Lanzarote – auf den Spuren César Manriques
VON Andrea Hauser Alle Länder Atlantik
Manrique ist es zu verdanken, dass auf Lanzarote kein Gebäude „höher als eine kanarische Dattelpalme“ sein darf – so bleiben uns riesige Betonklötze, wie sie leider häufig in Ferienregionen zu finden sind, erspart.
Im Jahr 1966 gestaltete Manrique die Jameos del Agua im Norden Lanzarotes. Eigentlich handelt es sich um eine Art Lavaröhre unter der Erde. Entstanden ist das unterirdische Höhlensystem durch einen Ausbruch des Vulkans La Corona. Über eine steil windende Treppe erreichen wir den ersten Teil der Höhle, der auch „El Chico“, der Junge, genannt wird. Von hier aus bietet sich ein unvergleichlicher Blick auf den unterirdischen Salzsee. Der Wasserstand des Sees verändert sich mit den Gezeiten, obwohl keine direkte Verbindung zum Atlantischen Ozean besteht.
Auf der glatten Oberfläche des Sees spiegeln sich die Felsen der Grotte – wer Höhenangst hat, mag kaum einen Blick in die Tiefe riskieren! Mir ist zwar etwas mulmig, dennoch werfe ich mutig einen Blick ins Wasser, schliesslich leben hier weisse kleine Krebse, die es sonst nur in 2000 Metern Tiefe gibt. Nach genauem Hinsehen entdecke ich einige der blinden Tierchen. Über einen sehr schmalen Steg am Rande des Sees geht der Rundweg weiter. Hier macht sich meine Höhenangst extrem bemerkbar und ich taste mich sehr vorsichtig voran!
Nun geht es zu einem weissen Schwimmbecken, das Manrique wunderschön in eine Gartengrotte integriert hat. Die herrlichen Pflanzen und die dunklen Vulkansteine zaubern ein einmaliges Ambiente. Das türkisblaue Wasser sieht einfach wunderschön aus; da es ziemlich heiss ist, würden wir uns am liebsten hineinstürzen – leider ist der Pool nicht mehr in Benutzung, schade! Weiter geht es in einen unterirdischen Konzertsaal in einer bizarr geformten Lavahöhle. Obwohl mit uns zusammen unzählige Besucher anwesend sind, geniessen wir die sphärischen Klänge der Musik und hängen eine Weile unseren Gedanken nach.
Nur einen Katzensprung entfernt liegt die Cueva de los Verdes, eine der ersten Touristenattraktionen, die nach Manriques Vorstellungen errichtet wurden. Die Lavaröhre erstreckt sich etwa sieben Kilometer unter der Erde und gilt als längstes vulkanisches Gangsystem auf der Welt. Bei einer Führung erkunden wir nur etwa einen Kilometer der Höhlen, sind von den bizarren Felsformationen jedoch mehr als begeistert. Während des Rundgangs lassen uns gregorianische Gesänge einen wohligen Schauer über den Rücken laufen! Am Ende des Rundgangs gelangen wir zu einem charmanten kleinen Süsswassersee, den wir zunächst gar nicht als solchen erkennen. Erst als unser Führer einen Stein auf die glatte Oberfläche wirft, bemerken wir überrascht, dass es Wasser ist.
Manrique liebte Lanzarote und die Natur, das spiegelt sich in seinem Wohnhaus wider, das er inmitten eines riesigen Lavastroms im Einklang mit der Natur erschaffen hat. Die Fundación César Manrique befindet sich in Tahiche in der Nähe der Hauptstadt Arrecife. Das Haus mit der bunten Mauer besteht aus einem oberirdischen und einem unterirdischen Teil. Wir sind vor allem von den unterirdischen Räumen beeindruckt: Der Künstler hat in fünf Lavablasen mit einem Durchmesser von etwa fünf Metern wunderbare Wohnräume mit Blick auf die Lavafelder geschaffen. Die Räume schmiegen sich direkt in die schwarzen Geröllmassen hinein, ein absolut unvergleichlicher Anblick! Die Blasen sind durch Tunnel verbunden, in jedem Raum sind Arbeiten des Künstlers ausgestellt. Arbeiten anderer Maler wie Miró oder Picasso können wir ebenfalls bewundern.
Beeindruckt vom Schaffen Manriques wollen wir seine anderen Kunstwerke sehen und machen uns auf in den Norden der Insel zum Mirador del Rio. Der Künstler hat hier in einem Gebirgsmassiv einen wunderbaren Aussichtspunkt geschaffen, der einen herrlichen Blick auf die Nachbarinsel La Graciosa bietet. Als wir ankommen, wirkt das Ganze noch recht unspektakulär, Manrique hat das Gebäude so geschickt in die Umgebung integriert, dass es kaum zu erkennen ist. Durch einen Flur gelangen wir jedoch in riesige gewölbte Räume mit grossen Panoramafenstern – der Blick haut uns wirklich um! Alles ist hellweiss und offen gestaltet, ganz im Stil Manriques, den wir inzwischen zu schätzen gelernt haben!
Als Letztes steht der Jardin de Cactus, der Kakteengarten, auf unserer Besichtigungsliste. Nördlich von Guatitza steht das letzte Projekt des Künstlers. Schon von Weitem sehen wir den riesigen Metallkaktus und wissen: „Hier sind wir richtig!“ Manrique hat den Garten wie ein Amphitheater angelegt. Etwas Interessantes lernen wir bei einem Rundgang: Als der Tourismus noch nicht so ausgeprägt war, züchtete man in der Gegend die Cochenille-Laus, die gern auf den Feigenkakteen lebt. Aus der Schildlaus wurde der rote Farbstoff Karmin gewonnen, der vor allem in Kosmetikprodukten verwendet wurde.
César Manrique starb im Alter von 73 Jahren bei einem Autounfall in der Nähe seines Heimatortes Tahiche. Dass ihm viel an seiner Insel und der Natur lag, hat eine Rundfahrt zu den schönsten Attraktionen Lanzarotes eindeutig bewiesen!
Oberstes Bild: Mirador del Rio auf Lanzarote (© afrank99, Wikimedia, CC)[vc_text_separator title=“Wo liegt dieses Reiseziel?“ title_align=“separator_align_center“ color=“grey“][vc_gmaps link=“https://maps.google.de/maps?q=Lanzarote,+Spanien&hl=de&sll=51.151786,10.415039&sspn=11.074904,19.753418&oq=Lanzarote&hnear=Lanzarote&t=m&z=11″ size=“350″]