Weimar: In den Fussstapfen deutscher Dichter und Denker

Weimar steht für eine glänzende Epoche deutscher Geistesgeschichte. Mit Goethe, Schiller, Herder und Wieland, aber auch Johann Sebastian Bach und Martin Luther haben hier zahlreiche bedeutende Persönlichkeiten ihre Spuren hinterlassen. Ein Stadtrundgang.

Es war anno Domini 1775, am 5. November, als ein junger Doktor der Rechte aus Frankfurt am Main nach langer Reise in der Kutsche in den frühen Morgenstunden recht zerknittert in Weimar eintraf. Sein Name hat bis heute Klang: Johann Wolfgang von Goethe. Er kam auf Einladung des jungen, 18-jährigen Herzogs Carl-August von Sachsen-Weimar.

Bei seiner Ankunft war der 26-jährige Goethe bereits ein „Promi“, denn er hatte mit zwei international erfolgreichen literarischen Kostproben bereits „vorgelegt“. Da war zum einen der „Götz von Berlichingen“, ein in deftigstem Deutsch abgefasstes Meisterwerk der Sturm-und-Drang-Epoche, zum anderen der Super-Bestseller „Die Leiden des jungen Werther“. Als Goethe eintraf, war der erste der „Big Four“ bereits als Prinzen-Erzieher am herzoglichen Hof zu Weimar in Amt und Würden. Sein Name: Christoph Martin Wieland. Er hatte sich als Literat, Shakespeare-Übersetzer und Herausgeber bereits einen Namen gemacht.

Wer die Stadt am Flüsschen Ilm heute besucht, der kann sich dem historischen Erbe nicht entziehen. Öffnet sich der Besucher der von den „Big Four“ ausgelösten „Goldenen Epoche“ Weimars, so lädt ihn die daran anschliessende „Silberne Epoche“ zum weiteren Verweilen ein. Denn an deren musikalisches, von Franz Liszt geprägtes Erbe kann man sein Herz ebenso verlieren wie an das literarische Werk der „Weimarer Klassik“ aus der Feder der deutschen Geistesgrössen Goethe und Schiller.


Goethes Wohnhaus in Weimar (Bild: Michiel Hendryckx, Wikimedia, CC)


Weimar – europäische Kulturstadt in Thüringen

Weimar, diese thüringische „Europäische Kulturstadt“ mit 60’000 Einwohnern, hat die deutsche (Geistes-)Geschichte wie keine andere geprägt. Auf engstem Raum treffen Besucher heute im alten Stadtkern auf Zeitdokumente aus mehreren Jahrhunderten. Alles ist bestens restauriert und im historischen Zusammenhang arrangiert. Die Schlösser der herzöglichen Familie sind ebenso wie die Wohnhäuser von Goethe, Schiller und Liszt weitgehend mit originalem Interieur ausgestattet.

Empfehlenswerter Startpunkt für eine Stadttour ist der Marktplatz mit seinen bunten Wochen- und Zwiebelmärkten und den typischen Ständen mit der schmackhaften „Thüringer Bratwurst“. Auf dem Markt angekommen, ist es an der Zeit, eine grundsätzliche Entscheidung zu treffen:

Tourist Guide oder Erkundung auf eigene Faust?

Für Gäste, die erstmals in Weimar zu Besuch sind, empfiehlt sich die gebuchte Stadtführung. Bestens ausgebildete Tourist Guides packen gut aufbereitete Informationen in ihre zweistündige Stadtführung. Besonders eindrucksvoll sind die „live“ vorgetragenen Gedicht-Einlagen, die zu Ehren Goethes oder Schillers an passender Stelle eingeflochten werden.


Marktplatz und Rathaus in Weimar (Bild: Nikater, Wikimedia, CC)


Doch ehe die vergnügliche Tour beginnt, lenkt der Führer den Blick seiner Gruppe hinüber zum nahe gelegenen Ettersberg mit seinem weithin sichtbaren Mahnmal. Dort droben, mit Blick hinunter auf Weimar, hatten Hitlers braune Schergen das Konzentrationslager Buchenwald errichtet. Ein Besuch des KZs ist jederzeit möglich. Der prominenteste Besucher in jüngster Zeit war US-Präsident Barack Obama, der bei seinem Besuch Blumen niederlegte.

Tor zum Lager im KZ Buchenwald (Bild: Andreas Trepte, Wikimedia, CC)


Bei Goethes und Schillers zu Hause

Der Weimarer Markt fungiert als zentraler Verteilpunkt, von dem aus sich Gassen in alle Richtungen verteilen. Wer sich einer geführten Tour anschliesst, der wird an den Überresten des Wohnhauses von Johann Sebastian Bach vorbei in Richtung Schloss und Anna-Amalia-Bibliothek geleitet. Musik liegt in der Luft, denn in einem der ernestinischen Schlösser ist die Franz-Liszt-Musikhochschule untergebracht, und in der warmen Jahreszeit üben die Studenten mit ihren klassischen Musikinstrumenten gerne bei offenem Fenster. Dort, wo die berühmte Rokoko-Bibliothek zur Linken endet, trifft der Blick nach rechts aufs Wohnhaus von Goethes erster Weimar-Liebe, der Hofdame Charlotte von Stein.

Nächste Station ist der Park an der Ilm, den Goethe so anlegte, wie er noch heute das Auge erfreut. Jenseits der Flösserbrücke öffnet sich die Ilm-Flusssaue in einem weitläufigen Park. Ein historisches Gartenhaus fängt den Blick: Das „Gartenhäusgen“ war ein Geschenk seines herzöglichen Freundes und seine erste Weimar-Wohnung, ehe der „Geheime Rat“ in sein repräsentatives Stadthaus umzog. Goethes Haus am Frauenplan ist ein Stück lebendiger Weimarer Klassik. Es präsentiert sich eingerichtet, wie es vom Dichter bewohnt wurde.


Goethes Gartenhaus im Park an der Ilm (Bild: Franzfoto, WIkimedia, CC)


Vom Frauenplan bis hinüber zur Esplanade mit Schillers original erhaltenem Wohnhaus und angegliedertem Museum ist es ein kurzer Fussweg, der sich unter uralten Platanen hinzieht. Hier stellte Schiller sein letztes Drama „Wilhelm Tell“ fertig. Es wurde am 17. März 1804 unter Goethes Theater-Leitung am Weimarer Hoftheater uraufgeführt.

In der Verlängerung schliessen sich das „Wittumspalais“, der Witwen-Palast der Herzogin-Mutter Anna Amalia, und das „Bauhaus-Museum für Design und Architektur“ an. Den Mittelpunkt des sich öffnenden, freien Platzes markiert das Goethe-Schiller-Denkmal, und die Begrenzung des Platzes auf der gegenüberliegenden Seite bildet das historische National-Theater. Hier nahm die „Weimarer Republik“ ihren Anfang.


Schillers Wohnhaus in Weimar (Bild: Maros M r a z, Wikimedia, CC)


Wo Luther und Herder wirkten

Auch die historische Stadtkirche wartet mit echten Highlights auf. Das umgangsdeutsch als Herder-Kirche bezeichnete evangelische Gotteshaus St. Peter und Paul war die Wirkungsstätte des Theologen und Philosophen Johann Gottfried von Herder. Reformator Martin Luther predigte oft hier, und Lucas Cranach der Ältere arbeitete bis zum Lebensende am dreiflügeligen Cranach-Altar zum Thema „Reformation“. Auch Christiane von Goethe, die „Vulpius“, hat treue Freunde. Die stets frischen, roten Rosen auf dem Jakobsfriedhof geben ein beredtes Zeugnis. Auf ihrem Grabstein Goethes Abschiedsverse:

„Du versuchst, o Sonne, vergebens,
Durch die düstren Wolken zu scheinen!
Der ganze Gewinn meines Lebens
Ist, Ihren Verlust zu beweinen.“



Ein Weimar-Besuch ist eine schöne Möglichkeit, auf unterhaltsame und lehrreiche Weise mit europäischer Geistesgeschichte in Berührung zu kommen. Viele, die Weimar besucht haben, kommen gern wieder.

 

Oberstes Bild: Goethe-Schiller-Denkmal in Weimar (Bild: DWRZ David Wen Riccardi-Zhu, Wikimedia, CC)[vc_text_separator title=“Wo liegt dieses Reiseziel?“ title_align=“separator_align_center“ color=“grey“][vc_gmaps link=“https://www.google.ch/maps?q=Weimar,+Deutschland&hl=de&ie=UTF8&sll=38.266529,-0.689682&sspn=0.037805,0.084543&oq=Weimar&hnear=Weimar,+Th%C3%BCringen,+Deutschland&t=m&z=11″ size=“350″]

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