Weihnachtswelt: Fest zu Hause und auf der Strasse oder Weihnachten auf Mexikanisch

Obwohl Weihnachten in Mexico einen klaren religiösen Charakter hat, bildet die Tradition nur den inhaltlichen Kern der Feiertage. Ansonsten sind sie ein richtig beliebter Anlass, viele aufeinander folgende, tolle und laute Fiestas zu feiern. Die Familien kommen zusammen: Man kocht feierlich, isst gemeinsam, trinkt vergnüglich und beschenkt einander.

Keiner kommt auf die Idee, jemandem „besonnene Feiertage“ zu wünschen. Nein, für Mexikaner ist das Jahresende die Zeit des ständigen sozialen Begegnens, eine vor Freude übersprudelnde Familien-Fiesta. Auch wenn man allein in Mexico unterwegs ist, wird der Einsamkeit oder dem bei vielen zu Weihnachten auftretenden Schwermut keine Chance gegeben. Für die innere Einkehr ist es meist auch zu laut. Man wird spontan in andere Familien eingeladen, denn nach mexikanischem Empfinden soll keiner an diesen Feiertagen allein oder gar einsam sein.

Die Weihnachtszeit fängt schon Anfang Dezember an, wenn fast überall Weihnachtsbäume geschmückt werden. Nur wohlhabendere Familien können sich einen echten Tannenbaum leisten, denn diese sind aus den USA oder Kanada importiert und gewöhnlich ziemlich teuer. Für den Rest gibt es künstliche Bäume in allen zu Weihnachten passenden Farben. Gleichzeitig mit den Weihnachtsbäumen erscheinen überall die Lichterketten, die Häuser und ganze Strassen schmücken. Besonders kunstvoll wird das Lichtwerk um den Platz Zócalo in Mexico-City gestaltet.

Am 16. Dezember fangen die beliebten mexikanischen „Posadas“ an. „Posada“ bedeutet eigentlich „Herberge“ und ist ein Schauspiel, das die Suche von Josef und Maria nach einer Herberge symbolisiert. Überall werden öffentliche Posadas durchgeführt, die in einer feierlichen Pastorela, einer religiösen Aufführung, auf dem Zentralplatz des Ortes ihren Kulminationspunkt erreichen.


Mexikanische Kinder während der weihnachtlichen Posada (Bild: egv87, Wikimedia)


Weit verbreitet und beliebt sind aber auch die privaten Posadas: Kinder und Erwachsene verkleiden sich als Maria, Josef und die Begleitung. Sie klopfen an den Haustüren und singen dabei ein Lied: „Im Namen des Himmels bitten wir um Herberge…“ Die Hausherren müssen dann zweimal eine absagende Antwort hinter der geschlossenen Tür vorsingen. Und erst beim dritten Mal wird die Tür geöffnet und alle singen im Chor: „Kommt herein, heilige Pilger, draussen nicht geheuer/Obwohl arm ist mein Haus, mein Herz ist jetzt euer!“ Die Gäste werden ins Haus gebeten und die Fiesta beginnt: Es wird getanzt und gesungen, Weihnachtsspezialitäten gegessen und  heisser Punsch, el ponche, getrunken. Wenn die Pilger dann weiterziehen möchten, bekommen sie eine Tüte bunte kandierte Mandeln auf den Weg.

Wieder andere Pastorelas schildern die Wanderung der Hirten nach Betlehem, um das Christkind zu suchen. Unterwegs werden sie vom Teufel versucht. Doch kommt der Erzengel Michael zur Hilfe, und das Böse wird am Ende besiegt. Besonders berühmt sind die feierlichen Umzüge in der Stadt Tepozotlan – die Wanderer tragen prächtige Kleider und sind mit echten Tieren unterwegs. Aber oft werden die Pastorelas nicht so ernst genommen und sind lustige oder satirische Aufführungen, die ihre Zuschauer vor allem amüsieren wollen.


Piñata-Spiel in Mexiko (Bild: Nsaum75 at en.wikipedia, Wikimedia, CC)


Piñatas sind eine andere, weit verbreitete und populäre weihnachtliche Tradition in Mexico. Piñatas sind grosse aus Pappmaché gemachte Behälter, die mit Süssigkeiten gefüllt sind und so hoch aufgehängt werden, dass man sie nur mit einem Stock erreicht. Eigentlich gibt es Piñatas aller möglichen Formen, aber vor Weihnachten sind vor allem grosse Kugeln mit sieben spitzen Hörnern zu sehen. Die Hörner repräsentieren die sieben Todsünden. Mit gebundenen Augen schlagen die Spielteilnehmer der Reihe nach mit einem Stock auf die Piñata solange,  bis diese zerbricht und die Süssigkeiten, sprich Gottessegnungen, über den Sieger, sprich Sündenüberwinder, strömen.

Mexikanische Weihnachtskrippe (Bild: Dieter Schütz / pixelio.de)


Wie überall wird in Mexico auch eine Weihnachtskrippe aufgestellt. Es wird viel billiges Plastikzeug gekauft, aber besonders beliebt sind die typisch mexikanischen handgefertigten Tonfiguren, die auf den kunsthandwerklichen Weihnachtsmärkten verkauft werden. Obwohl die Krippe schon früher aufgebaut wird, legt man das Christkind erst am Heiligabend in die Wiege. In vielen Familien gibt es auch eine andere babygrosse Puppe, die in weissen Stoff oder Spitze gewickelt und am Heiligabend von den Familienmitgliedern in den Armen gewogen und besungen wird.

Mexikanischer Weihnachtspunsch (Bild: Stephanie Hofschlaeger / pixelio.de )


Zu Weihnachten wird in Mexiko durch den nordamerikanischen Einfluss mehr und mehr Truthahn gegessen. Für viele Familien, die keinen grossen Offen besitzen, erweist sich die neue Tradition als schwierig. Wer aber trotzdem mit der Mode Schritt halten will, kann den „Puter“ in einem Restaurant bestellen und gleich vor dem Abendessen richtig heiss und durchgebraten abholen.  Ansonsten werden gebräuchlich viele typisch mexikanische Gerichte aufgetischt: Tamales – Taschen aus Maismehl mit unterschiedlichsten Füllungen; Romeritos – ein Schmorbraten, der seinen Namen und den typischen weihnachtlichen Geschmack der Würzpflanze Romerito verdankt, oder Bacalao – ein beliebtes Fischgericht. Hinuntergespült wird das Ganze mit einer guten Portion mexikanischem Ponche: Der heisse Weihnachtspunsch wird aus den für die Jahreszeit typischen Früchten wie Quitten, Äpfel und Zuckerrohr zubereitet. Die Erwachsenen fügen mit einem Augenzwinkern etwas Tequila oder Rum hinzu und zaubern so ein „Ponche con Piquete“, wortwörtlich „Punsch mit Pfahl“.

Mexikanische Tamales (Bild: Jon Sullivan, Wikimedia)


In der Silvesternacht ist es wie überall auf der Welt sehr laut. Petarden und Feuerwerk sind in dieser Nacht nicht wegzudenken. Nur in Mexiko-City sind sie seit einigen Jahren verboten, denn die Stadt kämpft sehr hartnäckig mit dem gewaltigen Smog-Problem. Und wenn jeder Einwohner der Hauptstadt mit einer Bevölkerung von 20 Millionen nur eine Petarde in die Luft jagen würde, versänke Mexico-City für Tage in einer dunkle Wolke aus Qualm.

Wenn zu Weihnachten meist nützliche Sachen wie neue Schuhe oder Kleidung geschenkt werden, bringen die drei Könige am 6. Januar den Kindern die Spielsachen. Und Erwachsene haben dann wiedermal einen Anlass, eine schöne Familien-Fiesta zu feiern.

 

Oberstes Bild: Buntes Weihnachten in Mexiko (Bild: Hans-Dieter Buchmann, pixelio.de)[vc_text_separator title=“Wo liegt dieses Reiseziel?“ title_align=“separator_align_center“][vc_gmaps type=“m“ zoom=“14″ link=“https://maps.google.com/maps?q=Mexico+City,+M%C3%A9xico&hl=es&ie=UTF8&sll=23.634501,-102.552784&sspn=22.462624,43.286133&oq=M%C3%A9xico-Cit&hnear=Ciudad+de+M%C3%A9xico,+Distrito+Federal,+M%C3%A9xico&t=m&z=9″ size=“350″]

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Ich schreibe, seit ich schreiben kann, und reise, seit ich den Reisepass besitze. Momentan lebe ich im sonnigen Spanien und arbeite in der Modebranche, was auch oft mit Reisen verbunden ist, worüber ich dann gerne auf den Portalen von belmedia.ch berichte. Der christliche Glaube ist das Fundament meines Lebens; harmonisches Familienleben, Kindererziehung, gute Freundschaften und Naturverbundenheit sind meine grössten Prioritäten; Reisen und fremde Kulturen erleben meine Leidenschaft; Backen und Naturkosmetik meine Hobbys und immer 5 Minuten zu spät kommen meine Schwäche.

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