Das Kloster Disentis – 1400 Jahre bewegte Geschichte

Die Geschichte des Klosters Disentis ist wie eine zentraleuropäische Geschichte im Kleinen: Sarazeneneinfälle, Kirchenstaat, Reformation, napoleonische Kriege und dazwischen Mord und Intrigen – das Graubündener Kloster machte alles mit.

In 1400 Jahren kann man auch ganz schön viel erleben. Wenn man diese Zeitspanne überdauert. Dass das Kloster dies geschafft hat, ist ein Grund für seine Anziehungskraft und seinen Einfluss in der Region.

Der Beginn einer Siedlung im heutigen Disentis wird auf das Jahr 614 datiert. Irgendwann um diese Zeit kam der burgundische Mönch Sigisbert in die „Desertina“ und gründete eine Einsiedelei. Unterstützt wurde er dabei vom einheimischen Rätier Placidus, einem mächtiger Grundbesitzer in der Gegend. Um das Grab der beiden ging um das Jahr 700 das Kloster Disentis hervor, das wohl bereits unter dem ersten Abt Ursicinus benediktinisch wurde. Der Präses Victor von Chur jedoch sah durch die aufstrebende Abtei die Vormachtstellung Churrätiens gefährdet und liess Placidus ermorden. Dieser wurde als Märtyrertod überliefert; noch ehrt man im Kloster Placidus als Märtyrer.

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Benediktinerkloster Disentis
Via Claustra 1
CH-7180 Disentis/Mustér

+41 (0)81 929 69 04 (Tel.)

kkd@kloster-dientis.ch (Mail)
www.kloster-disentis.ch (Web)

Das erste Mal erwähnt wird das Kloster 765 im im Testament des Churer Bischofs Tello. Es folgt eine Zeit des Aufstiegs: Karl der Grosse bezieht Disentis in seine Alpenpasspolitik ein; deutsche Kaiser nutzen den Lukmanierpass auf ihrem Weg nach Italien, was Disentis besonders in ihren Fokus bringt.



Das Kloster gewinnt an Einfluss und wird Sitz eines Kirchenstaats mit bis zu 720 km2 Ausdehnung. Im Jahr 940 erfolgt dann ein erster Rückschlag: Sarazenen fallen ins Land ein und zerstören das Kloster. 1020 übertragt Kaiser Heinrich II. Disentis an die Kirche in Brixen. Die Zuteilung ist jedoch umstritten und von relativ kurzer Dauer. 1074 erhält das Kloster seine Immunität zurück.




Das ausgehende Mittelalter und die Neuzeit markieren eine Ära des zunehmenden Bedeutungsverlusts für das Kloster Disentis. Zunächst tritt es 1395 durch seinen Fürstabt dem Grauen Bund bei und tritt einen Teil seiner Territorialmacht ab.

Bald darauf krempelt die Reformation Europa um, nicht zuletzt auch die Schweiz; römisch-katholische Klöster sinken in Ansehen und Einfluss. Disentis erholte sich jedoch, zwischen 1683 und 1704 wurde die heute noch massgeblich barocke Klosteranlage errichtet. Übrigens sind Reste der ursprünglichen Martinskirche aus dem Jahr 720 sowie der Klostermauer aus dem 10. Jahrhundert noch erhalten geblieben.





Einen herben Rückschlag musste das Benediktinerkloster im Jahr 1799 hinnehmen. Zunächst plünderten napoleonische Truppen das Kloster. Als es daraufhin zu einem Volksaufstand kam, vergolten dies die Franzosen dadurch, dass sie das Kloster in Brand steckten. Immerhin entging Disentis der Säkularisation.

Der Wiederaufbau vollzog sich langsam. Dabei half es nicht, dass der Staat in Form des Kantons Graubünden massiv Einfluss auf das Klosterleben nahm, im Grunde ab 1861 die Neuaufnahme von Novizen verbot. 1880 jedoch kam es zu einem Stimmungsumschwung bei Volk und Regierung, der eine Restauration des Klosters ermöglichte. Unter Abt Benedikt Prevost (1888-1916) gelangte das Kloster zu neuer Blüte.




Ein ganz wichtiger Aspekt muss noch erwähnt werden. Für die längste Zeit gab es am Kloster eine Schule, erwähnt wird sie erstmals 1285. Seit dem 19. Jahrhundert ist die Klosterschule ein Gymnasium, seit 1936 können Maturitätsprüfungen abgelegt werden. Das Gymnasium, das heute überregionale Reputation hat, ist sicherlich ein wichtiger Grund dafür, dass das Kloster Disentis heute wieder einen bedeutenden kulturellen Einfluss in der Region hat.

 

Titelbild: © DHD-Media
Weitere Artikelbilder: © Daniel Winkler
Bild im blauen Kasten: © DHD-Media

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