für die kalten Nächte. Leichte Handschuhe am Tag gegen den Sand schaden nicht, sonst gibt es raue Hände. Besonders auf gutes und bequemes Schuhwerk ist zu achten, mit High Heels kommt man in der Wüste nicht weit. Sonnencreme, Taschenlampen und ganz viele Batterien sind ebenfalls Muss.

Besucher können mit Autos oder Wohnmobilen anreisen, aber auf dem Festivalgelände ist die Fortbewegung nur zu Fuss, mit dem Fahrrad oder sogenannten Mutant Vehicles möglich, skurrilen, kreativ gestalteten Fahrzeugen, etwa Segelschiffen auf Rädern o. Ä.


Burning Man Festival 2012. (Urheber: christopher / Wiki / Lizenz: CC)


In 2014 findet der Burning Man vom 25. August bis zum 1. September statt. Die Tickets sind nicht gerade günstig. Das billigste kostete zuletzt 190 Dollar für Geringverdiener, der Standard liegt bei 380 Dollar. Trotzdem ist der Andrang jedes Jahr riesig und man sollte von einem Spontanbesuch absehen, wenn man nicht enttäuscht wieder abreisen will. Aber eins ist gewiss: Jeder, der schon einmal dort war, beteuert, dieses Festival habe sein Leben verändert.

 

Oberstes Bild: Burning Man Festival 2010. (Urheber: *christopher* / Wiki / Lizenz: CC)[vc_text_separator title=“Hier liegt dieses Reiseziel“ title_align=“separator_align_center“]
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hat Germanistik, Geschichte und Philosophie studiert und ist zusätzlich ausgebildeter Mediendesigner im Segment Druck. Er schreibt seit über 30 Jahren belletristische Texte und seit rund zwei Jahrzehnten für Auftraggeber aus den unterschiedlichsten Branchen.

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