Riga - boomende Metropole und traditionsreiche Hansestadt
von Andrea Rathjen Alle Länder Europa
Denn auch die lange und wechselhafte Geschichte Rigas hat in der ganzen Stadt ihre Spuren hinterlassen. Von den historischen Handelshäusern der mittelalterlichen Altstadt bis zu den Jugendstilbauten der Neustadt kann sich Riga einer aussergewöhnlichen architektonischen Vielfalt rühmen. Rigas komplette Innenstadt wurde 1997 zum UNESCO-Weltkulturerbe erklärt, unter anderem aufgrund der vielen, hervorragend erhaltenen Jugendstilhäuser. Im Verhältnis zur Gesamtbebauung verfügt Riga über die höchste Anzahl an Jugendstilbauten weltweit.
Rigas Geschichte ist geprägt von der Lage zwischen Ost und West, von der Vergangenheit als westlich orientierte Hansestadt und später als Hauptstadt der Lettischen Sowjetrepublik. Noch heute leben in der Stadt fast genauso viele Russen wie Letten, ohne dass diese ethnische Spaltung jedoch wie anderenorts zu Spannungen geführt hätte. An den Ufern des Stadtflusses Düna werden Russisch und Lettisch bis heute gleichberechtigt gesprochen.
Riga – Bischofssitz, Hansestadt, Hauptstadt
Schon im 12. Jahrhundert wurde der Unterlauf der Düna regelmässig von gotländischen Händlern besucht, und im Jahr 1200 entwickelte sich Riga auf päpstliches Bestreben hin zum einzigen Handelsplatz der Region. Der Bischofssitz Riga wurde zu einem immer bedeutenderen Mitglied der Hanse, bis die Stadt 1710 an Russland fiel und in das Zarenreich eingegliedert wurde. Rigas Wachstum tat diese Entwicklung keinen Abbruch. Die Hauptstadt des russischen Gouvernements Livland – ein Teil des heutigen Lettlands und Estlands – war Ende des 19. Jahrhunderts einer der wichtigsten russischen Seehäfen.
Nach dem Ersten Weltkrieg wurde Riga von der Kaiserlichen Armee besetzt und war ab der lettischen Unabhängigkeitserklärung im Jahr 1918 Hauptstadt der unabhängigen Republik Lettland. Nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten in Deutschland fiel Lettland jedoch durch den Hitler-Stalin-Pakt erneut an Russland, und es dauerte bis zum Jahr 1991, dass das Land seine Unabhängigkeit wiedererlangte. Seither ist Riga wiederum Hauptstadt des unabhängigen Lettlands und zugleich das wirtschaftliche und kulturelle Zentrum des Landes.
Mittelalterliches Juwel: Rundgang durch Rigas Altstadt
Rigas historische Altstadt am rechten Düna-Ufer weist bis heute den Festungscharakter auf, den die vielfach umkämpfte Handelsstadt im Mittelalter ausmachte. Wenngleich ein Grossteil der alten Festungsanlagen nicht mehr vorhanden ist, ist ihr Verlauf dennoch bis heute erkennbar, und zwischen Kopfsteinpflastergassen und Handelshäusern aus der Hansezeit fühlt sich der Besucher in längst vergangene Zeiten zurückversetzt. Rigas Kulturerbe-Altstadt ist jedoch bedroht, und zwar durch das enorme Wachstum der Stadt selbst, das am linken Düna-Ufer mehr und mehr Hoteltürme und Finanzzentren entstehen lässt. Mittlerweile ist die Stadtverwaltung jedoch stark um die Erhaltung des Rigaer Weltkulturerbes bemüht.
Rund um den zentralen Marktplatz zeugen historische Bauwerke von der langen Tradition Rigas als Handelsstadt. Neben dem Rigaer Rathaus ist besonders das 1334 errichtete und 1999 neu aufgebaute Schwarzhäupterhaus von Bedeutung, das nach verheerenden Zerstörungen im Zweiten Weltkrieg von der sowjetischen Besatzungsmacht gesprengt worden war. Das ehemalige Versammlungshaus der Kaufleute wurde nach dem Vorbild der holländisch-flämischen Zunfthäuser erbaut und ist mit einer Firsthöhe von 27 m das unbestrittene Wahrzeichen der Stadt.
Neben dem Rigaer Schloss, einst als Festung des Schwertbrüderordens gebaut und heute Sitz des Staatspräsidenten, zählt auch der Rigaer Dom zu den wichtigsten Baudenkmälern der Stadt. Die evangelische Domkirche ist das grösste Kirchengebäude in den baltischen Staaten und zugleich Standort einer der grössten und prachtvollsten Orgeln weltweit. Zu den prägenden Kirchenbauten im Rigaer Stadtbild zählt ausserdem die Petrikirche, die mittelalterliche Pfarrkirche der Stadt, die ebenso wie die katholische Jakobskirche im 13. Jahrhundert erstmals erwähnt wurde.
Jugendstil-Architektur in Rigas Neustadt
Rigas Neustadt nördlich der historischen Altstadt zählt zu den wohl eindrucksvollsten Beispielen der Jugendstil-Architektur aus der Zeit der Jahrhundertwende. Vor allem die Strassen Alberta iela und Elizabetes iela bezaubern mit einer Fülle prachtvoller Jugendstilgebäude, von denen viele vom Architekten Michail Eisenstein erbaut wurden, dem Vater des Regisseurs Sergei Eisenstein. Altstadt und Neustadt sind durch einen Grüngürtel getrennt, der an der Stelle der einstigen Stadtmauern angelegt wurde und als grüne Lunge im Zentrum der Stadt fungiert. Auch hier entstanden um die Jahrhundertwende viele bemerkenswerte Gebäude, darunter das Lettische Nationaltheater und die Nationaloper, die Rigaer Universität und das Lettische Nationale Kunstmuseum.
Eine ganz andere Architektur erwartet den Besucher in der Moskauer Vorstadt, der Maskavas forštate, in dem der sowjetische Kultur- und Wissenschaftspalast von 1985 als imposantes Beispiel für den sozialistischen Zuckerbäckerstil steht. Im gleichen Viertel befinden sich die Luftschiffhallen des Rigaer Zentralmarktes. Mit einer Gesamtfläche von rund 5,7 ha ist der Zentralmarkt der grösste Lebensmittelmarkt des Landes. Er galt in den 1930er Jahren als modernster und grösster Markt Europas. Ein weiteres markantes Wahrzeichen von Riga steht südlich des Stadtzentrums auf der Düna-Insel Zaķusala: Der Fernsehturm von Riga zählt mit einer Höhe von 368,5 m zu den höchsten Bauwerken in Europa.
Oberstes Bild: Altstadt von Riga am Ufer der Düna (© Resnisew / Wikimedia / CC)[vc_text_separator title=“Wo liegt dieses Reiseziel?“ title_align=“separator_align_center“ color=“grey“]