Thessaloniki: Handelsmetropole, Partystadt, archäologische Schatzkiste
VON Andrea Rathjen Alle Länder Europa
Thessaloniki wurde schon 315 v. Chr. von den Makedoniern gegründet, und die Überbleibsel aus byzantinischer, römischer und osmanischer Herrschaft bereichern das Stadtbild bis heute. Zwischen den alten byzantinischen Stadtmauern von Thessaloniki können Reisende so kostbare Schätze wie die Überreste eines römischen Kaiserpalasts oder den Galeriusbogen entdecken, eine Rotunda, die mit Reliefdarstellungen von Kampfszenen aus der Zeit der Perserkämpfe versehen ist. Ebenso wie Athen ist Thessaloniki reich an Spuren einer glanzvollen Vergangenheit – nur den Massentourismus und die Hektik der griechischen Hauptstadt sucht man hier vergeblich.
Thessaloniki ist dank ihrer rund 100.000 Studenten eine sehr junge Stadt, und so verwundert es nicht, dass die Hafenmetropole am Thermaischen Golf über die höchste Dichte an Bars und Cafés in Europa verfügt. Wer Thessaloniki auf dem Weg zur Halbinsel Chalkidiki passiert, tut gut daran, hier ein paar Tage zu verweilen, und sei es nur, um an der rund 12 km langen Hafenfront, in den Fussgängerzonen oder in den Tavernen und Ouzerien der Stadt die Seele baumeln zu lassen. Im Gegensatz zu Athen geht es in Thessaloniki deutlich entspannter zu, denn hier, im kulturellen Zentrum des nördlichen Griechenlands, muss und will niemand sich als trendiger Hauptstädter beweisen.
Sammelsurium an historischen Schätzen
Thessaloniki liegt an den Ausläufern des Chortiatis-Berges, und auch die Stadt selbst fällt zum Meer hin deutlich ab. Das erleichtert Besuchern nicht nur die Orientation in den grösstenteils parallel verlaufenden Strassen der Innenstadt, sondern sorgt in den höhergelegenen Stadtteilen auch für traumhafte Ausblicke über Stadt und Küste. Im Inneren der teilweise erhaltenen byzantinischen Stadtmauern liegt der älteste Teil von Thessaloniki, während weiter nördlich mit der Oberstadt Ano Poli der einzige Bereich zu finden ist, der 1917 nicht wie weite Teile von Thessaloniki bei einem verheerenden Brand zerstört wurde. Ano Poli zählt mit seinen kopfsteingepflasterten Gässchen, den griechischen und osmanischen Wohnhäusern heute zum UNESCO-Weltkulturerbe.
Der einzige verbliebene Wachturm an der Hafenfront, der Weisse Turm, gilt als Wahrzeichen von Thessaloniki und ist zugleich eines der charakteristischsten Gebäude der Stadt. Vermutlich wurde der Weisse Turm einst von den Venezianern errichtet, und bis heute thront er weithin sichtbar über der Promenade. Das festungsähnliche Gemäuer hat eine wechselhafte Geschichte als Waffenlager und Gefängnis, Wetterstation und Marineschule hinter sich. Heute beherbergt es das Museum für Byzantinische Kultur, das einen Einblick in die Stadtgeschichte Thessalonikis bietet.
Aus der Zeit der osmanischen Herrschaft sind in Thessaloniki mehrere türkische Bäder und Moscheen erhalten, darunter die Yani Cami Moschee aus dem Jahr 1902, die heute als Ausstellungsort dient. Nahe der Hamza Bey Moschee können Besucher ausserdem einen überdachten Markt besuchen, unter dessen sechs Kuppeln einst Goldschmiede und Tuchhändler ihre Waren anpriesen. Ein besonderes Erlebnis ist der Besuch im Geburtshaus des türkischen Staatsgründers Atatürk, der 1881 in der Apostolou-Pavlou-Strasse zur Welt kam und hier einen Grossteil seiner Kindheit verbrachte. Das Atatürk-Haus ist heute ein Museum, das eine lohnenswerte Dauerausstellung mit Exponaten aus dem Leben Atatürks zeigt.
Die Kirchen von Thessaloniki
Seit Jahrtausenden ist Thessaloniki geprägt von der Lage an der Balkanstrasse und an der Hauptverkehrsstrasse zwischen Rom und Byzanz. Die Stadt hat nicht nur unzählige Herrscher und Handelsleute kommen und gehen sehen, sondern auch die eine oder andere Weltreligion. Neben den Moscheen aus der osmanischen Zeit beherbergt Thessaloniki heute eine Fülle von Kirchenbauten aus frühchristlicher und byzantinischer Zeit, die seit 1988 Teil des UNESCO-Weltkulturerbes sind. Viele der Kirchenbauten sind mit prachtvollen Mosaiken und Malereien versehen, so zum Beispiel die dreischiffige, holzgedeckte Basilika Panagia Acheiropoietos, auf deren Arkadenbögen Mosaikfragmente aus dem 5. Jahrhundert erhalten sind.
Die Kirche des Heiligen Dimitrios, eine fünfschiffige Basilika aus dem 7. Jahrhundert, ist bis heute das geistliche Zentrum von Thessaloniki. In der Krypta der Kirche starb der Heilige Dimitrios zur Zeit der römischen Christenverfolgung den Märtyrertod; mittlerweile beherbergt die Krypta eine Ausstellung. Mehr Festung als Kirche scheint die Kirche des Propheten Elias in der Oberstadt zu sein. Der imposante Kuppelbau mit seinen prachtvollen Arkaden, vier kleinen Kuppeln und der komplexen Anlage ist in Thessaloniki einmalig.
Neben den prachtvollen Kirchenbauten umfasste Thessaloniki einstmals auch rund 20 Klöster, und einige der heute erhaltenen Kirchen wurden ursprünglich als Klosterkirchen errichtet. Im ehemaligen Latomos-Kloster unterhalb der Akropolis ist ein Mosaik aus dem 5. oder 6. Jahrhundert erhalten, das eine bartlose Christusfigur auf einem Regenbogen thronend darstellt. Das Latomos-Kloster gilt heute als Vorläufer der Kreuzkuppelkirchen. Das einzige noch bestehende der alten byzantinischen Klöster von Thessaloniki ist das Vlatades-Kloster in der Oberstadt, das wie auch die anderen genannten Kirchenbauten als Teil der frühchristlichen und byzantinischen Bauten zum UNESCO-Weltkulturerbe zählt. Im Hauptraum des Klosters wurden um 1980 Fresken aus der Zeit um 1370 entdeckt.
Oberstes Bild: Blick auf Thessaloniki (Bild: kurti27 / pixelio.de)[vc_text_separator title=“Wo liegt dieses Reiseziel?“ title_align=“separator_align_center“]