Besuch in der Schreibstube Europas: mittelalterliche Klosterstadt St. Gallen

Schon im Mittelalter war die alte Klosterstadt St. Gallen weit über die Grenzen der Schweiz hinaus als Schreibstube Europas bekannt. Künste und Wissenschaft wurden im St. Gallener Kloster bereits früh gepflegt, und das reiche kulturelle und architektonische Erbe der Stadt ist auch im modernen St. Gallen noch überall präsent.

St. Gallen ist der Hauptort des gleichnamigen Kantons und bildet das wirtschaftliche und kulturelle Zentrum der Ostschweiz. Mit seinen rund 70.000 Einwohnern ist St. Gallen zwar keine Weltstadt, dafür aber reich an historischen und kulturellen Schätzen, die der historischen Altstadt einen ganz eigenen Charme verleihen. Beim Bummel durch die mittelalterlichen Gassen und entlang der alten Kaufmannshäuser vergisst der Besucher leicht einmal, dass das malerische St. Gallen heute auch einer der bedeutendsten Wirtschaftsstandorte der Schweiz ist.

Geschichtsträchtige Kulturstadt St. Gallen

Die Gründung von St. Gallen reicht bis ins 7. Jahrhundert zurück und wird auf den Heiligen Gallus zurückgeführt, einen irischen Wandermönch, der vor allem in der Bodenseeregion aktiv war. Nach ihm ist auch die Stiftskirche St. Gallus und Othmar benannt, das barocke Wahrzeichen der Stadt aus dem 18. Jahrhundert. Die zugehörige Stiftsbibliothek ist heute nicht nur die älteste Klosterbibliothek der Schweiz, sondern auch eine der ältesten und grössten Klosterbibliotheken weltweit. Neben einer umfangreichen Sammlung an mittelalterlichen Schriften und Büchern beherbergt die Stiftsbibliothek auch eine eher ungewöhnliche Kuriosität: die ägyptische Mumie Schepenese, die bereits seit knapp 200 Jahren ihre letzte Ruhestätte in St. Gallen hat.


Alte Handschriften wie diese von 1460 beherbergt die Stiftsbibliothek St. Gallen. (Bild: Anonym / Public Domain)


Als mittelalterliche Hochburg des Textilhandels war St. Gallen einst für seine kostbaren Stoffe und Stickereien bekannt, denen die Stadt einen beträchtlichen Teil ihres einstigen Reichtums verdankt. Über die Geschichte St. Gallens als Textilstadt können sich Besucher im städtischen Textilmuseum informieren, dessen Sammlung so kostbare Stücke wie ein Kleid der französischen Kaiserin Eugénie umfasst. Das Historische und Völkerkundemuseum wiederum umfasst eine umfangreiche Sammlung zur Stadtgeschichte und Regionalgeschichte, zur Kulturgeschichte, Volkskunst und mehr. Auch das St. Gallener Naturmuseum kann mit einigen ganz besonderen Attraktionen aufwarten: Hier ist neben einem fast 400-jährigen Nilkrokodil auch das Skelett eines Anatosauriers ausgestellt.

So sieht es in der Stiftsbibliothek aus. (Bild: chippee / Wikimedia / CC)


Einkaufen, Ausgehen und mehr in St. Gallen

Zwischen mittelalterlichen Handelshäusern und barocken Kirchbauten lockt der historische Stadtkern von St. Gallen aber auch mit ganz anderen, weltlichen Genüssen. Die gewundenen Gassen zwischen Bahnhof und Stiftskirche sind zum grossen Teil eine einzige Fussgängerzone und laden mit ihren kleinen Lädchen und internationalen Labels, mit Kaffeehäusern, Teeläden und viel mehr zu einem entspannten Bummel ein. Wenn dann der Hunger so langsam einsetzt, findet sich der passende Snack gleich an der nächsten Ecke: die traditionelle St. Gallener Bratwurst, oft auch als populärste St. Gallenerin bezeichnet.


St. Galler Spezialität: die Olmatbratwürste. (Bild: Zenit / Wikimedia / CC)



Wer den Tag in St. Gallen genüsslich bei einem Bier ausklingen lassen möchte, hat die Wahl zwischen gleich mehreren traditionsreichen Biersorten der lokalen Brauerei Schützengarten. Die älteste Brauerei der Schweiz produziert nicht nur seit 1779 durchgehend unabhängig nach traditionellem Brauverfahren, sondern beherbergt auch ein kurioses Bierflaschenmuseum mit 3000 Bierflaschen, die von der traditionsreichen Braukunst 260 Schweizer Brauereien zeugen. Die Brauerei Schützengarten produziert unter anderem die populäre Biersorte St. Gallener Klosterbräu und das Dunkelbier Schwarzer Bär.

Entspannen in St. Gallens Stadtlounge

Die angesagteste Lounge in St. Gallen erwartet seine Besucher gratis und unter freiem Himmel. Im Jahr 2005 verwandelten die Künstlerin Pippilotti Rist und der Architekt Carlos Martinez das St. Gallener Bleicheli-Quartier in ein ungewöhnliches Kunstwerk, als sie die Strassen und Plätze des Viertels mit rotem, tennisplatzähnlichen Teppich bedeckten. Seither ist die St. Gallener Stadtlounge rund um die Uhr als Treffpunkt, Relax-Zone und Spielplatz zugänglich, und in den passend rot designten Lesesofas und Relaxmöbeln entspannen Touristen und Einheimische heute unter schwebenden Designleuchten.

Den Anstoss für die Stadtlounge bot übrigens die Stadt selbst mit ihrer langen und abwechslungsreichen Geschichte. Ihre beiden Erschaffer hatten zum Ziel, die bunte Vergangenheit der Stadt am Leben zu erhalten und eine einende Identität des lange Zeit vergessenen Bleicheli-Quartiers zu schaffen – in Form eines grossen gemeinsamen Wohnzimmers, für alle Alters- und Gesellschaftsklassen und rund um die Uhr frei zugänglich.


Die St. Gallener Stadtlounge lädt ein zum Verweilen, Entspannen und Spielen. (Bild: Schaffhausen / Wikimedia / Public Domain)


Mit der Mühleggbahn zu den Drei Weieren

In der Altstadt von St. Gallen geht es im Allgemeinen beschaulich zu, und in den kaum befahrenen Altstadtgassen ist hektisches Treiben die Ausnahme. Gute Gründe, der Stadt einen Tag lang den Rücken zu kehren, gibt es dennoch genug – allen voran die lauschigen Wälder und glasklaren Seen des Naherholungsgebiets Drei Weieren, das in nur 2 km Entfernung zur Altstadt zu einem sommerlichen Bad und geruhsamen Spaziergängen einlädt. In Wirklichkeit umfasst Drei Weieren nicht nur drei, sondern fünf künstliche Weiher und kann von der Altstadt aus mit der Standseilbahn Mühleggbahn erreicht werden.


Ungemein beschaulich sind die Altstadtgassen St. Gallens. (Bild: zaubervogel / pixelio.de)


Wen es noch etwas weiter hinauszieht, der findet am 10 km entfernten Bodensee Gelegenheit, bei ausgedehnten Spaziergängen, auf Bootsausflügen oder an der Promenade der Kleinstadt Rorschach einmal einen Tag lang die Seele baumeln zu lassen. Der beschauliche 9000-Einwohner-Ort bezaubert mit seiner malerischen mittelalterlichen Altstadt und seiner auf Stelzen gebauten Badhütte aus dem Jahr 1924, dem letzten Bauwerk seiner Art in der Schweizer Bodenseeregion.

 

Oberstes Bild: Die Stiftskirche, das Wahrzeichen St. Gallens. (Bild: V 200 / Wikimedia / Public Domain)

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