Abenteuer Olympiade 2014: Feiert Sotschi ein Wintersportfest oder „Putins Spiele“?

Keiner zweifelt wohl daran, dass Russland auch diesmal, bei den bevorstehenden Olympischen Winterspielen 2014, eine sportliche Feerie abliefern wird. Man würde den Eindruck bekommen, bei einer Meisterklasse dabei zu sein, wie man eine unübertroffen fantastische Olympiade organisiert –  besser als im Ausland soll es jedenfalls sein. Der Weltöffentlichkeit wird eine hochkarätige sportliche Show präsentiert, die Unstimmigkeiten werden blitzschnell  unter den Teppich gekehrt. Hauptsache, nach aussen erscheint alles perfekt. Wie viel hinter diesem Geltungsdrang steckt, wissen wohl nur die Einwohner von Sotschi, die hauptsächlich die Bürde dieser Vorbereitungsjahre getragen haben und die gewöhnlichen russischen Steuerzahler, die die Olympiade angesichts der wirklich ernsthaften Probleme des Landes „das Gelage während der Pest“ nennen.

Wie alles hat die bevorstehende Olympiade eine Licht- und eine Schattenseite. Zum einen steckt die sportliche Weltöffentlichkeit im olympischen Fieber, alle Blicke sind nach Sotschi gerichtet. Und wahrhaftig gibt es dort viel zu sehen. Die Vorbereitungen sind im Grossen und Ganzem schon abgeschlossen. Viele olympische Objekte wurden von Null aufgebaut: Olympia-Stadion, Bolschoi-Eispalast,  Skisprungzentrum, Eiskunstpalst, um einige zu nennen, geschweige denn die gewaltigen Änderungen in der Infrastruktur der Stadt.

Dies ist ein Bericht über die Olympia-Stadt Sotschi in mehreren Teilen. Hier das Inhaltsverzeichnis:

1. Teil: Abenteuer Olympiade 2014: Winterspiele im subtropischen Sotschi

2. Teil: Abenteuer Olympiade 2014: Sotschi – eine Stadt zwischen Strand und Bergen

3. Teil: Abenteuer Olympiade 2014: Feiert Sotschi ein Wintersportfest oder „Putins Spiele“?


Eiskunstpalst in Sotschi (Bild: RIA Novosti archive, image #985705 / Mikhail Mokrushin / CC-BY-SA 3.0, Wikimedia, CC)


Die Organisatoren sind mit sich selbst äusserst zufrieden. Auch der Leiter der Koordinationskommission des IOC, Jean-Claude Killy, hat nach der Besichtigung der olympischen Objekte der russischen Seite höchstes Lob ausgesprochen. Obendrein wurde Sotschi im September, genau während des Besuchs der Kontrollkommission des IOC, vom gewaltigen und tagelangen Platzregen in der Stadt und Umgebungen und Stürmen im Meer geplagt. Die Inspektoren konnten sich mit eigenen Augen davon überzeugen, dass alle Objekte so hochwertig gebaut sind, dass sie die Prüfung durch die Naturgewalten erfolgreich bestanden haben, so Jean-Claude Killy.

Olympiastadion in Dezember 2012 (Bild: Bescker, Wikimedia, CC)


Andererseits ist die Stimme der Kritiker der Olympiade  nicht zu überhören. Sieben Jahre lang wurde in Sotschi gebaut und umgebaut, und wie bei allen krassen Veränderungen, dazu noch von solchen Ausmassen, gibt es Verlierer und Gewinner. Wer sie sind, ist leicht zu erahnen.

Im November 2007, also unmittelbar nach dem Sieg in Guatemala, wurde in Russland „das Gesetz über die Vorbereitung und Durchführung der olympischen und paraolympischen Winterspiele 2014 in Sotschi“ verabschiedet. Der Kernpunkt dieses Gesetzes besteht darin, dass der Staat das Recht bekommt, alle privaten Grundbesitze oder Eigentümer innerhalb von kürzester Frist von einem Jahr und ohne lange Gerichtswege zu nationalisieren. Das war das grüne Licht für die siebenjährige olympische Willkürherrschaft über Sotschi und die dazu gehörenden Ortschaften.

Viele olympische Objekte mussten neu gebaut werden, sowie die Strassen, die sie untereinander verbinden und natürlich die Hotels, die genug Platz für Olympia-Gäste haben. Die erwarteten millionenfachen Besucherzahlen waren auch für das alte Transportsystem der Stadt unmöglich zu bewältigen: Man fing an, den Flughafen Sotschi auszubauen; neue Eisenbahnlinien zu verlegen; ein neuer Hauptbahnhof, Strassen, Tunnels, Stadt-Umfahrungen und Transportknotenpunkte standen auf dem Plan. So erlebte das alte Sotschi eine Invasion der Bagger, Kräne, Betonmischer und Bauarbeiter.


Skisprungzentrum RusSki Gorki (Bild: Matin Putz, Wikimedia, CC)


Natürlich wurde all das nicht immer im freien Feld errichtet, und darin steckt das Drama: Viele Familien wurden zwangsenteignet und umgesiedelt. Bei vielen blieb alles beim ersten Punkt stehen, denn viele Betroffene hausen seit Jahren schon zusammengepfercht in provisorischen Baracken oder Minizimmern der alten sowjetischen Sanatorien ohne vernünftigen Komfort. Neue Wohnungen bleiben bis heute nur ein leeres Versprechen. Das gleiche gilt für das Privatunternehmertum: Wenn eine Firma, z.B. eine private Schneepiste, für „Olimpstroi“ (die Verwaltungsgesellschaft der Olympiade) von Interesse wurde, hat man sie ohne Weiteres verstaatlicht. Eine Widerspruchsklage: sinnlos, oder sogar lebensgefährlich.

Sotschi, das auch früher schon an seriösen Infrastrukturproblemen litt, erlebte während der Vorbereitungsjahre ein ständiges Tohuwabohu. Im Namen der hellen olympischen Zukunft mussten die Stadteinwohner tagtäglich zu solchen Kommunalerschwernissen Ja und Amen sagen, wie ständige Stromausfälle oder Fehlen des heissen Wassers, bedrohlich schnell wachsende und nicht dazu eingerichtete Müllhalden oft in der Nähe von Wohnhäusern sowie Probleme mit dem Kanalisationssystem, denn es wurde ständig durch den Baumüll verstopft.

WWF, Greenpeace und viele russische Naturschutz- und NGO-Organisationen schreien aus vollem Halse über den angerichteten Schaden, der die Ökologie der Zone ruinierte. Nicht Wintersport, sondern Strände waren die Hauptattraktivität des subtropischen Urlaubsortes; und etliche davon wurden im Laufe der Bauarbeiten zerstört. Für den Bau der neuen Eisenbahnlinie Adler-Krasnaja Poljana wurde das Bett des Flusses Msymta ausgetrocknet und der Fluss selbst nicht nur verlagert, sondern ständig durch den Baumüll verschmutzt.


Russische Aufführung beim Abschlussfest in Vancouver 2010 (Bild: Adenosine, WIkimedia, CC)


Laut Bericht des Oppositionsführers Boris Nemzow ist die Sotschier Olympiade die teuerste Winterolympiade aller Zeiten und hat Russland über 50 Milliarden Dollar gekostet, mehr als alle Winterolympiaden zusammengerechnet. Wenn man die Baukosten in Sotschi mit früheren Olympiaden vergleicht, dann stellt sich heraus, dass Putins Preise zwei- bis dreimal höher als der Weltdurchschnitt sind. Die einzige und auf der Hand liegende Erklärung: Systematische Entwendung und Veruntreuung seitens der Verantwortlichen unter Missbrauch der Dienststellung, einfacher gesagt – nichts anderes als eine einzige Betrugsaffäre von Putins Machtinhabern und ihren vertrauten Oligarchen. Das ganze Vorhaben nennt die Opposition „das persönliche Projekt Putins“, der sich selbst ein Denkmal in Sotschi erbauen wollte.

Hinter die Kulisse des Olympia-Traums blickt der Dokumentarfilm des mehrfach umjubelten russischen Regisseurs Alexandr Gentelev und der deutschen Produzentin Simone Baumann „Putins Spiele“. Wie gelang es der subtropischen Urlaubsstadt, die weder viel Schnee noch Wintersporttradition hat, die Winterspiele für sich zu bekommen? Welche Folgen hatten die gigantischen Baustellen für die Bevölkerung? Was steckt hinter dem Bauboom und den immer steigenden Kosten? Gewinner und Verlierer sprechen darüber im Film, der am 28. Februar 2014 zum ersten Mal auf arte ausgestrahlt wird. Die russische Seite hat der Produzentin 600´000 Pfund angeboten, um Filmrechte zu bekommen, und somit die Ausstrahlung im Ausland und in Russland zu verhindern, berichtet The Daily Telegraph.

 

Oberstes Bild: Wladimir Putin während seines Besuchs in Krasnaja Poljana (Bild: www.kremlin.ru, Wikimedia, CC)[vc_text_separator title=“Wo liegt dieses Reiseziel?“ title_align=“separator_align_center“][vc_gmaps type=“m“ zoom=“14″ link=“https://maps.google.com/maps?q=Rusia,+Krai+de+Krasnodar,+Sochi&hl=es&sll=37.0625,-95.677068&sspn=54.533615,79.013672&oq=soch&hnear=Sochi,+gorod-kurort+Sochi,+Krai+de+Krasnodar,+Rusia&t=m&z=12″ size=“350″]

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Ich schreibe, seit ich schreiben kann, und reise, seit ich den Reisepass besitze. Momentan lebe ich im sonnigen Spanien und arbeite in der Modebranche, was auch oft mit Reisen verbunden ist, worüber ich dann gerne auf den Portalen von belmedia.ch berichte. Der christliche Glaube ist das Fundament meines Lebens; harmonisches Familienleben, Kindererziehung, gute Freundschaften und Naturverbundenheit sind meine grössten Prioritäten; Reisen und fremde Kulturen erleben meine Leidenschaft; Backen und Naturkosmetik meine Hobbys und immer 5 Minuten zu spät kommen meine Schwäche.

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