Wandern am türkisblauen Urnersee – von Flüelen nach Sisikon und weiter bis Brunnen (Teil 2)

Der „Weg der Schweiz“ wird beim Hafen von Flüelen fortgesetzt. Er verläuft anfangs circa eine Viertelstunde entlang des Sees und durch ein Wohnquartier. Dann geht es vorbei am beliebten Strandbad, und schon bald erreicht ihr den Campingplatz. Der Strand ist im Sommer recht belebt, und wenn der Föhnsturm kräftig bläst, finden sich hier die Surfer ein. Man mag es kaum glauben, aber tatsächlich können sich auf dem Urnersee beachtliche Wellen bilden.

Die Strecke bis Sisikon erfordert weder Wanderkarte noch Orientierungssinn, da sie praktisch die ganze Zeit dem Seeufer folgt. Langeweile kommt aber ganz sicher keine auf: Wer einen gemütlichen Weg erwartet, auf dem er dahinschlendern kann, wird überrascht sein.

Ein munteres Auf und Ab kommt nämlich auf den Wanderer zu, der während der ganzen Etappe immer wieder mal ein paar Treppen steigen muss. Mal befindet man sich hoch über dem Urnersee, dann wiederum plätschern kleine Wellen direkt neben dem Weglein ans Ufer. Nach etwa einer Dreiviertelstunde wird eine erste Galerie an der neuen Axenstrasse erreicht und man muss dann über circa 200 Meter mit Strassenlärm vorlieb nehmen.


Dieser Artikel ist Teil einer zweiteiligen Serie über den „Weg der Schweiz“.

Teil 1: 35 Wanderkilometer rund um den Urnersee

Teil 2: Von Flüelen nach Sisikon und weiter bis Brunnen


Flüelen aus der Luft. (Bild: © Flyout / Wikimedia / CC)

Schon bald wird es aber wieder ruhiger, denn nach der Durchquerung eines Felstunnels läuft der Wanderweg direkt auf der alten Axenstrasse. Die ist verkehrsfrei und erlaubt teilweise atemberaubende Tiefblicke. Die alte Axenstrasse, die nach Plänen des Urner Ingenieurs Karl E. Müller Mitte des 19. Jahrhunderts in den Fels geschlagen wurde, gilt auch heute noch als ein Meisterstück der Strassenbaukunst. Der Blick auf das Reussdelta und zurück nach Flüelen ist grandios. Auch auf dieser Strecke zeugen über den Weg gespannte Stahlnetze davon, dass man sich eigentlich in rauer Natur befindet: Die Steinbrocken, welche damit aufgefangen werden, haben zum Teil eine beträchtliche Grösse.

An einem so wundervollen Ort darf ein Rastplatz nicht fehlen. Den gibt es natürlich auch hier: Axenfluh verfügt über Tisch und Bänke, und eine Panoramatafel gibt Auskünfte über das herrliche Bergpanorama ringsum. Nach einer kurzen Pause und dem Geniessen der Urner Naturschönheiten folgt leider nochmals ein Abschnitt entlang der vielbefahrenen neuen Axenstrasse. Der gelegentliche Verkehrslärm ist der einzige Wermutstropfen auf dieser grossartigen Route.

Falls ihr nicht ganz schwindelfrei seid, solltet ihr euch einen letzten Tiefblick hinunter zum See verkneifen. Ich habe zwar keine Probleme damit, aber nicht alle Wanderkollegen wagen sich hier nahe ans Geländer. Für den weiteren Wegverlauf, der in bequemen Serpentinen bergab führt, bitte kurz aufpassen! Zwar ist es kaum möglich, sich auf dem „Weg der Schweiz“ zu verlaufen, jedoch ist es nun wichtig, nicht zum Hotel Tellsplatte zu laufen, sondern hinab zum See. Ihr würdet sonst ein Highlight dieser Etappe verpassen: Die Schweizer Schokoladenindustrie stiftete ein riesiges Glockenspiel, das grösste der Schweiz. Ob euch gefällt, was die 37 Bronzeglocken für euch spielen, entscheidet ihr selbst: Jeweils zur vollen Stunde kann während 10 Minuten das Glockenspiel von einem Steuerpult aus in Gang gesetzt werden. Zu den 20 Melodien, die zur Auswahl stehen, gehören auch Opern und Volkslieder.


Die Tellskapelle, drei Kilometer südlich von Sisikon. (Bild: © Roland Zumbühl – Picswiss / Wikimedia – CC)

Wie wäre es mit der Ouvertüre zu Rossinis Oper „Wilhelm Tell“, als Einstimmung auf die nun folgenden historischen Orte? Denn links leitet der Wanderweg über steile Stufen hinunter zur Tellskapelle, direkt am See. Auf einem malerischen Uferweg werden die nächsten Serpentinen erreicht, auf denen es wieder hinauf zur neuen Axenstrasse geht. Ein Wander- und Radweg auf der Aussenseite des Felsens (nicht in den Tunnel laufen!) endet in Sisikon, dem Ziel der dritten Etappe des „Weges der Schweiz“.

Durch das kleine, 800-jährige Dorf geht’s weiter bis zu einer Holzbrücke, wo nach links der „Weg der Schweiz“, wie inzwischen gewohnt, von einem stilisierten Kreuz auf dem Wegweiser angezeigt wird. Für diese Etappe solltet ihr wieder die Wanderstöcke dabeihaben, denn nun heisst es erst einmal: steil bergauf steigen. Bei einem Schützenhaus ist die Höhe noch längst nicht erreicht, jedoch lohnt es sich, hier kurz zu verschnaufen und die grandiose Aussicht über Sisikon, den türkis schimmernden Urnersee und das gegenüberliegende Bergpanorama zu geniessen.


Blick vom Fronalpstock auf Sisikon. (Bild: © Badener – Wikimedia – CC)

Weite Teile der folgenden Strecke ähneln einer Höhentour: Ohne nennenswerten Höhenunterschied und mit herrlichen Weitblicken wird der Bergbauernhof Tannen erreicht. Allerdings ist mitunter unterwegs mit Umleitungen zu rechnen, da bei Steinschlaggefahr Teilabschnitte gesperrt sind. Aber macht euch keine Sorgen, denn in einem solchen Fall gibt es eine Umleitung und Schilder mit den nötigen Informationen. Der genannte Hof gehört zu den ältesten der Schweiz. Gleich daneben solltet ihr euch von einer kleinen Anhöhe den atemberaubenden Alpenpanorama-Blick gönnen.

Die weitere Wegstrecke führt leicht bergauf, wo auf der Schilthöhe, dem höchsten Punkt dieser Etappe, ein Rastplatz mit Wasserstelle zum Ausruhen und Picknicken einlädt. In der Nähe lässt sich ein weiterer, urchiger, sehr alter Bauernhof bestaunen. Ein Wegweiser zeigt die Richtung Morschach an, und steil bergab wird die St.-Franziskus-Kapelle erreicht. Sie stammt aus dem Jahr 1670, und ich halte hier immer kurz an und lasse die besondere Atmosphäre dieses Ortes auf mich wirken.

Im Dorfzentrum von Morschach wird eine Kreuzung überquert und kurze Zeit müsst ihr mit dem Asphalt des Trottoirs vorliebnehmen, bevor neben einem Sportplatz der Wanderweg fortgesetzt wird. Bergab geht es zum Axenstein, wo die nächste eindrückliche Aussicht wartet. Schon ist Brunnen, das Ziel des „Weges der Schweiz“, im Blickfeld. Bis dorthin solltet ihr noch eine Stunde einplanen. Noch einmal wird ein kräftiger Abstieg unter die Sohlen genommen, der vor allem im Winter, wenn Schnee liegt, etwas heikel zu begehen ist. Hier sind wiederum Wanderstöcke angebracht. Die letzte halbe Stunde führt teilweise die Strasse entlang und abschliessend direkt am Ufer des Urnersees bis zum Hafen von Brunnen.


Brunnen, das Ziel des „Weges der Schweiz“, Ansicht von Morschbach. (BIld: © Andreas Faessler – Wikimedia – CC)

Ich mag es, wenn es nicht allzu spät ist, den Tag mit einer Schiffsfahrt ausklingen zu lassen. Wenn gerade ein Dampfschiff in Richtung Luzern ablegt, ist das natürlich ein toller Abschluss eines gelungenen Wandertages. Auch gemütlich mit einem Schiff nach Flüelen zu fahren, ist interessant: Dann kann man aus dieser Perspektive noch einmal die Strecke anschauen, welche zuvor auf dem „Weg der Schweiz“ zu Fuss zurückgelegt wurde.

Die einzelnen Etappen bieten beinahe zu jeder Jahreszeit ein erholsames und erlebnisreiches Wandererlebnis. Nach Schneefall oder starken Regenfällen geben die Tourismusbüros Auskunft, welche Strecke begehbar ist.

 

Oberstes Bild: Flüelen, von der Axenstrasse aus gesehen – © Andreas Faessler – Wikimedia – CC

author-profile-picture-150x150

Mehr zu belmedia Redaktion

belmedia hat als Verlag ein ganzes Portfolio digitaler Publikums- und Fachmagazine aus unterschiedlichsten Themenbereichen aufgebaut und entwickelt es kontinuierlich weiter. Getreu unserem Motto „am Puls der Zeit“ werden unsere Leserinnen und Leser mit den aktuellsten Nachrichten direkt aus unserer Redaktion versorgt. So ist die Leserschaft dank belmedia immer bestens informiert über Trends und aktuelles Geschehen.

website-24x24
jQuery(document).ready(function(){if(jQuery.fn.gslider) {jQuery('.g-16').gslider({groupid:16,speed:10000,repeat_impressions:'Y'});}});