New York – das neue One World Trade Center  

Mit der Eröffnung der Aussichtsplattform findet in diesen Tagen der Bau des One World Trade Center in New York seinen endgültigen Abschluss. Der Wolkenkratzer tritt damit die Nachfolge der durch die Anschläge vom 11. September 2001 zerstörten Zwillingstürme an.

Obwohl inzwischen fast 14 Jahre seit den furchtbaren Terroranschlägen vergangen sind, bleiben die Ereignisse von damals im Bewusstsein der meisten Amerikaner, ja der ganzen Welt nach wie vor gegenwärtig. Der Nachfolgebau in Manhattan ist auch ein Zeichen dafür, dass der Terror nicht das letzte Wort haben soll.

Übersicht

Rekorde Nummer 1 in den USA
Nummer 4 weltweit
Höhe 541,3m
Tiefe 61m
Etagen 104
Aufzüge 73
Fläche Nutzfläche: 325 279 m2
Geschossfläche: 2300-3000 m2
Bauzeit 27.04.2006 – 03.11.2014
Kosten 3,9 Mrd USD
Architekt David Childs (Skidmore, Owings and Merrill)
Eigentümer Port Authority of New York and New Jersey
Silverstein Properties
Nutzung Büros, ausserdem Restaurant, Aussichtsplattform, Telekommunikation

Im Umfeld des 9/11 Memorial

Das neue One World Trade Center wurde unmittelbar neben den Standorten der beiden früheren Türme errichtet. Dort, wo sich einst die beiden Giganten aus Stahl, Beton und Glas erhoben, die die Skyline von Manhattan wie kein anderes Bauwerk prägten, wurde genau zehn Jahre nach den Anschlägen das „9/11 Memorial“ eröffnet. Im letzten Jahr folgte die Eröffnung des Museums, die unter Anwesenheit von US-Präsident Obama und vieler prominenter Gäste stattfand. Das Mahnmal nimmt die gesamte Fläche von „Ground Zero“ ein – so wird seit den Anschlägen das Gelände des früheren World Trade Center bezeichnet. Es soll eine bleibende Erinnerung an die Terroranschläge und ihre Opfer sein und stellt einen starken Kontrast zum hektischen Grossstadtbetrieb ringsumher dar.


Das neue One World Trade Center wurde unmittelbar neben den Standorten der beiden früheren Türme errichtet. (Bild: © Joseph Sohm – shutterstock.com)

Die Gedenkstätte besteht im Wesentlichen aus zwei in die Tiefe reichenden Wasserbassins aus dunklem Granit, die genau auf den Grundflächen der beiden zerstörten Türme in die Erde eingelassen wurden. Sie werden von einer kleinen Grünanlage umgeben. In der Kupferumrandung der Bassins wurden die Namen der fast 3000 Opfer der Anschläge eingraviert. An den Rändern stürzen Wassermassen rund neun Meter in ein Becken mit einem tiefen Loch. Die Gedenkstätte trägt den doppelsinnigen Namen „reflecting absence“ – ein Wortspiel, das sich sowohl auf das Andenken an die getöteten Opfer bezieht als auch auf die Reflexion des Wassers an der Stelle der jetzt fehlenden Türme.


In der Kupferumrandung der Bassins wurden die Namen der fast 3000 Opfer der Anschläge eingraviert. (Bild: © CristinaMuraca – shutterstock.com)

Zwischen den beiden Bassins wurde das 9/11-Museum errichtet. Es zeigt Überreste der beiden Türme sowie in den Trümmern gefundene Gegenstände der Opfer und der Einrichtung. In der Memorial Hall des Museums erinnern Fotos an die Getöteten. Die Stätte dient gleichzeitig als Friedhof, Tausende von Leichenteilen, die nicht mehr zugeordnet werden konnten, sind hier bestattet. Es ist ein eindrücklicher Ort.

Preisgekrönter Entwurf mit Symbolkraft

Nach dem 11. September wurde lange darüber diskutiert, was mit Ground Zero geschehen solle und ob ein Nachfolgebau des World Trade Center zu errichten sei. Umfragen zeigten ein widersprüchliches Bild. Viele Amerikaner wünschten sich das Gelände als Gedenkstätte, andere plädierten für einen Neubau der zerstörten Türme. Bereits im Folgejahr der Anschläge wurde ein Wettbewerb für die Neugestaltung ausgeschrieben, bei dem insgesamt mehrere Hundert Vorschläge eingereicht wurden.

Schliesslich gewann ein Konzept des amerikanischen Star-Architekten Daniel Libeskind. Sein Entwurf fand grosse Zustimmung, weil es beiden Bedürfnissen gerecht wurde: Es sah eine Gedenkstätte an der Stelle der früheren Zwillingstürme vor und einen Komplex von Hochhausbauten im unmittelbaren Umfeld, das neue World Trade Center. Sein höchster Turm, der Freedom Tower, sollte mit einer Höhe von genau 1776 Fuss (541 Metern) an das Jahr der amerikanischen Unabhängigkeitserklärung erinnern und damit auch die Wertvorstellungen der US-Verfassung repräsentieren.


Der Amerikanische Star-Architekten Daniel Libeskind (Bild: © CC BY-SA 2.0)

In der Folge kam es allerdings zu Unstimmigkeiten zwischen Libeskind und dem Pächter des World Trade Center, Harry Silverstein. Dieser wollte vor allem mehr Nutzfläche in den Bauten, bei Libeskind stand mehr der symbolische und denkmalorientierte Aspekt im Vordergrund. Silverstein setzte schliesslich David Childs als Architekten durch, Libeskind blieb die Rolle eines Beraters. Der tatsächlich realisierte Baukomplex weicht daher erheblich vom ursprünglich vorgesehenen Konzept ab. Geblieben sind vor allem die symbolischen 1776 Fuss des höchsten Turms.

Ein Form, die sich abhebt

Das neue One World Trade Center – abgekürzt 1 WTC – ist nur der markanteste Wolkenkratzer in einer ganzen Reihe von Bauten, die das neue Welthandelszentrum ausmachen. Daneben gibt es noch die WTC Nummer 2 bis 5 und 7 sowie weitere Bauten. Das One World Trade Center zitiert dabei mit seiner quadratischen Grundfläche die Form der beiden früheren Türme. Im Gegensatz dazu ist es aber als sogenanntes Antiprisma gestaltet. Das Dach ist um 45 Grad gegenüber der Grundfläche gedreht, dadurch entstehen an den Seiten des Hochhauses acht Dreiecke, deren Spitzen abwechselnd nach oben oder nach unten zeigen. Diese Drehung gibt dem Turm seine ganz charakteristische Form, die ihn deutlich von den anderen Hochhausbauten im südlichen Manhattan abhebt.


Das One World Trade Center zitiert mit seiner quadratischen Grundfläche die Form der beiden früheren Türme. (Bild: © mikecphoto – shutterstock.com)

Der Wolkenkratzer verfügt über insgesamt 104 Etagen, davon sind 70 Büroetagen. Ebenso wie das alte World Trade Center ist der neue Bau daher vor allem für die gewerbliche Nutzung gedacht. Die Aussenfassade ist komplett mit Glas und Stahl verkleidet. Dank der „schiefen“ Flächen und der Reflexion entstehen interessante Spiegeleffekte, die das Gebäude nochmals besonders betonen. Mit einer Höhe von 417 Metern erreicht der Kernbau des One World Trade Center ziemlich genau die Höhe des früheren Nordturms. Auf dem Dach ist eine Art Ring montiert, der das Fundament der Spitze bildet. Sie besteht aus einem 124 Meter hohen Mast, mit dem die symbolische Höhe von 1776 Fuss erreicht wird. Die Spitze erstrahlt nachts in den amerikanischen Nationalfarben.

Höhepunkt – das One World Observatory

Die Grundsteinlegung des Neubaus fand bereits am 4. Juli 2004 statt. Auch hier wurde viel Wert auf Symbolik gelegt. Das Datum ist der amerikanische Nationalfeiertag, der Grundstein besteht aus einem schwarzen Granitblock, dessen Inschrift an die Opfer der Anschläge erinnert. Das Richtfest erfolgte im Januar 2013, und am 3. November vergangenen Jahres wurde das Gebäude offiziell eröffnet – wegen der zeitlichen Nähe zu den US-Kongresswahlen in vergleichsweise bescheidenem Rahmen.



Wenige Tage später zogen die ersten Mieter in das neue Gebäude ein. Es ist eine der teuersten Lagen im ohnehin nicht preiswerten Manhattan. Noch steht rund ein Drittel der Bürofläche leer, und es wird dauern, bis der Bau seine gewaltigen Kosten von rund 3,8 Milliarden US-Dollar eingespielt haben wird. Geplant worden war einmal mit einer Milliarde.

In diesen Tagen findet das One World Trade Center mit der Eröffnung des „One World Observatory“ seinen krönenden Abschluss. Damit werden die obersten vier Etagen der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Die Attraktion ist die Aussichtsplattform, die atemberaubende Blicke auf die Skyline von Manhattan verspricht. Ein Hightech-Aufzug wird dann ab dem Eröffnungstag am 29. Mai Besucher binnen 47 Sekunden vom Erdgeschoss bis nach oben befördern. Bis zu 10’000 Gäste werden am Tag erwartet, die hier neben der einzigartigen Aussicht auch Restaurants und Geschäfte finden können.



Das Vergnügen hat seinen Preis: Erwachsene zahlen 32, Kinder 26 und Senioren 30 Dollar für ein Ticket. Erfahrungsgemäss wird das den Ansturm aber kaum bremsen. New York hat eine neue Sehenswürdigkeit.

 

Oberstes Bild: © haveseen – shutterstock.com

author-profile-picture-150x150

Mehr zu Stephan Gerhard

ist seit Jahren als freier Autor und Texter tätig und beschäftigt sich bevorzugt mit Themen rund um Finanzen, Geldanlagen und Versicherungen sowie Wirtschaft. Als langjähriger Mitarbeiter bei einem Bankenverband und einem grossen Logistikkonzern verfügt er über umfassende Erfahrungen in diesen Gebieten.

Darüber hinaus deckt er eine Vielzahl an Themen im Bereich Reisen, Tourismus und Freizeitgestaltung ab. Er bietet seinen Kunden kompetente und schnelle Unterstützung bei der Erstellung von Texten und Präsentationen.

jQuery(document).ready(function(){if(jQuery.fn.gslider) {jQuery('.g-16').gslider({groupid:16,speed:10000,repeat_impressions:'Y'});}});