Share Economy – neuer Trend auch beim Reisen 

Share Economy ist ein modisches Schlagwort, wenn es um innovative Trends geht, die vor allem dank des Internets starke Verbreitung finden. Die Kunst des Teilens erhält dank Online-Welt und neuer Medien ungeahnte Möglichkeiten. Das gilt auch beim Thema Reisen.

Dass das Sharing hiervor nicht Halt macht, ist nicht weiter überraschend. Schliesslich ist das Reisen – ob beruflich oder privat – ein wichtiger Bestandteil unseres Daseins. Und Trends halten vor allem dort Einzug, wo Menschen in ihrem täglichen Leben betroffen sind.

Share Economy – Vorteile durch Teilen

Auf der diesjährigen Internationalen Tourismus Börse (ITB) in Berlin war die Share Economy ein zentraler Diskussionspunkt. Angebote in diesem Bereich schiessen wie Pilze aus dem Boden und krempeln das Reisegeschäft kräftig um. Klassische Geschäftsmodelle der Reisebranche werden dadurch zunehmend infrage gestellt, gleichzeitig eröffnen sich aber auch neue Perspektiven. Und für den Reisenden selbst bieten die zahllosen Plattformen, die sich inzwischen im Internet tummeln, einerseits interessante Alternativen bei der Reiseplanung und -organisation,  andererseits fällt es zunehmend schwer, in der verwirrenden Vielfalt den Überblick zu behalten, zumal die Share Economy einem dynamischen Wandel unterworfen ist.



Was genau unter Share Economy zu verstehen ist, dafür gibt es keine allgemeinverbindliche Definition. Der Begriff wurde vor einigen Jahren von dem Harvard-Wissenschaftler Martin Weitzmann geprägt. Weitzmann fasste darunter ganz generell den wohlstandssteigernden Effekt, der durch das Teilen von Wissen und Informationen entsteht. Kein Medium steht dafür so sehr wie das World Wide Web, das Know-how rund um den Globus jederzeit und in bisher ungekanntem Umfang verfügbar gemacht hat. Das Netz eröffnete gleichzeitig auch ein riesiges Potenzial für praktische Anwendungen im Alltag.

In einem engeren Sinne wird unter Share Economy ein Konzept verstanden, das im Teilen und der zeitlich begrenzten Nutzung von Ressourcen besteht, die nicht dauerhaft benötigt werden. Dabei kann ein altruistischer Gedanke im Hintergrund stehen, das ist aber kein Muss. Die Verwendung als Geschäftsmodell ist ebenso möglich und inzwischen sogar deutlich stärker verbreitet. Das Internet als Medium ist für die Share Economy nicht zwingend, hat aber als Katalysator für zahlreiche Sharing-Modelle gewirkt und sehr zur Verbreitung des Prinzips beigetragen.

Gastfreundschaftsnetzwerke – Couchsurfing und mehr

Eines der ersten Felder, in welche die Share Economy im touristischen Bereich auch internetbasiert Einzug hielt, sind Gastfreundschaftsnetzwerke. Deren Idee ist relativ alt. Bereits 1949 wurde mit Servas Open Doors die erste Organisation gegründet, die sich diesem Gedanken verpflichtet fühlt. Gastfreundschaftsnetzwerke sind im Ursprung unkommerzielle, auf Freiwilligkeit beruhende Einrichtungen, bei denen Privatleute unter dem Gedanken der Völkerverständigung und Freundschaft Reisenden kostenlos Unterkunft zur Verfügung stellen. Da bei Reisen die Übernachtung einer der Hauptkostenfaktoren ist, wollen solche Organisationen ein wichtiges Hemmnis für weniger finanzkräftige Reisende beseitigen.


CouchSurfing ist zu einem stark kommerzialisiertes Angebot geworden. (Bild: © wavebreakmedia – shutterstock.com)

Solche Netzwerke haben durch das Internet spätestens ab 2000 einen enormen Aufschwung erfahren. Eines der ersten webbasierten Angebote dieser Art war couchsurfing.com, das nach eigenen Angaben heute weltweit rund zehn Millionen Mitglieder zählt und damit das grösste Netzwerk mit diesem Ansatz darstellt. Allerdings hat sich CouchSurfing inzwischen stark von seinem ursprünglich altruistischen Ansatz entfernt und ist ein – nicht unkritisch betrachtetes – stark kommerzialisiertes Angebot geworden.

Ausdrücklich nicht profitorientiert arbeitet dagegen bewelcome.org, das von der Non-Profit-Organisation BeVolunteer betrieben wird. Auf Gegenseitigkeit im Sinne einer kostenlosen Klubmitgliedschaft angelegt ist auch hospitalityclub.org; hier geht es darum, dass sich die Mitglieder untereinander Unterkunft und Reiseunterstützung bieten. Dies sind aber nur drei Beispiele. Es gibt mittlerweile etliche weitere Plattformen, bei den das Prinzip des Gastfreundschaftsnetzwerks nach wie vor Pate steht.


Die vorliegende Statistik zeigt die Ergebnisse einer Umfrage von deals.com unter 568 Personen aus dem Jahr 2014 zu der Nutzung von Couchsurfing als Gast nach Geschlecht. (Bild: © Statista 2015)

Unterkunft von privat an privat

Im Unterschied zu Gastfreundschaftsnetzwerken sind kommerzielle Vermittlungsplattformen für Privatunterkünfte von vornherein auf geschäftliche Anwendung ausgelegt. Der jeweilige Betreiber stellt seine Plattform privaten Gastgebern für die Inserierung von Wohnungs- und Apartment-Angeboten auf Zeit zur Verfügung und erhebt dafür Gebühren – in der Regel als Prozentsatz vom Übernachtungspreis.

Wie erfolgreich dieses Geschäftsmodell funktioniert, beweist der Betten-Vermittler airbnb.org aus Kalifornien. Airbnb wurde erst 2008 gegründet und konnte alleine in den ersten vier Jahren seiner Existenz rund zehn Millionen Übernachtungen vermitteln. Derzeit stehen auf der Plattform rund eine Million Inserate aus fast allen Ländern der Erde zur Auswahl. Ähnliche Konzepte wie Airbnb verfolgen die deutschen Startups 9flats.com und wimdu.com. Bei global-homing.com können Ferienimmobilien-Eigentümer ihr Objekt kostenlos Gästen zur Verfügung stellen und erwerben damit Anwartschaften auf ein kostenloses Feriendomizil woanders – eine moderne Form der Tauschwirtschaft.


Derzeit stehen auf Airbnb rund eine Million Inserate aus fast allen Ländern der Erde zur Auswahl. (Bild: © Iriana Shiyan – shutterstock.com)

Die Grenzen zwischen privater und gewerblicher Vermietung sind dabei oft fliessend. Während es bei den Gastfreundschaftsnetzwerken in der Regel um einen reinen Platz zum Schlafen ohne jeden Komfort geht – eben die sprichwörtliche Couch –, sind die Angebote auf Vermittlungsplattformen durchaus professionell. Sie bedienen unterschiedliche Kategorien und können sich in der Ausstattung mit Hotel- oder Pensionsunterkünften häufig messen. Sie stellen daher eine ernst zu nehmende Konkurrenz für das traditionelle Beherbergungsgewerbe dar, das oft strengeren Anforderungen genügen muss. Vor allem bei Privatreisen haben sich solche Angebote zu einer echten Alternative entwickelt. Im Bereich von Geschäftsreisen werden sie dagegen noch weniger genutzt.

Mitfahren ist angesagt

Ein weiteres Feld, in das die Share Economy im Bereich des Reisens inzwischen Einzug gehalten hat, ist die Mobilität. Hier ist das Teilen bereits seit Langem verbreitet. Mitfahrzentralen gibt es seit Jahrzehnten und werden gerne genutzt, um kostengünstig von A nach B zu gelangen. Auch hier hat das Internet einen Quantensprung bewirkt. In diesem Bereich kann das Netz seine Vorteile, die Herstellung von Informationstransparenz und schnelle Abwicklung, voll ausspielen.

In der Schweiz ist zum Beispiel mitfahrgelegenheit.ch eine bekannte Plattform, um Mitfahrten zu organisieren. Eine interessante Alternative dazu bietet www.flinc.org. Hier schalten Fahrer in ihrem Navigationssystem die Bereitschaft zur Mitnahme frei und Mitfahrinteressenten, die sich gerade auf der Fahrtroute befinden, können ihr Interesse per Handy anmelden. Das System handelt dann Treffpunkt und Konditionen aus. Es ist so etwas wie Trampen im Internet-Zeitalter.


Mitfahrzentralen gibt es seit Jahrzehnten und werden gerne genutzt. (Bild: © Valua Vitaly – shutterstock.com)

Car- und Bike-Sharing

Eine innovative Form, Fahrgelegenheiten zu teilen, bietet auch Car-Sharing. Es stellt eine Alternative zum klassischen Mietwagen dar und ist vor allem bei Städtereisen interessant. In den meisten grossen Städten stehen inzwischen bereits parallel mehrere Car-Sharing-Angebote zur Verfügung, so dass Interessenten hier fast die Qual der Wahl haben. Allerdings setzt die Car-Sharing-Teilnahme in der Regel die längerfristige Mitgliedschaft in einer entsprechenden Organisation voraus und ist daher vor allem etwas für Reisende, die auch ansonsten Car-Sharing nutzen.

Das gilt nicht für die inzwischen weitverbreiteten Fahrradangebote zum Teilen, die es in vielen Städten gibt. Bike-Sharing ist eine gute Möglichkeit, eine Stadt für sich zu entdecken. Meistens finden sich die Fahrräder verstreut an diversen Stellplätzen im jeweiligen Stadtbereich und können an Automaten mit Kreditkarte unkompliziert gebucht werden. Als europäische Bike-Sharing-Hauptstadt gilt London, aber auch andere Metropolen haben sich längst darauf eingestellt.



Raum für kreative Ideen

Die Möglichkeiten der Share Economy im Zusammenhang mit Reisen sind damit keineswegs vollständig. Das Prinzip des Teilens steht erst am Anfang, und viele Potenziale sind noch gar nicht entdeckt oder ausgeschöpft. Zwei Beispiele für kreative Ideen sollen abschliessend genannt werden. Die Startup-Plattform EatWith aus Israel vermittelt Teilnahmen an privaten Essen in fremden Städten als Alternative zum Restaurant-Besuch. Und bei bringwasmit.de kann man sich von anderen Reisenden Mitbringsel besorgen lassen, die man selbst bei seinem Ferienaufenthalt vergessen hat. Der Fantasie sind keine Grenzen gesetzt.

 

Oberstes Bild: © Peter Bernik – shutterstock.com

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Mehr zu Stephan Gerhard

ist seit Jahren als freier Autor und Texter tätig und beschäftigt sich bevorzugt mit Themen rund um Finanzen, Geldanlagen und Versicherungen sowie Wirtschaft. Als langjähriger Mitarbeiter bei einem Bankenverband und einem grossen Logistikkonzern verfügt er über umfassende Erfahrungen in diesen Gebieten.

Darüber hinaus deckt er eine Vielzahl an Themen im Bereich Reisen, Tourismus und Freizeitgestaltung ab. Er bietet seinen Kunden kompetente und schnelle Unterstützung bei der Erstellung von Texten und Präsentationen.

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