Carcassonne im Süden Frankreichs: Das Dornröschenschloss, die Cité von Carcassonne
VON Natalia Muler Europa Frankreich
Es war aber das Mittelalter, als Aude seine Blütezeit erlebte, als in verschiedenen auch sonst sehr märchenhaften Winkeln malerische Schlösser und Abteien wie nach einem Schwenk mit dem Zauberstab erschienen. Die Mehrheit von ihnen wurde zwischen dem 11. Und dem 14. Jahrhundert erbaut und bildet die wichtigsten Zwischenstopps dieser Reise, die uns durch Aude führt und in Carcassonne, der Hauptstadt des Départements beginnt.
Die Cité von Carcassonne, seit 1997 Weltkulturerbe von UNESCO, ist eine der wichtigsten und beeindruckendsten Sehenswürdigkeiten in der Region und mit vier Millionen Besuchern pro Jahr eines der meist gewählten Reiseziele Frankreichs. Die Festung liegt am rechten Ufer des Flusses Aude und hat ihre Ursprünge in gallo-römischer Zeit, obwohl sie erst im Mittelalter auf ihre heutigen Dimensionen ausgebaut wurde. Wegen ihrer Grösse war und bleibt die Cité von Carcasonne absolut einzigartig in Europa.
Im 13. Jahrhundert entstand am linken Ufer der Aude die Unterstadt, die im Laufe der Jahrhunderte ununterbrochen wuchs, und wo sich heute das Leben der modernen Stadt abspielt. Infolgedessen geriet die Altstadt in einen Zustand des zunehmenden Verfalls. Erst 1853 wurde die Festung vom Architekten Eugène Viollet-le-Duc gründlich restauriert. 2014 wird in Carcassonne sein 200. Geburtstag gefeiert, dem zahlreiche Ausstellungen und Veranstaltungen in der Stadt gewidmet sind.
Die auch jetzt immer noch bewohnte mittelalterliche Festungsanlage ist von einem doppelten Mauerring umgeben. Der Haupteingang der Cité ist die Porte Narbonnaise. Hinter diesem Haupttor werden die Besucher auf den bezaubernden Strässchen und Gässchen in die mittelalterliche Stadt entführt, denn die Rekonstruktion, die im 19. Jahrhundert stattfand, wurde so originalgetreu durchgeführt, dass der Besuch in der heutigen Cité eine kurze Zeitreise in die mittelalterliche Epoche möglich macht.
Fast alle Strassen führen zur ehemaligen Kathedrale und heutigen Basilika St-Nazaire und St-Celse. Der Papst Urban II. besuchte 1906 Carcassonne und segnete Steine, die für den Sakralbau bestimmt waren. Zuerst entstand das heutige Langhaus, im romanischen Stil gebaut; der Ausbau im gotischen Stil wurde erst 1330 vollendet. Bis Anfang des 19. Jahrhunderts war die Kathedrale Bischofssitz. Der Kirchenbau befindet sich am höchsten Punkt und gleichzeitig im Zentrum der Cité von Carcasonne.
Interessanterweise und als ein kurioser Beweis, wie sich die Gegensätze immer anziehen, war Carcassonne der zentrale Verwaltungsort der katholischen Inquisition in Südfrankreich und zur gleichen Zeit das Zentrum der Katharerbewegung. Der Begriff „Katharer“, von dem eigentlich das spätere Wort „Ketzer“ abgeleitet wurde, bedeutet wortwörtlich „die Reinen“. So hiessen die Anhänger der Glaubensbewegung, einer dualistischen Form des Christentums, die sich selbst als „wahre“ Form des Christentums betrachtete. Sie sahen die Welt als böse an, Befreiung der Seele war nur durch Consolamentum, die Geisttaufe, möglich. Unter Consolamentum wurde die feierliche Zeremonie verstanden, in dem die Novizen in den engen Kreis der katharischen Kirche aufgenommen wurden. Da die Bosheit der Welt und die Tatsache ihrer Erschaffung durch Gott selbst das katharische Glaubensbild durcheinanderbrachte, lehnten sie das Alte Testament ab und gründeten ihre Lehren vor allem auf dem Evangelium von Johannes. Die Katharer wurden von der römisch-katholischen Inquisition als Häretiker verfolgt und vernichtet.
Das andere Hauptgebäude in der Cité von Carcassonne ist Château Comtal, eine Burg aus dem 12. Jahrhundert. Der Legende nach verdankt die ganze Stadt der Madame Carcas, die damals Herrin der Festung war, ihren Namen. Als die Burg einmal über längere Zeit belagert wurde, beschloss die kluge Madame, ein Schwein zu mästen, obwohl die Menschen in der Burg sehr an Hunger litten. Dann warf sie das dicke Schwein vor die Burgmauer. Die Belagerer, die selbst schon bei letzten Kräften waren, nahmen an, dass in der Burg noch jede Menge Provision gibt und zogen niedergeschlagen fort. Als die Burgglocken das Ende der Belagerung mit Freude und Jubel annoncierten, soll einer der Belagerer gesagt haben: „Madame Carcas sonne“, was übersetzt heisst „Madame Carcas läutet“, woher auch der Name der Stadt Carcasonne stammt.
Natürlich kann man die Cité von Carcasonne nicht verlassen, bevor man einen Spaziergang durch den Zwinger, den malerischen Gang zwischen den beiden Festungsmauern unternimmt. Der Weg ist über drei Kilometer lang und versetzt die Besucher in die gloriose Zeit der furchtlosen Ritter und Könige.
Die Festungsanlage ist so ausdrucksvoll, dass sie Walt Disney beim Schaffen seiner Zeichentrickfilme „Dornröschen“ und „Schneewittchen“ inspirierte. Ausserdem wurde die historische Festung als Filmkulisse und Drehort für zahlreiche Spielfilme genutzt: 1965 fanden hier die Komödie „Scharfe Sachen für Monsieur“ und 1993 der historische Film „Die Besucher“ einen idealen Drehort.
Oberstes Bild: Die Cité von Carcassonne – Das Dornröschenschloss (Bild: Helmut Wegmann / pixelio.de)[vc_text_separator title=“Wo liegt dieses Reiseziel?“ title_align=“separator_align_center“][vc_gmaps type=“m“ zoom=“14″ link=“https://maps.google.com/maps?q=Carcasona,+Francia&hl=es&sll=37.0625,-95.677068&sspn=38.963048,86.572266&oq=carcas&hnear=Carcassonne,+Aude,+Languedoc-Roussillon,+France&t=m&z=12″ size=“350″]