Die Schweiz als Weinland
von Agentur belmedia Alle Länder Europa Schweiz Tessin
Auch die besonderen Schwierigkeiten für die Schweizer Winzer, die häufig mit Reben in schwierigem Gelände wie steilen Hanglagen anbauen müssen, begrenzen die Ertragsmöglichkeiten und machen den Wein noch teurer. In der Regel ist Schweizer Wein eher leicht und wird jung getrunken. In den letzten zwei Jahrzehnten hat sich seine Qualität sehr gesteigert – nämlich dadurch, dass eine kontrollierte Appellation eingeführt wurde (zuerst im Kanton Wallis).
Mit Wurzeln in der römischen Antike – Weinanbau in der Schweiz
Bis in die Antike reicht die Tradition des Schweizer Weinanbaus, denn sehr wahrscheinlich wurde er von den Römern ins Land gebracht. Als Beleg dafür gelten antike Rebmesser, die in der Westschweiz (zum Beispiel in Städten wie Nyon und Martigny) gefunden wurden. Archäologen haben ausserdem Traubenkerne im Wallis entdeckt, die aus der eisenzeitlichen und frührömischen Periode stammen. Bis in diese Zeit reichen also die Wurzeln einiger alter autochthoner Rebsorten zurück.
Bereits im frühen Mittelalter wurde Wein in vielen Regionen der Schweiz kultiviert. Die Klöster leisteten, wie in anderen europäischen Weinregionen auch, einen wichtigen Beitrag bei diesem Unterfangen. Die ersten Weinberge wurden nämlich auch hier von Mönchen angelegt. So geht beispielsweise im Schweizer Kanton Waadt die gesamte Weinbautradition auf das Kloster Dézaley und seine Zisterzienser-Mönche zurück.
Nachhaltige Revitalisierung nach langen Krisenjahren
Die Konkurrenz aus Frankreich brachte den Schweizer Weinbau ab dem 17. Jahrhundert in eine Krise. Diese weitete sich dadurch aus, dass im 19. und 20. Jahrhundert die zunehmende Besiedlung nicht nur einen Verlust an Anbauflächen zu verzeichnen war, sondern sich auch billige Importe und verschiedene Rebkrankheiten einschlichen. So dezimierte sich die Weinanbaufläche zwischen 1900 und 1960 von etwa 33‘000 auf nur noch 12‘500 Hektar. Heute sind es wieder 14‘920 Hektar, auf denen Trauben angebaut werden und die Schweizer Winzer haben erfolgreich gegen ihren drohenden Niedergang angekämpft – und zwar nachhaltig. Sogar als absolute Spitzenweine werden einige ihrer Produkte gehandelt, so zum Beispiel die Pinot Noirs der Kelterei von Martha und Daniel Gantenbein im Bündner Rheintal.
Vielfalt, Engagement und Qualität
Circa 200 Rebsorten werden in der Schweiz angebaut. Dabei belegt der Chasselas, im Wallis als Fendant bekannt, den ersten Rang. Diese Rebe gibt es zwar auch in anderen Ländern, aber die Schweizer Winzer sind die einzigen, die es verstehen, die Vorzüge dieser Rebsorte in ihrem vollen Umfang zu nutzen. So wird aus ihr eine Vielzahl grossartiger Weissweine gekeltert. Beliebt sind ausserdem die weissen Reben Sylvaner (Johannisberg) und Müller-Thurgau (Riesling und Sylvaner). Unter den roten Sorten finden sich der Pinot Noir, der in allen Schweizer Weinanbaugebieten vorhanden ist, und der Gamay, der vor allem im Waadtland und im Weinanbaugebiet um Genf herum zu Hause ist. Aus dem französischen Bordeaux kam vor etwa 100 Jahren ein weiterer Wein ins Tessin: der Merlot. Aktuell findet die Syrah-Rebe immer mehr Anhänger in der Schweiz.
Aber nicht nur die internationalen Rebsorten, sondern auch ureigenste Schweizer Rebsorten finden sich in den Anbaugebieten – etwa 40 davon sind nur hier zu Hause. Neben diesen alten Sorten passen sich die Winzer aber auch an die Bedürfnisse moderner Weinliebhaber an und so konzentriert sich ein Teil von ihnen auf den Anbau ausgewählter internationaler Weine. Andere züchten neue Sorten oder Arbeiten an der Verfeinerung der autochthonen Reben. Dementsprechend ist Schweizer Weinbau heute gleichzusetzen mit grosser Vielfalt, engagierten Winzern und einer ausgesprochen hohen Qualität.
Wein als Kulturgut
In nahezu allen Regionen der Schweiz wird der Weinanbau gepflegt. Die offiziellen Weinregionen sind die Kantone Waadt und Genf, das Wallis, das „Drei-Seen-Land“ (das aus Teilen der Kantone Freiburg, Bern und Neuenburg besteht) und den Kantonen Luzern, Aargau, Zürich und Schaffhausen. An den Ufern des Thunersees und die Bündner Herrschaft haben ebenfalls diesen Status.
Dass Wein in einem umfassenden Sinn als Kulturgut zu verstehen ist, erlebt man, wenn man in einem Weinanbaugebiet unterwegs ist. Durch die Prägung und Entwicklung ganzer Regionen führt der Weinbau uns tief in die Geschichte: Uralte Arbeitstechniken kommen hier zum Einsatz, die sich eigentlich bis heute nicht verändert haben. Ein weiterer Bonus des Weinanbaus ist es, dass er fast immer in Regionen gepflegt wird, die auch landschaftlich besonders schön und reizvoll sind.
Weinreisen und Wanderungen zu unvergesslichen Erlebnissen machen
Als Tagesausflüge oder mehrtägige Touren werden Weinreisen und Weinwanderungen in allen Weinregionen der Schweiz angeboten. Auch allein kann man sich eine schöne Route zusammenstellen, mit den Profis bekommt man aber die Chance, die Strecken und Winzereien kennenzulernen, die man alleine nicht finden würde. Dabei gehören Weinverkostungen bei solch einem Ausflug natürlich mit zum täglichen Programm. Übernachtungsmöglichkeiten sowie Gelegenheiten hervorragend zu Essen muss man dann auch nicht erst suchen, sie werden von den Weingütern gleich mit angeboten.
Haben Sie auch Lust, Winzern auf Weinbergen und in Keltereien bei der Arbeit über die Schulter zu schauen? Dann machen Sie sich auf ein unvergessliches Erlebnis bei einer Weinreise oder Weinwanderung gefasst, denn so kommen Sie nicht nur mit der Natur, dem Charakter und den Menschen, sondern auch mit dem Wein selbst und anderen kulinarischen Spezialitäten der Region in Berührung. Währenddessen bewegen Sie sich in uralten Kulturlandschaften – und zwar nicht nur in der Schweiz, sondern auch in den Nachbarländern und ihren Weinbaugebieten.
Oberstes Bild: Weinberg in Fläsch, Graubünden (© Martin Fisch, Wikimedia, CC)