Am Nabel der Welt – die Grabeskirche in Jerusalem

Sie gehört zu den heiligsten Orten der Christenheit, gleich welcher Konfession – die Grabeskirche in Jerusalem. Sie wurde an der Stelle errichtet, wo sich der Überlieferung nach das Grab Jesu befand und die Auferstehung stattfand.

Die Grabeskirche bildet neben der Klagemauer und dem Felsendom einen der drei zentralen Punkte der Jerusalemer Altstadt, wo sich die drei Weltreligionen Christentum, Judentum und Islam begegnen. Der Besuch der Grabeskirche ist sicher ein Höhepunkt jeder Reise ins Heilige Land.


Diagramm von Golgota mit der Kreuzigungsstätte und dem Grab Jesu (Bild: Yupi666, Wikimedia, CC)


Entdeckung, Zerstörung und Wiederaufbau

Es ist ein wuchtiger, fast ein wenig festungsartig wirkender Gebäudekomplex, der sich Besuchern beim Blick vom mauerumsäumten Vorplatz auf den Eingang bietet. Der eigentliche Kirchenbau stammt aus dem 12. Jahrhundert und wurde errichtet, als die Kreuzritter im ersten Kreuzzug Jerusalem von den Arabern zurückerobert hatten. Etwas älter ist die sogenannte Rotunde, die sich rund um das Grab Jesu erstreckt.

Im 4. Jahrhundert n. Chr. hatte Kaiserin Helena, die Mutter Kaiser Konstantins, Jerusalem besucht und unter einem römischen Aphrodite-Tempel das Grab Jesu gefunden. An dieser Stelle liess ihr Sohn eine Kirche mit einer Rotunde über dem Grab errichten. Im Jahre 1009 befahl der ägyptische Kalif Al-Hakim die Zerstörung der Grabeskirche, dabei wurde auch das bis dahin noch weitgehend erhaltene Felsengrab abgebrochen. Heute sind daher nur noch Bruchteile davon erhalten. Das Zerstörungswerk war die Folge einer Radikalisierung im damals eher toleranten Islam und löste im mittelalterlichen Europa grosses Entsetzen aus, das schliesslich in den Ersten Kreuzzug mündete. Nach mittelalterlicher Vorstellung bildete die Grabeskirche den ‚Nabel der Welt‘ – was so viel wie Mittelpunkt oder Zentrum der Welt bedeutet.


Stein des Anstosses in der Grabeskirche in Jerusalem (Bild: Ondřej Žváček, Wikimedia, GNU)


Glauben und Wissenschaft

Die mit dem Grab und der Auferstehung verbundene christliche Botschaft ist eine Sache des Glaubens. Aber auch die Wissenschaft hat sich eingehend mit dem Ort der Grabeskirche befasst und untersucht, inwieweit das, was dort zu sehen ist, mit den Angaben in den Evangelien und den historischen Ausgrabungen und Erkenntnissen übereinstimmt. Danach ist die Annahme, dass sich an dieser Stelle das Grab Jesu befand, durchaus plausibel. Das Gelände der Grabeskirche lag zur Zeit Jesu nachweislich ausserhalb der Stadtmauern, auf dem Gebiet der Kirche sind mehrere Gräber oder Grabnischen zu finden, die sich auf den Zeitraum um das Jahr Null und die ersten Jahrzehnte danach zurückführen lassen. Hier existierten also tatsächlich Grabstätten. Auch die lange historische Überlieferung spricht für den Ort. Die meisten Wissenschaftler sind daher von der Authentizität überzeugt.


Der vermutliche Grab Jesu ist von einer Ädikula überbaut. (Bild: Jlascar, Wikimedia, CC)


Tiefe Eindrücke am Ort des Grabes

Die zentrale Stelle der Grabeskirche ist natürlich der Ort des Grabes selbst. Es ist von einer Ädikula überbaut. Als Ädikula wurden in der Antike kleine Heiligtümer oder tempelartig gestaltete Grabmäler bezeichnet. Die Ädikula über dem Grab Jesu ist im Stil eines türkischen Kiosks gestaltet, der von einem kleinen Turm gekrönt und von der mächtigen Kuppel über der Rotunde überwölbt wird. Die Kuppel ist die grössere von zweien der Grabeskirche, die kleinere befindet sich über dem Mittelschiff. Vor allem in der Karzeit und an Ostern wird die Grabeskirche von Pilgerströmen besucht. Es ist ein besonderes Erlebnis, an dieser Stelle Gottesdienst zu feiern. Und kein Besucher, der bei solch einer Gelegenheit, wie zum Beispiel dem orthodoxen Lichterfest, hieran teilnimmt, wird sich dem tiefen Eindruck dieses Ortes entziehen können.

Dabei ist das Grab keineswegs die einzige heilige Stelle in der Grabeskirche. Rechts neben dem Eingang liegt der Felsen Golgota. Das ist der Ort, wo nach dem Neuen Testament Jesus gekreuzigt wurde. Am Salbungsstein beim Eingang soll der Leichnam einbalsamiert worden sein. Die Kreuzauffindungskapelle soll der Platz sein, wo das Kreuz gefunden wurde.


Grabeskirche in Jerusalem – Innenansicht (Bild: israeltourism, Wikimedia, CC)


Ein jahrhundertealter Konfessions-Streit

Die Grabeskirche ist kein unumstrittenes Territorium. Sechs christliche Konfessionen, die griechisch-orthodoxe, die syrisch-orthodoxe der Kirche von Antiochien, die römisch-katholische – vertreten durch Franziskaner –, Armenier, ägyptische Kopten und Äthiopier teilen sich den Kirchenraum. Jede Konfession hat dabei genau abgegrenzte Flächen, die sich in ihrem Besitz befinden. Auch die Gebets- und Gottesdienstzeiten am Grabesort sind genau geregelt und Ergebnis eines komplizierten Prozesses. Nicht immer ist das Zusammenleben der Konfessionen in der Vergangenheit konfliktfrei gewesen. Es kam häufiger zu Auseinandersetzungen wegen Verstössen gegen die getroffenen Regelungen und unterschiedlicher Interpretationen. So ist die Grabeskirche auch ein Symbol für die Spaltung der Christenheit.



Moslems bewachen Zugang

Nicht zuletzt aus diesem Grund liegt der Zugang zu diesem heiligen Ort seit Jahrhunderten in der Hand zweier moslemischer Familien. Die Familie Nusseibeh verwahrt die Schlüssel, die Familie Joudeh öffnet morgens die Haupttür und schliesst sie abends wieder. Bereits zu Zeiten des legendären Sultans Saladin tauchen die Namen beider Familien im Zusammenhang mit der Grabeskirche auf. Das zeigt, wie alt der Streit um die Besitzansprüche ist. Heutigen Besuchern sind diese Auseinandersetzungen nur schwer nachvollziehbar. Sie lassen sich eher von der mystischen Wirkung des Ortes bewegen.

 

Oberstes Bild: Grabeskirche in Jerusalem – Eingangsbereich (© Berthold Werner, Wikimedia, CC)[vc_text_separator title=“Wo liegt dieses Reiseziel?“ title_align=“separator_align_center“ color=“grey“][vc_gmaps link=“https://maps.google.de/maps?q=Jerusalem,+Israel&hl=de&sll=51.358062,10.415039&sspn=10.613057,19.753418&oq=Jerusalem&hnear=Jerusalem,+Israel&t=m&z=11″ size=“350″]

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Mehr zu Stephan Gerhard

ist seit Jahren als freier Autor und Texter tätig und beschäftigt sich bevorzugt mit Themen rund um Finanzen, Geldanlagen und Versicherungen sowie Wirtschaft. Als langjähriger Mitarbeiter bei einem Bankenverband und einem grossen Logistikkonzern verfügt er über umfassende Erfahrungen in diesen Gebieten.

Darüber hinaus deckt er eine Vielzahl an Themen im Bereich Reisen, Tourismus und Freizeitgestaltung ab. Er bietet seinen Kunden kompetente und schnelle Unterstützung bei der Erstellung von Texten und Präsentationen.

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