Zwischen Kreuzberg und Neukölln: Berlins hippstes Viertel

Berlin boomt. Keine europäische Stadt wird so gehypt wie die deutsche Hauptstadt. Und wenn Berlin das Louvre der deutschen Touristenziele ist, dann ist die Gegend zwischen Kreuzberg und Neukölln seine Mona Lisa. Immer mehr Städtereisende lockt es beim Berlinbesuch nach Neukölln. Kein Wunder, denn Bars, Restaurants und Boutiquen spriessen hier im Wochentakt aus dem Boden.

Das ehemalige Problemviertel entwickelte sich in den letzten Jahren nicht nur zu einem der begehrtesten Wohngegenden Berlins, auch für Touristen wurde die Gegend, die früher durch die Mauer geteilt war, immer interessanter. In keinem anderen Viertel geht es so lebhaft und pulsierend zu wie in Neukölln. Doch was sollte man gesehen haben? Wir haben einen Guide für alle “Kreuzkölln”-Besucher vorbereitet:

„What can I do for you?“, in Neukölln spricht man englisch. Zumindest in den Bars rund um die Weserstrasse, wo hippe junge Menschen aus aller Welt die Gehwege und Kneipen bevölkern. Das Gebiet im Norden von Neukölln, welches an Kreuzberg grenzt, nennt man vereinfacht „Kreuzkölln“, auch wenn dieser Ausdruck von den Einheimischen nicht gerne gehört wird.

Neukölln ist eine Mischung aus Vorstadtidylle, Problembezirk und Hipsterviertel. Vor einigen Jahren galt es hier noch als gefährlich. Die Rütli-Schule als Beispiel von Jugendkriminalität und der Hermannplatz als einer der gefährlichsten Drogenumschlagplätze Berlins machten Schlagzeilen. Doch mit den günstigen Mieten kamen Künstler und Studenten aus aller Welt. Der raue Charme kam gut an. Bunt, billig, authentisch – so stellt man sich Berlin vor.


Hermannplatz in Berlin-Neukölln (Bild: Wdwdbot, Wikimedia, GNU)

Etwas schmuddelig sieht es rund um den Hermannplatz noch immer aus. Der Marktplatz mit gleichnamiger U-Bahn-Station bildet die Grenze zwischen Kreuzberg und Neukölln und befindet sich somit mittendrin in Berlins angesagtestem Viertel.

Vieles hat sich in Neukölln geändert. Die Rütli-Schule wurde mit neuem Konzept und neuem Namen versehen, die Mieten sind um ein Vielfaches gestiegen. Wo früher Arbeiter ihr Feierabendbier tranken, stehen heute Massen bei Galerie-Openings. Doch vieles hat sich Neukölln auch bewahrt. Auf den Strassen rund um die Sonnenallee reihen sich noch Shisha-Bars, die ihren süsslich-fruchtigen Duft verströmen. Seit den späten 1950er-Jahren kamen türkische Gastarbeiter mit ihren Familien nach Berlin. Türkische Metzger, Frisöre und Dönerbuden prägen das Strassenbild.



Von Märkten und Boutiquen

Kistenweise Limetten, kiloweise Paprika und Meterware Stoff: Der „türkische Markt“ am Maybachufer hat sich von einem reinen Stoffmarkt in ein touristisches Highlight verwandelt. Dreimal die Woche gibt es hier am Landwehrkanal türkische Lebensmittel, Souvenirstände und eine riesige Auswahl an Stoffen.


Der „türkische Markt“ am Maybachufer. (Bild: Orderinchaos, Wikimedia, CC)

Dienstags und freitags kaufen Hausfrauen für die Woche ein. Günstige Lebensmittel und Haushaltswaren locken die Massen. Am Samstag geht es dann eher touristisch zu. Schmuck, Kleidung und Souvenirs laden die Touristen zum Flanieren ein. Besonders empfehlenswert ist es, einen sonnigen Tag abzuwarten. Dann treffen sich am Marktgelände Musiker und verleihen dem Treiben ein ganz besonderes Flair. Man fühlt sich fast auf einen Hippiemarkt in Marokko oder Ibiza versetzt. Dazu ein Gläschen frisch gepressten Granatapfelsaft und ein türkisches Gözeleme, so lässt es sich aushalten.

Wer nach einem ganz besonderen Berlinmitbringsel sucht, der wird in Neuköllns Geschenkläden sicher fündig. Besonders im Graefekiez, zwischen Landwehrkanal und Hasenheide gibt es kleine Läden mit aussergewöhnlichem Sortiment. Da wäre zum Beispiel das Fachgeschäft für Lakritz in der Graefestrasse oder der Steingutladen mit handgemachten Espressotassen in der Fichtestrasse.

Für Freunde von Second-Hand-Klamotten gibt es natürlich auch einige Geheimtipps: In der Pannierstrasse befinden sich gleich zwei Läden mit gebrauchten aber hippen Kleidungsstücken. In der Weserstrasse und der Graefestrasse hingegen werden eher Liebhaber von kleinen Boutiquen auf ihre Kosten kommen.


Pannierstraße in Berlin-Neukölln von der Sonnenallee aus gesehen (Bild: Manfred Heyde, Wikimedia, CC)

Kulinarisches und Nachtleben

Vegan, sudanesisch, moderne „haute cuisine“- zwischen Neukölln und Kreuzberg gibt es kulinarisch nichts, was es nicht gibt. In der Reuterstrasse zwischen Hermannplatz und Rathaus Neukölln lässt es sich beispielsweise bei „Fatima und Frieda“ multikulturell frühstücken. Die Mischung aus türkischen und deutschen Frühstücksoptionen und veganen Varianten sorgen für eine interessante Alternative, sehr empfehlenswert. Vegan geht es auch im Café „No milk today“ in der idyllischen Fichtestrasse weiter. Hier gibt es neben einer kleinen, aber äusserst schmackhaften Frühstücksauswahl zum Beispiel vietnamesischen Kaffee mit Kokosmilch und eine schön gelegene Terrasse dazu. Die Krönung für alle Fans veganer Ernährung ist die Pizzeria „Sfizy“ am Hertzbergplatz, etwas südlicher in Neukölln. Pizza mit Currywurst und Pommes, Meeresfrüchten oder Paprikawurst stehen auf der Karte, natürlich in veganer Variante. Die sicherlich angesagteste Pizzeria ist jedoch „Il Casolare“ an der angesagten Admiralsbrücke am Landwehrkanal. Zwar muss man sich auf lange Wartezeiten und berlintypische, sprich etwas kurz angebundene, Bedienungen einstellen, die Pizza allerdings ist in Grösse und Knusprigkeit unschlagbar.


Vegane Pizzeria in Berlin Neukölln (Bild: Tony Webster, Wikimedia, CC)

Ein absolutes Highlight in Neukölln ist der „Klunkerkranich“. Dahinter verbirgt sich eine Mischung aus Café, Dachterrasse, Bar und Gemeinschaftsgarten. Auf dem Parkdeck der Neukölln Arkaden direkt am Rathaus Neukölln trifft sich die junge Feierszene, Familien mit Kleinkindern und ältere Damen zum Nachmittagskaffee. Der Klunkerkranich liegt etwas versteckt: In den Neukölln Arkaden muss man den Fahrstuhl ins 5. OG nehmen und dann eine Etage weiter hoch laufen. Regelmässig finden auf dem Dach mit unschlagbarer Aussicht über Berlin Flohmärkte, Konzerte und diverse Kurse statt. Es lohnt sich jedoch früh zu kommen, da die Schlange schnell lang werden kann, denn der Klunkerkranich ist beliebt. Gefeiert wird hier jedoch nur bis 12, dann schliesst der Dachgarten.

Doch „Kreuzkölln“ bietet so viele Feiermöglichkeiten, dass man problemlos weiterziehen kann. Statt grosser Clubs herrschen rund um den Hermannplatz Kneipen und Bars vor. Wer abends eine der Kneipenstrassen wie die Weserstrasse entlang läuft, kann im Prinzip nichts falsch machen. Hier reiht sich eine Kneipe an die nächste und das Motto lautet: „Wer die Wahl hat, hat die Qual“.


Karl-Marx-Strasse am Abend (Bild: Luca Abbiento, Wikimedia, CC)

Kulturelles in Neukölln

In den Räumen der ehemaligen Kindl-Brauerei wird zwar nicht mehr gebraut aber dafür gibt es einiges zu sehen. Das Gebäude an sich ist schon überwältigend, aber auch sonst ist das KINDL ein spannender Ort. Im Zentrum für zeitgenössische Kunst wird nicht nur Kunst ausgestellt, es finden auch Künstlergespräche und Vorführungen statt. Kunst kommt auch am Körnerpark nicht zu kurz. Der Park wurde Mitte des 20. Jahrhunderts im neobarocken Stil errichtet. Der idyllische Park liegt etwas versteckt und beim ersten Besuch ist der Überraschungseffekt garantiert. Eine so herrschaftlich angelegte Grünanlage würde man hier nicht unbedingt vermuten. In der ehemaligen Orangerie befindet sich heute eine Galerie, die Wechselausstellungen zeigt. Musikalisch wird es im Sommer, wenn jeden Sonntag kostenlose Konzerte im Park aufgeführt werden. Eine tolle Atmosphäre!



Wer noch mehr Kunst erleben möchte, der sollte sich das Festival „48 Stunden Neukölln“ im Juni auf keinen Fall entgehen lassen. Die Galerien und Ateliers des Bezirks laden in ihre Räume und bieten für das Wochenende viele sehenswerte Performances und Ausstellungen.

Das Gebiet rund um Nordneukölln und Kreuzberg bietet so viele Möglichkeiten, dass ein Kurztrip gar nicht ausreicht, um die Facetten dieser lebendigen Gegend zu erfahren. Aber das ist doch das Schöne an Berlin überhaupt: Egal, wie oft man da ist, es gibt immer noch mehr zu entdecken.

 

Oberstes Bild: Rathaus Neukölln (© -jkb-, Wikimedia, GNU)

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Mehr zu Julia Schattauer

Julia Schattauer ist freie Autorin und leidenschaftliche Bloggerin. Geschichten vom Reisen sind ihr Steckenpferd. Neben nützlichen Fakten geht es ihr in erster Linie ums Storytelling. Darum, den Leser in die Welt mitzunehmen und sein Fernweh zu wecken. Als studierte Kunsthistorikerin, Tourismus-, und Literaturwissenschaftlerin schreibt sie ausserdem über Themen aus Kunst und Kultur.

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