Tadschikistan – Bartang Valley: Vom Pamir Hwy zurück nach Dushanbe

„Bist du dir sicher, dass wir den Weg nehmen sollen? Meinst du, wir schaffen das?“, fragt Frank etwas unsicher, da uns viele Leute warnten, dass der Weg stellenweise völlig zerstört sei.

Er bangt vor allem um seinen Rückflug, denn viele Puffertage haben wir nicht mit einberechnet.

„Klar, auf jetzt! Das wird bestimmt klasse“, antworte ich ihm.

Ohne eine Menschenseele zu sehen, radeln wir in der endlosen, wunderschönen, weiten Bergwelt dahin. Die Strasse ist im Vergleich zum Pamir Hwy ein kleiner Pfad. Der Wind tobt, aber es ist einfach nur gigantisch hier draussen.

Vorräte konnten wir leider nicht grossartig einkaufen, denn in dem einzigen Laden im letzten Dorf gab es kaum etwas in den Regalen, und somit hoffen wir, dass wir unterwegs noch irgendwo etwas bekommen können.

Doch keine Anzeichen von Zivilisation weit und breit.


Ohne eine Menschenseele zu sehen, radeln wir in der endlosen, wunderschönen, weiten Bergwelt dahin.

Egal, ich geniesse trotz extrem hungriger Gedanken jede einzelne Minute. Die bizarre Bergwelt ist jede Entbehrung wert.

Nach vielen anstrengenden Kilometern ist endlich ein Dorf in Sicht. Ein sehr neugieriger, goldiger Hirtenjunge, der uns unbedingt seiner Familie vorstellen möchte, begleitet uns lachend eine Weile lang zu seinem Haus. Wir bekommen Bratkartoffeln mit Spiegeleier serviert. Die besten Spiegeleier meines Lebens. Ich habe einfach nur irre Kohldampf und egal was wir bekommen hätten, es wäre das Leckerste der Welt gewesen.

Eier und Kartoffeln sind so ziemlich das einzige, was sie hier draussen haben. Ab und an sehen wir ganz kleine Gemüsebeete, aber mehr gibt es in dieser rauhen Welt nicht.

Der Junge hatte sich vor ein paar Tagen seinen Finger am Feuer stark verbrannt und die Haut sah gar nicht gut aus. Wir revanchierten uns für die Einladung mit unseren Mullbinden und einer entzündungshemmenden Creme. Ein Arzt ist viele Wandertage entfernt, denn das Bartang Valley ist seit vielen Monaten von der Aussenwelt abgeschlossen, die Strasse im unteren Teil total zerstört. Nur mit Eseln können die Waren in die Bergwelt gebracht werden.

Innerlich hoffe ich, dass der Junge keine ernsthaften Schwierigkeiten durch die Verletzung bekommt. Mehr können wir leider auch nicht für ihn tun.

Wir bahnen uns weiterhin den Weg entlang des reissenden Flusses. Mal oberhalb, mal direkt neben dem Fluss. Ab und an queren wir auf abenteuerlichen Brücken das Wasser.


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Wunderschöne Menschen begegnen uns, die uns immer wieder herzlich begrüssen und uns sehr oft zum Tee einladen. Arme Leute, doch machen sie einen sehr zufriedenen und glücklichen Eindruck.

Wie muss das Leben hier im Winter sein, frage ich mich immer wieder, während wir staunend unterwegs sind.

Ein Glück, verlieren wir täglich an Höhe, und somit können wir endlich wieder in Ruhe atmen. Es ist unglaublich, wie sehr die Höhenluft einem die Kraft nimmt.

„Und, was machen wir jetzt? Kommen wir da weiter?“ – „Mal schauen. Ich versuche es erst einmal ohne Rad und checke den weiteren Weg“, meint Frank zu mir. Das Wasser hat hier brutal gewütet. Die Strasse ist schlichtweg nicht mehr vorhanden.

Vorsichtig, Schritt für Schritt, balancieren wir auf einem kleinen Trampelpfad neben dem reissenden Fluss entlang. Wir müssen wieder einmal einige Male hin und her laufen. Über Stunden tragen wir bereits unseren Kram über dicke Felsbrocken und irgendwie scheint keine Besserung des Weges in Sicht zu sein.


Vorsichtig, Schritt für Schritt, balancieren wir auf einem kleinen Trampelpfad neben dem reissenden Fluss entlang.

Ein Abzweig. Oberhalb des Flusses muss ein Dorf sein. Der Hunger treibt uns vom Fluss weg und die Strasse ist so gut, dass wir die Räder wieder bepacken können und den brutal steilen Pfad schiebend bewältigen. Ein paar Häuser und wie überall in Tadschikistan herzliche Menschen, die uns wieder sofort zum Tee einladen.

Unsere Vorräte sind bereits lange alle und so sind wir froh, dass wir Brot und Kartoffeln, dazu wieder Spiegeleier gebraten bekommen. Wir kaufen den Leuten im Haus noch getrocknete Aprikosen ab und zelten die Nacht inmitten des kleinen Dorfes.

Eine glasklare Nacht und hell funkelnde Sterne. Die Milchstrasse zum Greifen nahe. Es ist bezaubernd.

Hahnengeschrei reisst uns aus dem Schlaf. Leider ist es schon wieder Zeit zum Aufstehen und so richtig zieht uns heute nichts auf den Weg, denn wir wissen, was vor uns liegt.


Wie überall in Tadschikistan finden wir herzliche Menschen, die uns sofort zum Tee einladen.

Völlig gerädert sitzen wir wieder im Sattel. Die vorherigen Tage waren heftig gewesen, die Reise ist kein Zuckerschlecken. Und wie befürchtet, gibt es weiterhin keine Verschnaufspause. Zerstörte Brücken und immer wieder verschüttete Wege begleiten uns auch an diesem Tag.

Aprikosenbäume zieren schon bald die Flusslandschaft. Immer wieder Schluchten, die wir passieren, und pausenlos atemberaubende Ausblicke. Abenteuerherz, was willst du mehr?

Eine extrem wackelnde, aus dünnem Bambus bestehende Hängebrücke schreckt uns erst einmal vom Weitergehen ab. „Wir haben keine Alternative. Ich radle jedenfalls den ganzen Weg nicht noch einmal wieder zurück“, meine ich, während Frank sofort konterte: „Ich ganz sicher auch nicht!“

Frank übernimmt wieder die Räder, ich wie immer die Taschen. „Eines ist sicher, wenn das Teil krachen sollte, sieht es schlecht mit uns aus“, meine ich zu Frank. „Ach komm, die gehen hier auch mit ihren Eseln rüber, da geht das mit den Rädern auch“, antwortet mir Frank ganz cool zurück.

Nun ja, das Ding hat gehalten, und innerlich bin ich heilfroh, dass es die einzige Bambusbrücke auf dem langen Weg ist.


Zerstörte Brücken und immer wieder verschüttete Wege begleiten uns auch an diesem Tag.

Je weiter wir kommen, desto grüner wird es. Das Tal ist bezaubernd. Es wird zudem immer wärmer. Weit kann es nun nicht mehr sein, bis wir die Strasse erreicht haben und wieder in der Zivilisation sind.

Wir treffen auf drei polnische Wanderer und erzählen uns unsere erlebten Abenteuer. Sie hatten es stellenweise deutlich einfacher mit ihren Rucksäcken als wir, doch auch sie waren extrem müde von der langen Wanderung.

Endlich die Strasse. Teer. Geschafft.

Im erstbesten Restaurant essen wir gleich drei Portionen des in vielen Teilen Zentralasiens traditionellen Nationalgerichts – Plov – und können es selber kaum glauben, dass wir es am Ende doch noch rechtzeitig geschafft haben.

Eine gigantische Reise geht zu Ende. Dankbar legen wir uns völlig erschöpft und zufrieden schlafen.

 

Bilder: © Heike Pirngruber

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Mehr zu Heike Pirngruber

Heike Pirngruber (43) radelt seit Mai 2013 alleine von Deutschland in Richtung Australien. 27 Länder hat sie dabei auf ihrem Weg bereits durchstreift. Sie ist gelernte Fotografin und Kamerafrau und führt über ihre Radweltreise einen faszinierenden Blog auf www.pushbikegirl.com.

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