Im Land der Cowboys und Goldgräber - Alberta bound
VON Frank + Melona Arbiol Schneidewind Nordamerika
Der Reisezeitpunkt war vorausplanend gewählt und bescherte mir eine Ankunft zeitlich vor dem grossen Festival namens „Calgary Stampede“. Nach Veranstalterangaben handelt es sich dabei um die grösste Outdoor-Show des Planeten und das sollte mir nicht entgehen. Tickets für ausgewählte Veranstaltungen bestellte ich bereits lange vorher, denn an den Veranstaltungstagen melden die Ausrichter oft ein ausverkauftes Festgelände. Das Event bietet ein sehr facettenreiches Angebot an Veranstaltungen und besonderen Wettkämpfen und ist mit indianischen Elementen und kulturellen Darbietungen zusätzlich gespickt.
Kanada ist ein sehr freundliches Land, wie ich auf früheren Reisen hierher (Toronto, Niagara Falls, Quebec City und Montreal) feststellen konnte. Der westliche Teil des Landes war mir noch gänzlich unbekannt, aber diese Erlebnislücke sollte ja dieser Trip schliessen. Das Anmieten eines kleinen Motorhomes auf der Basis eines Chevy Pickup Trucks war völlig unproblematisch, denn dafür gibt es auch nächtliche Stellflächen und somit Schlafgelegenheiten an jedem beliebigen Standort meiner Reise. Die vierwöchige Anmietung war sogar verhältnismässig günstig, wenn ich den abgefragten Tarif mit Schweizer Anbietern vergleiche.
Es war also Anfang Juli, wo die Temperaturen hier vor den Bergen noch sehr angenehm sind und der erste Frost noch ein paar Monate entfernt liegt. Die Calgary Stampede findet jährlich übrigens immer in der ersten Julihälte statt. Ein kleiner Campingplatz mit sehr gepflegten Sanitäranlagen, guten Duschen und einem preiswerten Restaurant war nur ein paar Kilometer weiter südlich der Innenstadt, nur etwas über die Chinook Center Mall hinaus auf dem berühmten MacLeod Trail.
Hotels waren erwartungsgemäss voll ausgebucht für die Stampede, wer hier nicht rechtzeitig bucht – der zeltet vielleicht bei den Indianern im Tipi. Das Festgelände im Citybereich liegt direkt an besagtem MacLeod Trail, eine große Ausfallstrasse in den Süden mit dazugehörigem C-Train LRT-Gleis daneben. Ich gewöhnte mich schnell an die bequeme Kurzfahrt vom und zum Festgelände. Das ersparte mir die Parkplatzsuche während der Veranstaltung und erlaubte mir auch ein gelegentliches Bierchen der Marke Labatt’s Ice zum abendlichen BBQ Schmausen.
Calgary hatte eine sagenhaft gut funktionierende Städteplanung, kein Wunder dass die ausrichtende Stadt der 1988er Winterolympiade solch einen guten Eindruck bei allen Sportlern und Besuchern hinterliess. Die Calgary Stampede startet immer Freitags mit einer mächtig umfassenden Prunkparade und währt dann für volle 10 Tage. Bei den folgenden Wettkämpfen sind 100.000 Dollar Preisgeld für die Champions zu gewinnen und das gilt für jede Disziplin. Stierringkampf, Fassrollen, Planwagenrennen, Bullen reiten und die üblichen Rodeokategorien werden geboten. Mit 2 Millionen Dollars Preisgeld zieht das Festival die besten Akteure des gesamten Kontinents an. Dem Hufschmied kann hier bei der Arbeit zugesehen werden, das Indianerdorf alleine ist ein grossartiges und ungeheuer eindrucksvolles Erlebnis. Die Stämme der Umgebung versuchen sich gegenseitig mit authentischen Darbietungen zu übertreffen. Dem Auge und der Kamera bietet sich hier allerhand an lohnenswerten und einzigartigen Motiven.
Die Klondike Days im nördlichen Edmonton, der Hauptstadt Albertas, bieten da in der zweiten Julihälfte ein Kontrastprogramm. Das jährlich stattfindende Festival erstreckt sich auch über zwei Wochenenden. Gehuldigt wird hier der Historie der Stadt als Gateway zum Yukon und dem Klondike Goldgräberfieber vergangener Epochen.
Selbstverständlich wählte ich den Umweg von Calgary über Banff und Jasper nach Edmonton. Die berühmten Nationalparks entlang der Strecke gehören zu den schönsten Gegenden der Welt. Mitten durch die Rocky Mountains führt eine exzellente Strasse, vorbei in hochalpiner Landschaft an schönen Bergseen, Wasserfällen und endlosen Postkartenpanoramen. Touristisch ist die Gegend der Nationalparks voll erschlossen, sie lässt aber nicht den Eindruck der Überfüllung zu.
Nur dünn besiedelt, kommt man im Jasper Nationalpark nur vereinzelt zu Begegnungen mit anderen Fahrzeugen oder Menschen. Das Columbia Icefield ist an der Piste liegend und ein begehbarer Gletscher. Weil aber diese Gegend schon oft andernorts beschrieben wurde, kehrt mein Reisebericht wieder dem Event in Edmonton zu.
Über den berühmten Yellowhead Highway ging es in die grosse Stadt. Der Northlands Park dort war das Zentrum der Veranstaltung, aber die ganze Stadt ist auf den Beinen und in Festivallaune. Goldgräberambiente gibt es wahrscheinlich nirgendwo so schön präsentiert. Hier beginnt die Zeitreise des Besuchers in die Jahre um 1890, als Abenteurer aus aller Welt sich aufmachten, die dicksten Nuggets zu finden. Natürlich konnte ich mir das Goldwaschen mit der Handpfanne nicht verkneifen und bereits die zweite Pfanne hatte mir ein reiskorngrosses Mininugget beschert.
Saloons und Casinos, prächtig gekleidete Frauen in pompösen, zeitgenössischen Kostümen. Shows und Tanzeinlagen, Hier steppte im wahsten Sinne des Wortes der Bär täglich. Ich begegnete hier auch dem bekannten Sänger Gordon Lightfoot. Nach einem Gespräch schenkte mir dieser eine seiner signierten LPs (Don Quixote) mit dem Song „Alberta Bound“, die nun gerahmt in meiner Stube hängt. Aus Budgetgründen musste ich die Dauer meiner eigenen Klondike Days leider etwas limitieren, denn ich wollte unbedingt noch viele Fotos in den besagten Nationalparks vor meiner Rückreise schiessen. Die finale Woche meines Urlaubs verbrachte ich somit wieder in den wundervollen Parks und hatte weiterhin viel Glück bei echtem Bilderbuchwetter.
Oberstes Bild: Calgary Skyline / Pengrowth Saddledome. (Urheber: Gorgo / Wikimedia)