Spoleto und das Festival dei Due Mondi

Spoleto in der Region Umbrien steht als Besichtigungsziel etwas im Schatten der bekannteren nördlichen Nachbarstädte Perugia und Assisi. Dafür verfügt die Stadt aber über eine Attraktion der besonderen Art. Das jährlich stattfindende „Festival dei Due Mondi“ ist eines der bedeutendstem Kultur-Events Italiens.

Auch in diesem Jahr wird Festival, das sich über Jahrzehnte zu einer Institution entwickelt hat, wieder zahlreiche Besucher nach Spoleto locken. Die Bauten, Plätze und Strassen der Stadt bieten dann eine ideale Kulisse für die vielfältigen Veranstaltungen an ausgesuchten Schauplätzen.


Festival dei Due Mondi in Spoleto – Festival-Plakate (Bild: Claudio Giovanni Colombo / Shutterstock.com)

Einst Stützpunkt des Kirchenstaates

Dabei hat Spoleto allenfalls die Grössenordnung einer Mittelstadt. Weniger als 40’000 Einwohner leben in der ausgedehnten Kommune, die sich am Südrand der weiten Ebene des Valle Umbra ausbreitet. Hier geht das flache Land in bewaldete Hügel- und Bergregionen über. Die Lage „auf halber Höhe“ trägt viel zum malerischen Bild der Stadt bei, in deren mittelalterlichem Zentrum es viele historische Mauern gibt.

Spoleto ist – wie viele italienische Städte – uralt. Schon in vorrömischer Zeit war der Ort besiedelt, der Namen selbst ist griechischen Ursprungs. Im Römischen Reich war Spoleto eine florierende Handelsstadt, hatte aber keine überregionale Bedeutung. Schon im 4. Jahrhundert nach Christus wurde der Ort Bischofssitz. Nach dem Zerfall des Römischen Reiches diente Spoleto dann einige Zeit als Hauptstadt eines gleichnamigen langobardischen Herzogtums. Daran schlossen sich Auseinandersetzungen zwischen Papst und Kaiser um die Herrschaft an. 1115 folgte die Eroberung und Zerstörung durch Kaiser Friedrich Barbarossa. Spätestens seit 1213 regierten – mit wechselvollem Geschick – die Päpste im Rahmen ihres Kirchenstaats. Die über der Stadt thronende mächtige Festung „La Rocca“ ist heute noch sichtbares Zeichen ihrer Herrschaft. Eine Zeitlang residierte hier sogar die berühmt-berüchtigte Lucrezia Borgia als päpstliche Statthalterin. 1860 fiel die Stadt schliesslich – schon zehn Jahre vor dem offiziellen Ende des Kirchenstaates – an das neu gegründete Königreich Italien.


Die Kathedrale von Spoleto (Bild: ermess / Shutterstock.com)

Kirchen und befestigte Mauern

Aufgrund der langen Funktion als Bischofssitz ist Spoleto mit Sakralbauten reich gesegnet. Der markanteste Bau ist sicher der Dom, der im 11. Jahrhundert im romanischen Stil errichtet wurde, später aber im Inneren eine barocke Gestaltung erhielt. Er zeigt u.a. wertvolle Fresken. Die Basilica di San Salvatore gilt als eine der ältesten christlichen Stätten Italiens überhaupt, ihr Bau reicht noch vor die Langobardenzeit zurück und verwendet – gut erkennbar – römische Tempel-Reste. Die Kirchen Sant’ Eufemia, San Pietro fuori le mura und San Ponziano sind schöne Zeugnisse romanischer Baukunst aus dem 12. Jahrhundert. Darüber hinaus gibt es zahlreiche weitere – zum Teil sehr alte – Kirchen, Heiligtümer und Schreine in der Stadt.

Die Feste „La Rocca“ ist zwar ebenfalls in gewisser Weise ein kirchlicher Bau, diente aber immer ganz profanen Zwecken. Der kantige Bau mit seinen viereckigen Türmen erhebt sich auf einem Felsen oberhalb der Stadt und wirkt auf den Betrachter geradezu einschüchternd. Das ist Absicht, denn die Burg sollte die päpstliche Autorität in Umbrien dokumentieren, die längst nicht immer unumstritten war. Zur Festung gehört die Ponte delle Torri, ein mittelalterliches Aquädukt, das die Besatzung mit Wasser versorgte. Die Wasserleitung überquert das Tal des Flüsschens Tessino und erinnert in ihrer Bauweise stark an altrömische Vorbilder. Schon Goethe zeigte sich auf seiner Italienischen Reise von dem Aquädukt beeindruckt.


Die Feste „La Rocca“ und Ponte delle Torri in Spoleto (Bild: Zyance, Wikimedia, CC)

Die Begegnung zweier Welten

Das Festival dei Due Mondi nutzt die meisten dieser Sehenswürdigkeiten als Veranstaltungsorte. Der Domplatz bildet dabei den zentralen Ankerpunkt. Das auch über Italiens Grenzen hinaus bekannte Kultur-Event wurde im Jahre 1958 von dem italienisch-stämmigen US-Komponisten Gian Carlo Menotti ins Leben gerufen. Er wollte damit einen Platz für die Begegnung der amerikanischen und der europäischen Kultur schaffen – in der Tat zweier Welten. Der Name des Festivals war damit geboren. Bis zu seinem Tod Anfang 2007 nahm Menotti immer an den Veranstaltungen teil. Zahlreiche prominente und renommierte Künstler gehörten und gehören zu den Teilnehmern des Events.

Das Festival findet üblicherweise über siebzehn Tage statt und beginnt am letzten Freitag im Juni. Auch in diesem Jahr folgt der Zeitplan dieser Tradition. Diesmal fällt der Start auf den 26. Juni und am 12. Juli ist der Abschluss, der wie immer mit einem finalen Konzert auf dem Domplatz begangen wird – Brahms und Schubert stehen auf dem Programm. Das Festival bietet dabei einen weitgespannten Rahmen für ganz unterschiedliche künstlerische Darbietungen und Performances. Ein Ansatz bestand dabei von Anfang an darin, Kunst zur Geltung zu bringen, die vorher noch wenig beachtet wurde oder schon wieder in Vergessenheit geraten schien. Ein anderer Antritt ist die Verbindung von klassischer und zeitgenössischer Kunst.


Festival dei Due Mondi in Spoleto (Bild: ElettroDevice, Wikimedia, public domain)

Einzigartige Dichte und Vielfalt

Das gebotene Spektrum ist vor diesem Hintergrund ausgesprochen breit. Es umfasst Oper und Theater, Ballett und modernen Tanz, Konzerte, Lesungen, bildende Kunst, Ausstellungen, Konferenzen, Diskussionsrunden und vieles mehr. Viele Event-Formate haben dabei ihre eigenen spezifischen Veranstaltungsorte. Sant‘Eufemia wird zum Beispiel für geistliche Nachtkonzerte genutzt. Im Innenhof der Rocca finden Musik- und Prosaveranstaltungen statt. Der Domplatz bietet Platz für Tanz-Aufführungen und die bedeutendsten Konzerte. Ausführliche Informationen zum diesjährigen Programm finden Sie – in Italienisch und Englisch – auf der offiziellen Website der Veranstaltung.



Ein Besuch des Festivals der zwei Welten ist sicher eine einzigartige Gelegenheit, ein breit gefächertes kulturelles Angebot mit ganz unterschiedlichen Facetten – von Klassik bis Moderne, von Tradition bis Avantgarde, von ernst bis unterhaltsam – kennenzulernen, das sonst kaum in einer solchen Dichte und Vielfalt zu finden ist. Die Atmosphäre des Ortes trägt das Ihre dazu bei, das Event im wahrsten Sinne des Wortes zu einem Ereignis zu machen, das Eindruck hinterlässt. In Spoletos mittelalterlichen Mauern kann sich Kultur wunderbar entfalten.

 

Oberstes Bild: © Buffy1982 / Shutterstock.com

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Mehr zu Stephan Gerhard

ist seit Jahren als freier Autor und Texter tätig und beschäftigt sich bevorzugt mit Themen rund um Finanzen, Geldanlagen und Versicherungen sowie Wirtschaft. Als langjähriger Mitarbeiter bei einem Bankenverband und einem großen Logistikkonzern verfügt er über umfassende Erfahrungen in diesen Gebieten.

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