Die Berner Altstadt – Ein spontaner Ausflug mit Besichtigung des Berner Münsters

Vielleicht kennen Sie das auch: Ein lange geplanter Ausflug, in den Sie grosse Erwartungen setzten, konnte diese letztendlich nicht erfüllen. Oder aber das Gegenteil: Sie unternehmen etwas ganz spontan und werden so positiv überrascht, dass Sie immer wieder gerne an diesen Tag zurückdenken.

So erging es einer Kollegin und mir bei einem Treffen in unserer Hauptstadt. Darüber möchte ich Ihnen hier berichten, und falls Sie sich auch für Geschichte und Architektur begeistern, kann ich Ihnen sehr empfehlen, Bern selbst zu erkunden: Sie werden es nicht bereuen!

Im vergangenen Herbst traf ich mich also mit einer Kollegin in Bern. Wir hatten uns lange nicht gesehen und wollten eigentlich nur zusammen essen und ein paar Neuigkeiten austauschen. Bern war zufällig gewählt, weil es in der Mitte unserer Wohnorte liegt. Dass wir eine einmalige Stadtrundfahrt durch unsere traumhaft schöne Hauptstadt und hochinteressante Informationen zur Geschichte und den Bauwerken bekommen werden, ahnten wir nicht. Wir trafen uns am Bahnhof und machten uns auf den Weg, ein thailändisches Restaurant zu suchen, da wir beide die feurige Thaiküche mögen. Wir schlenderten in Richtung der barocken Heiliggeistkirche, die sich in unmittelbarer Bahnhofsnähe befindet. Sie gilt als eines der Wahrzeichen der Hauptstadt.

Durch die gepflegten Lauben der Spitalgasse gelangten wir zum Bärenplatz mit seinen Cafés und Restaurants. Bern gefiel uns auf Anhieb. Vor allem aber fielen die historischen Gebäude aus Sandstein auf. Als wir gerade nach einem Thairestaurant fragen wollten, hielt neben uns eine Rikscha und strahlte uns ein junger Inder an: Ob wir Lust auf eine Fahrt hätten? Hatten wir! Und zwar bis zum nächsten thailändischen Restaurant. Auf der kurzen Fahrt dorthin erwies sich unser Rikschafahrer nicht nur als äusserst orts- und geschichtskundig, sondern auch als richtig begeistert von seiner Wahlheimat Bern. Kurzentschlossen buchten wir für den Nachmittag eine Stadtrundfahrt bei ihm. So ist Bern: es wirkt gleichzeitig lebensfroh, international und gemütlich und das inmitten von denkmalgeschützten Gebäuden.


Die gepflegten Lauben der Spitalgasse (Bild: © Leonid Andronov – shutterstock.com)

Das Lokal, vor welchem wir schliesslich mit einem feurigen Thaicurry in der Sonne sassen, liegt im Herzen der Hauptstadt, an der Münstergasse. Ich war erstmals einfach so in Bern, ohne zu einem Termin zu hasten, dafür mit Muse, das Flair dieser Weltkulturstadt auf mich wirken zu lassen. Bern hat mein Herz im Sturm erobert. Was mir sofort auffiel: Ein Grossteil der Altstadt wurde mit Sandstein errichtet. Ich mag Sandstein, er erinnert mich an meine Lieblingsstadt, nämlich Valletta, die Hauptstadt Maltas. Auch in der Schweiz kommt dem Sandstein eine grosse kulturhistorische Bedeutung zu. Das wusste ich bis dahin nicht und ich habe mich später genauer informiert:

Das bei uns verwendete Gestein stammt aus Schweizer Abbau. Es handelt sich um einen vor rund 25 Millionen Jahren entstandenen Molasse-Sandstein. Das ist ein Sedimentgestein, welches je nach Abbauort verschiedene Farbtendenzen aufweist. Als Berner Sandstein ist jenes Gestein bekannt, welches in Krauchthal, in Ostermundigen sowie am Gurten teilweise schon seit dem 15. Jahrhundert abgebaut wird. Ein 5 bis 15 Kilometer langer Sandsteinstreifen erstreckt sich von Schaffhausen bis Lausanne, erreicht sein grösstes Vorkommen in der Region Bern und reicht von dort bis nach Freiburg.

Nicht jeder Sandstein weist eine zuverlässige Verwitterungsbeständigkeit auf, weshalb etliche Mitte des 19. Jahrhunderts erbaute Gebäude in der Berner Altstadt bereits einer Renovation unterzogen werden mussten. Die intakte Altstadt zählt zum UNESCO-Welterbe: Die Denkmalpflege hat hier also alle Hände voll zu tun. Wenn Sie sich näher über den Sandstein informieren möchten, haben Sie die Möglichkeit auf dem Sandstein-Lehrpfad bei Krauchthal. (Interessant sind hier auch die Wohnhäuser im Fels der „Sandsteinflühe“, welche seit dem 16. Jahrhundert bewohnt werden.)


Die intakte Altstadt zählt zum UNESCO-Welterbe (Bild: © Leonid Andronov – shutterstock.com)

Das wahrscheinlich eindrücklichste Bauwerk der Hauptstadt ist das Berner Münster. Hier haben wir etwa eine Stunde zugebracht. Dieser spätgotische Sakralbau ist der bedeutendste der Schweiz und wer ihn besuchen möchte, sollte sich ausreichend Zeit dafür nehmen. Sein Grundstein wurde im März 1421 gelegt, der damalige Bauherr war Matthäus Ensinger. Bis 1455 erstellte man Kapellen und Portalvorhallen an der Nordseite sowie das Altarhaus und brachte die prächtigen Chorfenster an. In einer zweiten Bauetappe zwischen 1449 und ca. 1485 kam ein Neubau hinzu, begannen der Westbau und der Bau des Hauptportals, welches 1485 unter dem Münsterbaumeister Erhart Küng vollendet wurde.

Die dritte Bauetappe begann 1489 und endete wahrscheinlich 1575. Während der Reformzeit wurde der Bau unterbrochen. Die Bauherren waren zu dieser Zeit von 1505 bis 1520 Peter Pfister und von 1571 bis 1575 Daniel Heintz. In dieser Etappe wurden unter anderem Chor und Schiff an der Nordwand, das Chorgewölbe, das Mittelschiff, die Turmhalle und die nördliche Westvorhalle fertiggestellt. Letztendlich vollendete man in der vierten Bauetappe zwischen 1889 und 1893 den neugotischen Turm, der die Münster in Ulm, Strassburg und Freiburg i.B. zum Vorbild hatte. Verantwortlich waren der Architekt August Beyer und Bauführer August Müller.


Die Altstadt von Bern am Abend (Bild: © ventdusud – shutterstock.com)

Die ist natürlich eine stark zusammengefasste Geschichte des Berner Münsters, wenn Sie sich ausführlich informieren möchten, finden Sie nicht nur viel Wissenswertes im Internet, sondern können interessante Lektüre direkt im Münster beziehen. Hunderte von Jahren wurde am Berner Münster gebaut, und nach wie vor haben Bauleute alle Hände voll zu tun. Für den Erhalt der historischen Gebäude und Plätze braucht es nicht nur bestens geschulte Fachleute, sondern ebenso die Schweizer Natursteinproduzenten, welche auch bei den Arbeiten rund um das Berner Münster unverzichtbare Partner sind. So wurden bereits die neuen Brüstungselemente der Münsterplattform aus Berner Sandstein fertiggestellt. Weitere Renovationen am Berner Münster werden noch längere Zeit andauern.


Hunderte von Jahren wurde am Berner Münster gebaut (Bild: © Matt Ragen – shutterstock.com)

Der Unterhalt eines solchen Gebäudes ist für die Handwerker eine echte Herausforderung. Aber auch die laufenden Kosten sind enorm. Die Berner Münster-Stiftung kann nicht aus dem Vollen schöpfen. Leider wurden die Bundesbeiträge an die Denkmalpflege schmerzhaft gekürzt. Es fehlt dringend benötigtes Geld, um dieses wertvolle Gebäude zu unterhalten. Falls Sie den Verein der Freunde des Berner Münsters unterstützen möchten, lassen Sie eine alte Tradition weiterleben, denn bereits im Mittelalter war man beim Bau des Münsters auf private Spenden angewiesen. Sie können eine Jahresmitgliedschaft der Berner Münster-Stiftung lösen oder eine Patenschaft für eine der Figuren am Gebäude übernehmen.



Wir haben auf unserer Rikscha-Rundfahrt enorm viel Wissenswertes über die Geschichte der Stadt Bern erfahren. Als ich erwähnte, dass ich regelmässig über Reisen, Ausflüge und Denkmalschutz schreibe, bekam ich von unserem fantastischen Stadtführer zu diversen Bauwerken jede Menge Informationen. Aber darauf war ich gar nicht gefasst und hatte kein Schreibzeug dabei, um mir Notizen zu machen. Bern verfügt über einen enormen Reichtum an wichtigen Zeitzeugen, es hat eine Altstadt wie aus dem Bilderbuch. Ich werde noch in diesem Frühjahr mit ausreichend Zeit zurückkehren, und Ihnen gerne die Sehenswürdigkeiten der Schweizer Hauptstadt in einem weiteren Artikel ausführlich vorstellen.

 

Oberstes Bild: © Vogel – shutterstock.com

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