Eine Reise in die römische Vergangenheit
VON Winfried Meyer Alle Länder Europa Schweiz
Augusta Raurica gilt als die vielleicht am besten erhaltene Stadt aus der Römerzeit nördlich der Alpen. Dazu muss festgestellt werden, dass es ein grosses Glück war, dass die einstige Römersiedlung zu keinem Zeitpunkt in der neueren Geschichte überbaut wurde. Vieles ist inzwischen schon freigelegt und konserviert, dennoch warten immer noch rund 80 % der Fläche auf Erforschung. Diese soll aber nur sehr behutsam erfolgen; es ist geplant, Teile der Anlage nicht auszugraben, sondern für kommende Generationen zu konservieren. Ein Besuch des Museums ist eine fantastische Reise in die Vergangenheit und vermittelt den Besuchern einen bemerkenswert Eindruck vom Leben am Hochrhein vor rund 2000 Jahren
Rundgang durch eine römische Stadt
Im Eingangsbereich des Museums, das sich vor dem Theater befindet, können Sie sich zunächst Orientierung verschaffen und werden auch sehen, wie das antike Augst einmal ausgesehen hat. Gemeint ist das Museum Augusta Raurica, das eine Fülle von Fundstücken aufbewahrt, die hier bei Grabungen entdeckt wurden. Eine ganz besondere Atmosphäre strahlt das Römerhaus aus, auf das gesondert eingegangen wird.
In unmittelbarer Nähe des rekonstruierten Römerhauses sehen Sie steinerne Zeugen aus jener Zeit und können sich ein Bild vom Geschick der Steinmetze in der Antike machen. Danach betreten Sie einen Höhepunkt des Freilichtmuseums. Das römische Theater, das in den letzten Jahren umfassend saniert wurde, gehört zu den am besten erhaltenen römischen Anlagen in Mitteleuropa. Dem Theater gegenüber befindet sich das Podium der einstigen Tempelanlage, das über eine grosszügig angelegte Treppe zu erreichen ist.
Die Römer verstanden es, gut zu leben
Östlich des Theaters sind Reste des einstigen Verwaltungszentrums mit Rathaus, Gerichtsgebäude und Basilica zu sehen. Die Ausmasse der Basilica, die bei den Römern aber kein für uns geläufiges Gotteshaus war, sondern ein Verwaltungszentrum, sind beachtlich und anhand der erhalten gebliebenen Stützmauern gut zu erkennen. Die Curie oder das Rathaus bildete den Abschluss im östlichen Bereich des Forums. Hier sind noch gut die Sitztreppen zu sehen, auf denen einst die Ratsherren dem auf dem gegenüberliegenden Podest stehenden Bürgermeister lauschten.
In den Kellerräumen der Curie, vielleicht waren sie mal Gefängnis oder aber Schatzkammer, sind sehenswerte Mosaiken zu bewundern. Zudem werden die Räumlichkeiten für Workshops genutzt. Am Ende des Forums stand einst ein mächtiger Tempel, der dem Kaiserkult diente. Auch hier führen Stufen hinauf, und die einstige Grösse des Tempels ist mittels einer weiss gestrichenen Holzkonstruktion sichtbar gemacht worden.
Zu sehen ist auch eine Badeanlage der Stadt, welche über ein komplett erhaltenes Brunnenhaus verfügt. Eine besondere Attraktion ist der unterirdische Abwassertunnel, der einst die Thermen entwässerte und heute begehbar ist. Dass die Römer bereits einigen Luxus kannten, zeigt sich am Beispiel einer freigelegten Fussbodenheizung, die in einem pompösen Wohnhauses den Speisesaal erwärmte.
Das römische Wohn- und Handwerkerhaus
Anlass für unseren Besuch im Römermuseum war eigentlich unsere Tochter, die auf ihrer Schule im Lateinunterricht viel über das Leben der Römer erfuhr und uns darum bat, nach Augusta Raurica zu fahren. Nach dem Rundgang durch das Freigelände nahmen wir uns ausgiebig Zeit, das rekonstruierte Römerhaus in Augenschein zu nehmen. Es entstand in den 1950er-Jahren durch die Spende eines Mäzens aus Basel, und zwar in Originalgrösse.
Aus finanziellen Gründen war es leider nicht möglich, ein komplettes Hausgeviert mit einer Insula zu errichten. Aber schon der erbaute Ausschnitt, bestehend aus Wohnhaus und gewerblich genutzten Läden, vermittelt einen interessanten Einblick in die Lebensweise. Dabei sind die Läden zur Strasse hin ausgerichtet, während sich im hinteren Teil die Privaträume befinden.
Bei den gewerblich genutzten Räumen entlang der Strasse handelt es sich um eine Schmiedewerkstatt, eine Bronzegiesserei, eine Metzgerei und eine Schankstube. Bei einem Rundgang durch die Betriebe erhalten Sie einen guten Eindruck von der Arbeitsweise. Metzgereien muss es nach vorliegenden Funden eine ganze Menge gegeben haben, die wohl kaum nur für den Eigenbedarf produziert haben. Sehr wahrscheinlich wurden hier geräucherte Würste und Schinken sogar für den Export nach Gallien und direkt nach Rom produziert.
Typisch für ein stattliches römisches Wohnhaus ist der Porticus mit seinem Säulengang zur Strasse hin. Die Wohnräume des Hauses hingegen gruppieren sich um den Innenhof, der entweder mit Platten ausgelegt war und bei reichen Familien aus einem Garten bestand. Beim Betreten der Küche stellten wir zunächst etwas irritiert fest, dass sich die Toilette direkt neben dem gemauerten Herd befand. Das hatte aber ganz praktische Gründe, denn so konnten alle Abwässer in einem entsorgt werden.
Es ist ein bemerkenswertes Museum, das uns allen viel Spass bereitet hat. Nach diesem Rundgang waren wir fasziniert davon, welche Leistungen die Menschen der Antike vollbracht haben. Museen haben wir ja schon viele gesehen, aber Augusta Raurica wird einen besonderen Platz einnehmen.
Oberstes Bild: Das römische Theater von Augusta Raurica (© Wladyslaw, Wikimedia, CC)[vc_text_separator title=“Wo liegt dieses Reiseziel?“ title_align=“separator_align_center“ color=“grey“][vc_gmaps link=“https://maps.google.de/maps?q=Augusta+Raurica,+Giebenacherstrasse,+Augst,+Schweiz&hl=de&sll=47.532965,7.722015&sspn=0.186135,0.308647&oq=Augusta+Raurica&t=m&z=16&iwloc=A“ size=“350″]