Buona Pasqua! Ostern auf Italienisch

Endlich – der Winter geht, die Pilger sind auf dem Weg und ich beneide meine Freunde um all die leckeren Sachen, die sie in wenigen Tagen geniessen werden. Denn Ostern in Italien heisst, sich etwas zu gönnen. Pasqua, in Italien fast noch wichtiger als Weihnachten, ist eine grossartige Zeit, um Italiens Kultur in allen Facetten zu erleben. Von Nord bis Süd wird in allen Städten und Dörfern des Bel Paese gefeiert!

Denn jetzt dreht sich alles um die Passion Christi. Um mitzufeiern, muss man nicht katholisch sein, denn jeder macht mit. Überall schlängeln sich Prozessionen durch kleinste Dörfer, Menükarten und Bäckereien verführen mit traditionellen Ostergerichten und vielen süssen Überraschungen. Einziger Wermutstropfen: Gleichzeitig startet die Hochsaison und Sie werden nicht die einzigen sein, die ihren Osterurlaub in Italien verbringen oder den Segen Urbi et Orbi auf dem Petersplatz empfangen. Zwar haben grössere Museen und Attraktionen wie Kolosseum, Dogenpalast oder Uffizien auch Ostersonntag geöffnet, aber viele familiengeführte Geschäfte und kleinere Restaurants machen dicht. Schliesslich möchten auch Italiener einmal urlauben! Und fliehen vor der Touristenschwemme aufs Land.


Prozession am Karfreitag (Bild: Vito Rallo, Wikimedia,CC)


Einzigartig: Prozessionen von Florenz bis Palermo

Wagen Sie es trotzdem! Überall sind Prozessionen und Feste, Sie müssen nicht zwingend die grosse Karfreitagsprozession in Rom besuchen. Auch zahlreiche kleine Orte tragen das Kreuz im Gedenken an den Leidensweg Christi durch die Strassen – still und schweigend. In Grassina bei Florenz zieht man in historischen Kostümen hoch zum Kalvarienberg, zum Dank, dass die Pest die Stadt im 14. Jahrhundert verschonte. In Assisi begleitet man das Kreuz der Kathedrale von San Rufino zur Basilica San Francesco, später zieht die Statue der Madonna im abendlichen Fackelschein entlang. Caldana bei Grosseto feiert die Rückkehr des Lichts auf besonders kuriose Weise. In seinen Kellern werden Pflanzen ohne Licht herangezogen. Der Ergebnis: Weisse Blätter, die als Symbol der Auferstehung die Strassen für die Karfreitagsprozession schmücken.

Wie eine einzige Prozession wirkt die Karwoche auf Sizilien. Nicht nur in Palermo bringt man das letzte Abendmahl auf die Bühne und die Karfreitagsfeier in Trapani, die Processione dei Misteri, schreitet ganze 20 Stunden durch die Stadt. 18 kostbare Figurengruppen präsentieren die Stationen des Leidenswegs Christi. Ein Grossereignis – bis in die Nacht auf Ostersamstag weht der Duft von Weihrauch, Blüten und Wachs durch die Strassen. Eine sinnliche Erfahrung auch der Karfreitag in San Fratello: Als Giudei (Juden) kostümiert, lärmen Bürger des Dorfes mit Musik und Kettenrasseln, um vom Leid Jesu abzulenken. Dazu hat das Austragen ritualisierter Konflikte auf Sizilien Tradition. Jeder Heilige hat persönliche Anhänger, die sich untereinander wie Fans von Fussballvereinen (zum Schein!) in den Haaren liegen.


Prozession während der Karwoche auf Sizilien (Bild: Morgantia07, Wikimedia)


Teufel, Tod und Tauben – kuriose Osterbräuche

In Taranto, Apulien, beginnen die Festlichkeiten schon Palmsonntag mit einer Versteigerung der besonderen Art. Gebote von mehreren Zehntausend Euro werden hier auf Figuren von Madonna und Heiligen abgegeben. Dem Meistbietenden wird die Ehre zuteil, seine Statue in die Kirche zu tragen. Und das Geld? Damit wird natürlich das anschliessende Fest finanziert. Für Touristenaugen etwas bizarr geht es auch im sizilianischen Prizzi beim Trionfo della Morte zu: Maskierte, rote Teufel und der Tod, ganz in Gelb und mit Ledermaske vor dem Gesicht, machen Jagd auf Gefangene, um diese auf einen Grappa in die Kneipe zu entführen. Nicht für lange, denn gegen Abend erscheinen Jesus, Maria und zwei Schutzengel, um dem Spuk ein Ende zu machen. Sind Tod und Teufel eingekesselt, endet der Ballo dei Diavoli, der wilde Tanz der Teufel.

Damit verglichen, wirkt ein Brauch aus Greve im Chianti eher harmlos, aber nicht weniger spannend. Hier überquert eine Kunststofftaube den Kirchplatz auf einem Stahlseil, von der Menge und einer Silvesterrakete angefeuert. Etwas, das mich irgendwie an Lo scoppio del carro in Florenz erinnert. Haben zwei weisse Ochsen ihren Karren bis zum Piazza Duomo gezogen, spannt man von dort ein Stahlseil bis zum Altar. Ist der Gottesdienst zu Ende, fliegt auch hier die Taubenrakete an ihrem Seil bis zum Ochsenkarren und entzündet dort ein Feuerwerk. Ein echtes Orakel, denn klappt das Ganze nicht, muss das Feuerwerk per Hand gestartet werden. Dann steht Florenz kein gutes Jahr bevor!


Italienische Ostern-Prozession mit der St. Michaels Statue (Bild: Figiu, Wikimedia, CC)


Ei, ei, ei – zu gross zum Suchen

Eier bunt färben, im Garten verstecken und suchen? Italiener haben keinen Sinn dafür, sondern lassen sie lieber im Teig des Osterkuchens verschwinden. Oder ein Priester segnet sie, sodass sie anschliessend – als Symbol der Auferstehung der Natur – auf dem Tisch ausgebreitet werden, die übrigen Speisen rundherum arrangiert. Aber halt, vor die Freuden des Ostersonntags hat der Herr den Karfreitag gesetzt, an dem leichte Küche wie Fisch bevorzugt wird. Weil man sich (noch) bescheidet, ist Süsses verboten. Ausgelassen wird es erst mit dem Gottesdienst zur Osternacht: Am Samstag um Mitternacht verkündigen die Kirchenglocken die Auferstehung.

Was dagegen aus Schokolade ist, darf etwas grösser sein. So gross, dass es sich sowieso nirgends verstecken lässt. Gigantisch und in kreischend bunte Folie verpackt, warten die italienischen Supereier, mit Zuckerguss nach Art eines Lebkuchenherzens verziert, in Supermärkten und Konfiserien auf Käufer-Eltern. Manche sind bis zu einem Meter hoch, die Schleifendeko nicht selten grösser als das Ei selbst. Die Kinderüberraschungen in XXL vor dem Ostermorgen zu schlachten ist verboten. Aber dann quillt alles hervor, was das Kinderherz begehrt, vom pinkmähnigen Glitzereinhorn bis zum Modelltruck.


Osterprozession in Apulien (Bild: Dieter Schütz / pixelio.de)


Erst Familiengelage, dann raus ins Grüne – Osteressen

Jeder Region ihre Tradition, auch zu Ostern, aber ein paar Gerichte liebt Italien überall. Wie Lamm, ob gegrillt als Abbachio oder aus süssem Marzipan, wie auf Sizilien. Weil die Fastenzeit endlich vorbei ist, darf das Mittagessen nach der Messe gern viele Stunden dauern. Zum Abschluss geniesst man die Colomba di Pasquale, einen luftig gebackenen Kuchen mit Rosinen, Mandeln, kandierten Früchten und grobem Zucker. Die Taube, die Noahs Arche die Rettung verkündete. Tipp: Ein bisschen im Ofen warmmachen und dann tief in den Cappuccino tauchen.


(Bild: N i c o l a, Wikimedia, CC)


Auch an Pasquetta, dem kleinen Ostern bzw. Ostermontag, dreht sich alles um das Wiedererwachen der Natur. Feiern Sie Ostern wie die Italiener – mit einem Picknick gemäss dem Sinnspruch: Natale con i tuoi, Pasqua con chi vuoi, sprich, Weihnachten mit der Familie, Ostern mit denen, die Sie sich selbst aussuchen. Was niemand wörtlich nimmt, sodass alle Welt am Ostermontag mit Familie, Freunden und Klappstuhl zu einem Ausflug in Grüne aufbricht. Darf im Picknickkorb nicht fehlen: eine herzhafte Torta di Pasquetta, eine Art Quiche, gefüllt mit Eiern, Ricotta und Spinat, die auch kalt noch klasse schmeckt. Und vielleicht ein Risotto all’Ortica mit Brennnesseln? Absolut nicht verrückt, sondern in Italien sehr beliebt.

Osterfrühstück: Vino erlaubt!

Lange schlafen, ja, bis zum Mittagessen warten, nein: Das Frühstück ist die wichtigste Mahlzeit, der Ostersonntag macht da keine Ausnahme und beginnt mit einem opulenten Frühstück ohne Reue. Jeder kommt auf seine Kosten, ob herzhafte oder süsse Präferenz. In Kampanien südlich von Lazio zum Beispiel isst man Pastiera Napoletana zum Frühstück, eine saftige Pastete mit knuspriger Kruste, die innen mit einem Mix aus Ricotta, ganzen Weizenkörnern, Eiern und kandierten Früchten überrascht – da sind sie wieder, die Früchte, die die Auferstehung symbolisieren. Wer es deftiger mag, weicht auf Salame Corrallino und hartgekochte Eier aus. Ja, und die Italiener haben tatsächlich einen Weg gefunden, schon zum Frühstück Wein zu trinken: Wie sonst soll man all dieses Essen hinunterspülen?

 

Oberstes Bild: Die Staue des Johannes des Täufers während der Affruntata, religiöser Tradition am Ostersonntag im Süden Italiens  (Bild: Vale maio, Wikimedia, CC)[vc_text_separator title=“Wo liegt dieses Reiseziel?“ title_align=“separator_align_center“ color=“grey“][vc_gmaps link=“https://www.google.ch/maps?q=Italien&hl=de&sll=46.362093,9.036255&sspn=6.012101,9.876709&oq=itali&hnear=Italien&t=m&z=6″ size=“350″]

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