Die Insel Rhodos, Teil 2: Rhodos-Stadt - zwischen Europa und Asien, zwischen Antike und Moderne
VON Natalia Muler Alle Länder Europa
Ob die Alten es sich so besser merken konnten, oder einfach meinten, dass doppelt gemoppelt besser hält – wie es auch gewesen sein mag, sie nannten die Hauptstadt der Insel Rhodos auch Rhodos. Also, es gibt eine Rhodos-Insel und eine Rhodos-Stadt. Und wer auf Rhodos seinen Urlaub verbringt, wird zweifelsohne in Rhodos viele bunte Eindrücke sammeln können.
Rhodos-Stadt befindet sich an der Nordspitze der Insel. Im Norden konzentriert sich hauptsächlich das betriebsame touristische Leben, und Rhodos-Stadt ist das Epizentrum dieses andauernden Remmidemmis.
Dies ist ein Bericht über die Insel Rhodos in mehreren Teilen. Hier das Inhaltsverzeichnis:
1. Teil: Die Insel Rhodos: Die Ankunft im Land der Legenden
2. Teil: Die Insel Rhodos: Rhodos-Stadt – zwischen Europa und Asien, zwischen Antike und Moderne
3. Teil: Die Insel Rhodos: Was Menschen und Land übereinander erzählen
4. Teil: Die Insel Rhodos: Lindos und seine Akropolis, Esel und Schmuckläden
5. Teil: Die Insel Rhodos: Die Suche nach sich selbst auf dem Berg Filerimos
6. Teil: Die Insel Rhodos: Petaloudes – zu Besuch im Tal der Schmetterlinge
7. Teil: Die Insel Rhodos: Die Thermen von Kallithea – ein Tag wie im Kino
8. Teil: Die Insel Rhodos: Ein letzter Blick auf die grüne Insel
Wir parken das Auto in der Nähe des Fährhafens. Erstens schaffen wir die noch verbliebenen 500 Meter viel schneller zu Fuss als mit dem Auto, denn in der Nähe der Altstadt gibt es keine Parkplätze, dafür aber zahlreiche Möglichkeiten, im Stau zu stehen. Und zweitens kommen wir von hier direkt zum Mandraki-Hafen, der für die Seeromantiker geschaffen zu sein scheint. Als ich noch ein kleines Mädchen war, und gewiss zu viele Abenteuerbücher gelesen hatte, träumte ich im Geheimen davon, in die nächstliegende Hafenstadt zu fliehen und als Schiffsjunge (oder in meinem Fall als Schiffsmädchen) an Bord eines der Überseedampfer zu gehen. Natürlich ging ich stattdessen nur fleissig zur Schule und „Yo-Ho-Ho und eine Flasche Rum“ wurde ins Reich der Phantasie verbannt. Und hier im Mandraki-Hafen kommen plötzlich alle unerlebten Seeabenteuer in Erinnerung. Das Blau des Wassers und der Geruch des salzigen Seewassers verleiten mich fast dazu, nach einem passenden Schiff Ausschau zu halten. Doch wieder mal siegt die Vernunft. Und anstatt uns vom grauen Alltag weg ins Abenteuerleben zu werfen, entscheiden wir uns für einen schön zivilisierten Cappuccino-Genuss. Von einem der unzähligen Cafés beobachten wir das rege Non-Stop-Hafenleben. Die riesigen weissen Kreuzfahrtschiffe spucken die Touristen aus und schlucken sie bald wieder. Schiffe und Boote aller Kaliber drängeln sich zwischen den weissen Riesen. Das Leben quirlt und strudelt.
Von hier marschieren wir zur Hafeneinfahrt, wo wir die Wahrzeichen von Rhodos sehen können: Zwei Sockel, auf denen der Legende nach der Koloss von Rhodos, eines der sieben Weltwunder, gestanden haben soll. Die gigantische Statue wurde zu Ehren des glücklichen Ausgangs der Belagerung von Rhodos 305-304 v. Chr. angefertigt. Die Rhodier wollten ihrem Schutzgott Helios für die Rettung danken und gaben eine riesige Helios-Statue in Auftrag. Der Koloss von Rhodos soll etwa 30 bis 35 Meter hoch gewesen sein und bestand aus gegossener Bronze. Doch erwies sich der Riese als das kurzlebigste der sieben Weltwunder. Obwohl die griechische Gottheit alle Feinde so geschickt abgewehrt haben soll, ist sie beim ersten grossen Erdbeben, das etwa im Jahre 226 v. Chr. geschah, umgestürzt. Nach einigen Quellen knickte der Koloss von Rhodos während des Bebens einfach in den Knien ein. Von der ganzen Herrlichkeit sind heute nur zwei Sockel übriggeblieben, die ein Hirsch und seine Gefährtin Hirschkuh, beide von ziemlich bescheidenen Ausmassen, zieren.
Vom Mandraki-Hafen führt die Ritterstrasse in die Altstadt, die seit 1988 zum Weltkulturerbe der UNESCO zählt. Die Altstadt ist von einer mehrere Kilometer langen Festungsmauer umgeben. Wenn man der Ritterstrasse mit den sogenannten „Herbergen der Zungen“ – den Unterkünften der europäischen Ritter – weiter folgt, kommt man zum höchsten Punkt der Altstadt, wo sich der Grossmeisterpalast des Johanniterordens befindet. Nach der osmanischen Eroberung diente der Palast als Gefängnis und Pulverlager. Mitte des 19. Jahrhunderts geschah das Unvermeidbare: eine Munitionsexplosion zerstörte weitgehend den Palast. Aber in einer der dunkelsten Zeiten der Geschichte erweist sich der Spruch „kein Leid ohne Freud“ wieder mal als wahr. Die Italiener bauten währen der Besatzung von Rhodos von 1912 bis zum 1943 den Grossmeisterpalast in 1,5-facher Grösse wieder auf. Hier war nämlich die Residenz des italienischen Königs und später auch der Sitz von Mussolini vorgesehen. Heutzutage beherbergen die majestätischen Bauten das archäologische Museum, in dem man viele griechische und römische Skulpturen und Mosaiken bewundern kann.
Von der osmanischen Besatzung zeugen die Süleyman-Pascha-Moschee und die türkische Bibliothek. Die touristisch geprägten Strassen münden in zahlreiche Plätze und Plätzchen, von welchen der schönste wahrscheinlich der Platz der jüdischen Märtyrer mit dem Seepferdchenbrunnen ist. Im Türkenviertel finden wir noch mehr orientale Exotik: Es ist ein echtes Lustwandeln durch die schmalen Gassen und Plätze, die bunten Farben in Schaufenstern, umhüllt von leckeren Gerüchen der türkischen Küche. Als wir am Schluss sogar ein Hamam – ein türkisches Bad – entdecken, verstehen wir, dass ein einmaliger Besuch überhaupt nicht reicht, um die Altstadt von Rhodos kennen zu lernen. Also, wir werden bestimmt wieder kommen.
Oberstes Bild: Der Grossmeisterpalast (Bild: Heiko Gorski, Wikimedia, GNU)[vc_text_separator title=“Wo liegt dieses Reiseziel?“ title_align=“separator_align_center“][vc_gmaps type=“m“ zoom=“14″ link=“https://maps.google.com/maps?q=Rhodos,+Griechenland&hl=es&sll=37.0625,-95.677068&sspn=54.533615,79.013672&oq=rhodos,+griechenland&hnear=Rodas,+Grecia&t=m&z=14″ size=“350″]