Konstanzer Reminiszenzen im Thurgau – Bischofszell

Bischofszell ist ein liebenswertes altes Städtchen im Kanton Thurgau, rund 30 Kilometer südlich von Konstanz und 20 Kilometer nordwestlich von Sankt Gallen gelegen. Dieser Mittellage verdankt der Ort zum Gutteil seine Existenz – und seine Sehenswürdigkeiten, die einen Besuch lohnend machen.

Die Ursprünge der Stadt reichen bis ins neunte nachchristliche Jahrhundert zurück. Die damaligen Territorialherren der Region, die Bischöfe von Konstanz und die Abtei Sankt Gallen, waren durch reiche Schenkungen mächtig geworden und versuchten, ihr Einflussgebiet noch weiter auszudehnen.

Von daher verwundert es nicht, dass man sich irgendwann ins Gehege kam. Bischofszell gehörte dabei zum Konstanzer Territorium und wurde von den Bischöfen gezielt als Stützpunkt gegen das benachbarte Sankt Gallen ausgebaut. Noch heute befindet sich der Ort in „Grenzlage“. Denn der Kanton Sankt Gallen beginnt unmittelbar vor den Toren der Stadt.


Bogenturm in Bischofszell (Bild: MARGRIT HIRSCH – Shutterstock.com)

Unter dem Konstanzer Krummstab

Die ehemalige bischöfliche Oberherrschaft wird auch im Bischofszeller Wappen deutlich. Es zeigt den charakteristischen Krummstab eines Bischofs. Und auch der Ortsname „Bischofszell“ weist auf bischöfliches Wirken hin. „Zell“ ist dem lateinischen „cella“ entlehnt, der Bezeichnung für die Behausung eines Einsiedlers. Früher entstand aus einer solchen „Einsiedelei“ häufig nach einiger Zeit ein Kloster oder ein Stift – so auch in Bischofszell.

Die Gründung des Sankt Pelagistifts in der Stadt durch den Konstanzer Bischof Salomo ist in einer spätmittelalterlichen Chronik belegt. Da es mehrere Träger dieses Namens gab, fällt die genaue Datierung schwer. Sie ist irgendwann zwischen 839 und 919 anzusetzen. „Bischofszell“ bezeichnet also ein bischöfliches Stift, um das sich später der Ort entwickelte, der im 13. Jahrhundert Stadtrechte erhielt.


Die Marktgasse in Bischofzell (Bild: JoachimKohlerBremen, Wikimedia, CC)

Sichtbares Zeichen der Konstanzer Präsenz ist bis heute Schloss Bischofszell. Die Bezeichnung „Schloss“ mutet etwas hochtrabend an. Tatsächlich wirkt der markante Bau mit seinem auffälligen Giebel mehr wie ein schlichtes wehrhaftes Haus, denn als prächtiges Schloss.

Das Erdgeschoss ist im 13. oder 14. Jahrhundert entstanden, das Obergeschoss um 1500. Früher gab es auch noch einen Turm, der aber im 19. Jahrhundert abgebrochen wurde. Tatsächlich war der Bau mehr zur Sicherung gedacht. Er lag in der Südwestecke der Stadt innerhalb der Stadtmauern und war nach zwei Seiten durch steile Abhänge geschützt. Als Residenz des Bischofs diente er nie, das Gebäude war der Sitz des Konstanzer Obervogts.


Schloss Bischofszell (Roland Zumbühl, Wikimedia, GNU)

Barocke Altstadt und eine krumme Brücke

Ansonsten ist in Bischofszell nur noch wenig mittelalterliche Bausubstanz erhalten. Das ist die Folge eines grossen Stadtbrandes im Jahre 1743, bei dem viele ältere Gebäude zerstört wurden. Einzig die alte Bogenbrücke – auch „Krumme Brücke“ genannt – über das Flüsschen Thur ist noch ein Werk des Spätmittelalters.

Es ist die grösste noch erhaltene Brücke dieser Art in der Schweiz. Der Zeitglockenturm als Teil der ehemaligen Stadtbefestigung stammt ebenfalls noch aus älterer Zeit. Ansonsten findet sich im historischen Zentrum mancher schöne barocke Bau, der in der Zeit des Wiederaufbaus nach dem letzten Brand entstanden ist.


Historische Brücke über die Thur (Bild: Roland Zumbühl, Wikimedia, CC)

Das repräsentative Glanzstück bildet sicher das Rathaus, das sich mit seiner zartrosa-weiss gegliederten Fassade deutlich von seinem Umfeld abhebt. Im Inneren birgt es kostbare Stuckaturen. Der Bürgersaal im Obergeschoss gilt als prächtigster Raum der Stadt. Aber auch viele schöne Wohnhäuser in der Altstadt können ihre Entstehung im Barock nicht verbergen. Mancher eindrucksvolle Fachwerkbau aus dieser Zeit ist darunter.


Das barocke Rathaus von Bischofszell (Bild: JoachimKohlerBremen, Wikimedia, CC)

Die Pfarrkirche Sankt Pelagius erlebte ebenfalls manchen Sturm der Geschichte. Der Chor und die Allerheiligen Kapelle wurden im 14. Jahrhundert errichtet, das Kirchenschiff stammt aus dem 15. Jahrhundert, weitere Anbauten entstanden im Barock, in dem auch der Chor barockisiert wurde. So spiegelt der Bau unterschiedliche Stile und Zeiten wieder.


Katholische Kirche St. Pelagius mit Michaelskapelle (Bild: JoachimKohlerBremen, Wikimedia, CC)

Rosenstadt im Kanton Thurgau

Seit 2002 findet in Bischofszell jedes Jahr die Rosen- und Kulturwoche statt. Dann gibt es in den Strassen der Altstadt eine der grössten Rosenschauen der Schweiz und zahlreiche Veranstaltungen ranken sich um die stachelige Schönheit. Musikalisches, Kulinarisches und vieles mehr ist im Angebot. Seit 2005 trägt Bischofszell daher den Titel „Rosenstadt“ und steht damit in gewisser Konkurrenz zu dem nicht allzu weit entfernten Rapperswil im Kanton Sankt Gallen, das ebenfalls auf seine Rosen stolz ist. In Bischofszell ist es jedenfalls bald wieder so weit. Vom 25. Juni bis 3. Juli ist erneut die Zeit der Rosen in dem alten Städtchen.



Fazit

In Bischofszell im Kanton Thurgau erinnert noch manches an die einstige Herrschaft der Konstanzer Bischöfe. Die barocke Altstadt ist jährlich Schauplatz der Rosen- und Kulturwoche in der Rosenstadt.

 

Artikelbild: © JoachimKohlerBremen, Wikimedia, CC

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Mehr zu Stephan Gerhard

ist seit Jahren als freier Autor und Texter tätig und beschäftigt sich bevorzugt mit Themen rund um Finanzen, Geldanlagen und Versicherungen sowie Wirtschaft. Als langjähriger Mitarbeiter bei einem Bankenverband und einem großen Logistikkonzern verfügt er über umfassende Erfahrungen in diesen Gebieten.

Darüber hinaus deckt er eine Vielzahl an Themen im Bereich Reisen, Tourismus und Freizeitgestaltung ab. Er bietet seinen Kunden kompetente und schnelle Unterstützung bei der Erstellung von Texten und Präsentationen.

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