35 Wanderkilometer rund um den Urnersee (Teil 1)

Im Sommer 1991 feierte die Schweiz ihren 700. Geburtstag. Die 26 Kantone machten ihr ein besonderes Geschenk: Rund um den Urnersee, vorbei an den historischen Stätten, die bei der Gründung 1291 eine Rolle spielten, wurde ein 35 Kilometer langer Wanderweg eröffnet.

Die Kantone legten Abschnitte an, deren Länge sich jeweils nach der Anzahl der Einwohner richtet. Man rechnete insgesamt mit 7 Millionen in der Schweiz lebenden Menschen und kam dabei für 35 Kilometer auf rund 5 Millimeter pro Person.

Zürich, als bevölkerungsreichster Kanton, legte deshalb 6 Kilometer an, das kleine Appenzell Innerrhoden sorgte für 71 Wandermeter. Die Wegstrecken wurden nach Beitrittsjahr zur Schweizer Eidgenossenschaft vergeben.


Blick über den Urnersee bis zum Urirotstock (Bild: © Manfred Heyde – CC BY-SA 3.0)

Ist das nicht eine wundervolle Idee, seine Heimat zu würdigen und alle Einwohner mit einzubeziehen? Als ich 2004 zu meiner ersten öffentlichen Wanderung einlud, stand der erste Abschnitt dieses herrlichen Wanderweges auf dem Plan. Seitdem habe ich den Urnersee viele Male umrundet und könnte nicht sagen, welches Teilstück das schönste ist. Sie sind alle empfehlenswert und ich möchte euch in diesem Beitrag Lust machen, selbst einmal an den türkisfarbenen Urnersee zu reisen, ihn zu umwandern und dabei die Schweiz symbolisch zu durchqueren. Viel Wissenswertes, Überraschendes und Erholsames erwartet euch.


Dieser Artikel ist Teil einer zweiteiligen Serie über den „Weg der Schweiz“.

Teil 1: 35 Wanderkilometer rund um den Urnersee

Teil 2: Von Flüelen nach Sisikon und weiter bis Brunnen


Wer gerne gemütlich wandert und sich Zeit nehmen möchte, die Landschaft zu geniessen, teilt den Weg am besten in vier Etappen auf. Sportlichere Wanderer nehmen den „Weg der Schweiz“ in zwei Etappen unter die Sohlen, und es gibt auch jene, die ihn an einem Stück stramm hinter sich bringen. Nur verpassen diese ehrgeizigen Leute so vieles …
Ich stelle euch alle Abschnitte so vor, wie ich sie erlebte. Es gäbe natürlich viel mehr zu sagen. Detaillierte Informationen findet ihr auf der Website weg-der-schweiz.ch. Natürlich dürft ihr jederzeit das Kontaktformular oder unsere Facebook-Seite für Fragen nutzen und ich werde euch gerne weitere Tipps geben.

Vom Rütli über den Seelisberg nach Bauen und weiter nach Flüelen

Die Tour startet mit einer Bootsfahrt. Wer Zeit hat, steigt in Luzern aufs Schiff und geniesst die Reise auf dem Vierwaldstättersee bis zum Rütli. Ich gehe, von Zürich über Brunnen anreisend, jeweils im Hafen Brunnen aufs Schiff. Vorbei am auffallenden Schillerstein, der dem Dichter anlässlich seines 100. Geburtstages gewidmet wurde, ist der Ausgangspunkt der Wanderung rasch erreicht. Der Linienschiffsverkehr nahm seinen Betrieb 1884 auf, vorher hielten die Dampfschiffe mitten auf dem See. Von dort brachte man die Besucher mit Ruderbooten ans Ufer. Die Anlegestelle, wie wir sie heute mit ihrer hölzernen Wartehalle kennen, gibt es seit 1913.


Blick von Seelisberg auf den Urnersee (Bild: © Badener – CC BY-SA 3.0)

Natürlich solltet ihr einen Abstecher zur Rütliwiese machen, die als Wiege der Schweiz gilt. Im Gasthaus nebenan gibt es die Möglichkeit, sich zu stärken und erste Eindrücke zu sammeln, bevor es an den Aufstieg hinauf zum Seelisberg geht. Der „Weg der Schweiz“ ist mit einem stilisierten Kreuz perfekt ausgeschildert, eine Wanderkarte benötigt ihr nicht. Unterwegs werdet ihr auch die Kantonssteine entdecken, der erste gehört zum Kanton Uri.

Der Weg ist ein wenig steil und nicht spektakulär, bis sich der Wald lichtet und einen grandiosen Blick auf den See und den gegenüberliegenden Fronalpstock freigibt. Weiter führt die Strecke leicht nach links und durchquert das Dorf Seelisberg. Besonders sehenswert ist die Wallfahrtskapelle Maria Sonnenberg. Seit 1666 steht sie unter mehreren Linden. Errichtet wurde hier zuerst eine Gebetsnische, später folgte die Kapelle am selben Ort, wo 1500 ein junger Ziegenhirt ein Marienbild gefunden haben soll.

Das ehemals luxuriöse Kurhotel Sonnenberg war Feriendomizil von Prominenten wie Konrad Adenauer oder Richard Wagner. Heute beherbergt es das „Europäische Zentrum der transzendentalen Meditation“. Yogis hoch über dem Urnersee? Die Skepsis, die sich anfänglich einstellte, als der inzwischen verstorbene indische Guru Maharishi Mahesh hier einzog, hat sich inzwischen gelegt. Da sogar neue Arbeitsplätze entstanden, fanden sich die Einheimischen mit den exotischen Nachbarn ab.


Blick von Sisikon Richtung Bauen am Urnersee. (Bild: © FkMohr – CC BY-SA 3.0)

Nach ein paar Minuten wird ein schöner, grosser Spielplatz an einem Waldrand erreicht. Hier lohnt eine Rast, wenn Kinder mit von der Partie sind. Ein weiterer empfehlenswerter Picknickplatz liegt ebenfalls auf der Strecke: Durch den Tannwald führt, weiterhin bestens ausgeschildert, der Vater-Unser-Weg bis zur Marienhöhe. Hier lädt ein perfekt ausgestatteter Rastplatz zu einer Pause ein. Neben der Feuerstelle gibt es Wasser, Bänke, Tische, und auch ein WC ist vorhanden. Die wundervolle Landschaft und der Blick hinunter auf den türkis schimmernden Urnersee verlangen danach, ein wenig zu verweilen.

Weiter geht es ohne nennenswerte An- oder Abstiege durch Wald und Wiese, bis rechts, etwas unterhalb, das Seelisberger Seeli zu sehen ist. Im Sommer könnt ihr hier baden. Nach kurzer Zeit zweigt vom Teersträsschen ein relativ steiler Weg ab und führt zum höchsten Punkt des gesamten „Weges der Schweiz“. Dort kann, leider nur von aussen, das Schlössli Beroldingen besichtigt werden. Es stammt aus dem 13. Jahrhundert. Dem Wegweiser folgend, ist nach ca. einer Viertelstunde der kleine Weiler Wissig erreicht. Wer Wanderstöcke dabei hat, und die sind für das kommende Wegstück empfehlenswert, sollte sie nun auspacken.

Hinunter nach Bauen geht es abenteuerlich über einen alten Säumerweg. Und der hat es in sich! Nicht, dass es gefährlich wäre, ihn zu begehen: Er sorgt aber mit ca. 850 Treppenstufen dafür, dass sich am nächsten Morgen der Muskelkater meldet. Dieser historische Pfad macht Spass und ab und an gibt es auch eine Bank, wo ihr euch kurz ausruhen könnt. Schliesslich lockt das erste Etappenziel: das herzige Dorf Bauen.


Flüelen am Urnersee. (Bild: © Archangel12 – CC BY-SA 2.0 DE)

Nun könnt ihr entweder mit dem Schiff zurück nach Brunnen oder nach Flüelen fahren, den Bus nach Flüelen nehmen oder die nächste Etappe anhängen. Das ist die leichteste von allen, sie weist keinerlei Höhenmeter auf. Was nicht heisst, dass sie langweilig wäre! Sie eignet sich auch gut für Familien mit kleinen Kindern, und ausserdem ist die Strecke auch bei unbeständigem Wetter ideal: Der erste Teil verläuft auf einem alten, inzwischen längst verkehrsfreien, Weg durch Tunnels und Felsengalerien. An Teilstrecken wurden über dem Weg Stahlnetze gespannt, sodass immer wieder auftretender Steinschlag Wanderer und Biker nicht (be)trifft.

Die Galerien sind speziell: Nicht nur, weil die Durchbrüche immer wieder neue, traumhafte Ausblicke auf den See und die Berge ermöglichen; es gibt in den Felsnischen geschützte Grillierstellen. Wir haben hier schon bei Schnee und Regen grilliert, was jeweils ein ganz besonderes Erlebnis ist.
Gemütlich, und immer am Seeufer entlang, führt die Strecke nach Seedorf und weiter Richtung Flüelen. Hier erwarten euch ein Strandbad (Eintritt frei) und aufgeschüttete Inselchen, stellenweise Sandstrand, weitere Grillierplätze und ein origineller Abenteuerspielplatz.



Für Naturfreunde gibt es am Ende dieses erlebnisreichen Tages noch ein Highlight: Im unter Naturschutz stehenden Reuss-Delta fanden seltene Pflanzen- und Tierarten ein sicheres Zuhause. Nach gut fünf Stunden reiner Laufzeit, zuzüglich Pausen, erreicht ihr schliesslich über eine auffallende Bogenbrücke, welche die Reuss überspannt, ein Industriegebiet. Nun sind es nur noch wenige Minuten bis zum Bahnhof oder Hafen Flüelen. Das ist dann auch der Ausgangspunkt für die nächsten beiden Etappen, die ich euch im zweiten Teil vorstellen werde.

 

Oberstes Bild: © Ventura – shutterstock.com

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