El Escorial – ein Klosterpalast aus Spaniens Glanzzeit

Rund 45 Kilometer nördlich der spanischen Hauptstadt Madrid erhebt sich die gewaltige Kloster- und Palastanlage El Escorial. Sie gilt als grösster Renaissancebau der Welt.

Der Komplex ist in mehrfacher Hinsicht ein Symbol – von Spaniens einstiger Weltmachtstellung, von königlicher Grösse, von katholischer Glaubensstrenge und der Verbindung von Politik und Religion.

Zu Ehren des Heiligen Laurentius

Der genaue Name der Anlage ist Real Sitio de San Lorenzo de El Escorial und bedeutet übersetzt: Königlicher Sitz Sankt Laurentius von El Escorial. Letzteres ist der Name des Ortes, in dessen Bereich der Klosterpalast liegt.

Sankt Laurentius deshalb, weil der Erbauer König Philipp II. am Namenstag des Heiligen Laurentius eine wichtige Schlacht gegen die Franzosen gewann und daher ein Klosterbau-Gelübde zu seinen Ehren ablegte. Und königlicher Sitz war El Escorial nicht nur für Philipp II., sondern für viele spanische Könige. Noch mehr fanden hier ihre letzte Ruhestätte.


Distanzansicht mit Ort El Escorial (Bild: emeritense, Wikimedia, CC)

Philipp II. – ein Bürokrat auf dem Thron

Philipp II. war eine ernste, tief religiöse und asketische Persönlichkeit – und ein Büromensch. Aktenstudium und Schriftverkehr bildeten ein zentrales Element seiner Herrschaft. Die Verbindung von Kloster und Palast kam daher den Denk- und Lebensvorstellungen des Königs sehr entgegen.

Persönlich bescheiden bewohnte er in dem rund 2000 Räume umfassenden Komplex bis zu seinem Lebensende nur drei Zimmer. Unter dem glaubensstrengen Monarchen erreichte die Inquisition in Spanien einen Höhepunkt, ebenso die Weltmachtposition des Landes. Seine Regierung stellt dabei auch einen Wendepunkt dar, er selbst sollte noch den Beginn des Abstiegs erleben.

Strenge Formen und rechte Winkel

Wer die Gesamtanlage von El Escorial betrachtet, dem drängt sich unmittelbar der Eindruck eines Klosters auf. Hier herrscht strenge Geometrie vor – mit einem grossen Kirchenbau als Zentrum. Quadratische und rechteckige Formen dominieren den an ein Gitter erinnernden Grundriss. Das ist kein Zufall: damit sollte an das Martyrium des Heiligen Laurentius erinnert werden, der der Legende nach auf einem Feuerrost starb.


El Escorial – Innenhof. (Bild: Bernard Gagnon, Wikimedia, CC)

Kirche im Mittelpunkt

Der Bau mit einer Länge von 207 Metern und einer Breite von 161 Metern wurde zwischen 1563 und 1584 in Rekordzeit errichtet. Die Aussenfassade zeigt sich – dem Naturell des Erbauers entsprechend – weitgehend schmucklos.

Auch die Innenhöfe der Anlage sind nur zurückhaltend mit dekorativen Elementen versehen, repräsentativ ist vor allem das Portal der Klosterkirche gestaltet, das mit Säulen und den Statuen von sechs biblischen Königen geschmückt ist. Die Kirche selbst wurde in Kreuzform mit einer Kuppel und Doppeltürmen am Portal erbaut.

Das Glanzstück im Inneren bildet der prachtvolle Hochaltar aus rotem Marmor und Jaspis. Die Sakristei enthält Gemälde von berühmten Meistern, u.a. Tizian und El Greco. In der – auch Pantheon genannten – Krypta der Kirche sind die meisten spanischen Könige und Infanten seit Karl V. bestattet. Die Grabmäler von Philipp II. und Kaiser Karl V. befinden sich in der Kirche an den beiden Seiten des Hochaltars.


Real Biblioteca de San Lorenzo de El Escorial (Bild: Jose Luis Filpo Cabana, Wikimedia, GNU)

Glanzpunkt – die Bibliothek

Neben der Kirche umfasst der Komplex das eigentliche Kloster, den Königspalast, eine Schule und die Bibliothek. Sie gruppieren sich um insgesamt sechzehn Höfe und zwölf Kreuzgänge. Neben der Kirche gibt es dreizehn weitere Kapellen. Der El Escorial beeindruckt durch seine Dimensionen. Die prunkvollste Innengestaltung weist zweifelsohne die Bibliothek auf. Ihr Deckengewölbe ist mit prächtigen Fresken ausgestattet. Sie verfügt über einen äusserst wertvollen Bücherbestand von rund 40.000 Werken.

Auch der Königspalast ist sehenswert. Hier können historisches Mobiliar, Porzellan sowie kostbare Wandteppiche – vor allem im ausladenden Schlachtensaal – besichtigt werden. In der Pinakothek sind Werke von Hieronymus Bosch – dem Lieblingsmaler Philipps II. – sowie von Tizian, El Greco und Dürer ausgestellt.



Imponierende Steinmasse

Wärme und Heiterkeit strahlt der El Escorial nicht unbedingt aus. Der Schriftsteller Lion Feuchtwanger beschreibt ihn in seinem Roman ‚Goya oder der arge Weg der Erkenntnis‘ als ‚… ungeheure, imponierende Steinmasse, …, kaltprächtig, finster, abweisend‘. Besucher werden diesen Eindruck bestätigen, ohne sich der Faszination des Baus entziehen zu können.

 

Artikelbild: El Escorial – Luftaufnahme (© Turismo Madrid Consorcio Turístico, Wikimedia, CC)


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Mehr zu Stephan Gerhard

ist seit Jahren als freier Autor und Texter tätig und beschäftigt sich bevorzugt mit Themen rund um Finanzen, Geldanlagen und Versicherungen sowie Wirtschaft. Als langjähriger Mitarbeiter bei einem Bankenverband und einem grossen Logistikkonzern verfügt er über umfassende Erfahrungen in diesen Gebieten.

Darüber hinaus deckt er eine Vielzahl an Themen im Bereich Reisen, Tourismus und Freizeitgestaltung ab. Er bietet seinen Kunden kompetente und schnelle Unterstützung bei der Erstellung von Texten und Präsentationen.

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