Albanien – eines der letzten unbekannten Reiseziele Europas
VON Stephan Gerhard Alle Länder Europa
Das Land im Südosten Europas steht erst am Beginn eines entwickelten Tourismus. Wer trotzdem jetzt schon in diese Region zwischen Abend- und Morgenland fährt, hat alle Chancen auf eine einmalige Entdeckungsreise. Ansprüche auf Luxus und Komfort muss man dabei allerdings zurückstellen.
Jahrzehntelang isoliert
An der Schönheit der Landschaft oder baulichen Sehenswürdigkeiten liegt es nicht, dass der moderne Tourismus hier bisher keinen Platz gefunden hat. Von beidem hat Albanien mehr als genug zu bieten. Die jahrzehntelange bewusste Abschottung ist vielmehr der Grund für die Abgeschiedenheit. Nach dem Zweiten Weltkrieg geriet das Land unter eine kommunistische Herrschaft, die auch im Ostblock ihresgleichen suchte. Der paranoide Diktator Enver Hoxha isolierte das Land vom Westen wie vom Osten.
Mit dem Zusammenbruch des Kommunismus öffnete sich Albanien. Wie in anderen ehemals kommunistischen Ländern war und ist der Wandel auch hier mit Umbrüchen verbunden. Immerhin – aktuell hat Albanien den Status eines EU-Beitrittskandidaten erreicht. Trotzdem ist es nach wie vor eines der ärmsten Gebiete Europas.
Osmanisches Erbe
Politisch ruhig war Albanien selten. Jahrhundertelang war das Land Teil des Osmanischen Reiches mit wenig entwickelten staatlichen Verhältnissen. Dieser Herrschaft verdankt es heute eine muslimische Bevölkerungsmehrheit, knapp jeder fünfte Albaner ist – überwiegend römisch-katholischer – Christ. In den Bergen der Region haben sich bis in die Neuzeit archaische gesellschaftliche Strukturen erhalten. 1912 war das Land aus der europäischen Konkursmasse des Osmanischen Reiches übrig geblieben und wurde ein Zankapfel umliegender Mächte. Auch nach dem Ersten Weltkrieg blieben die Verhältnisse instabil, nach einem faschistisch-italienischen Intermezzo setzte erst die Diktatur Hoxhas dem ein Ende.
Albanische Berglandschaften
Albaniens Lage am Ausgang der Adria ins Mittelmeer, sein mediterranes Klima, eindrucksvolle Berglandschaften und alte Kulturdenkmäler prädestinieren das Land als Reiseziel. Im Landesinneren prägen vor allem Gebirge das Landschaftsbild. Die höchsten Gipfel sind im Norden zu finden. Hier liegen auch die beiden grössten natürlichen Seen des Landes, der Skutari-See und der Ohrid-See. Beide teilt sich Albanien mit seinem Nachbarn Montenegro bzw. Mazedonien.
Die nordalbanischen Alpen sind noch weitgehend unberührt und verfügen neben Buchen- und Tannenwäldern über eine reiche Vegetation. Die höchsten Spitzen sind der Korab (2764 Meter) und die Jezerca (2694 Meter). Die Berge besitzen noch kein ausgebautes Wanderwegenetz, Ansätze dazu gibt es vor allem im Ort Theth, der auch über eine Zahl an Betten verfügt. Der Koman-Stausee, der die durch die Bergregion fliessende Drin aufstaut, vermittelt mit seinen steilen Felswänden fjordähnliche Eindrücke.
An der albanischen Riviera
Badetourismus konzentriert sich vor allem an der albanischen Riviera. So wird der Küstenabschnitt zwischen Saranda im Süden und dem Llogara-Pass weiter nördlich genannt. Die Hafenstadt Saranda ist dabei eindeutig das touristische Zentrum. Sie entspricht am ehesten unseren Vorstellungen von einem Badeort. Mehrstöckige Hotelbauten und Apartmenthäuser bestimmen zunehmend das Bild. Bis zur griechischen Insel Korfu und nach Griechenland ist es von hier nur ein Sprung.
Nahe Saranda befinden sich die sehenswerten antiken Ruinenstätten von Butrint. Als ein weiterer Touristenmagnet hat sich inzwischen auch das weiter nördlich gelegene Vlora entwickelt. Neben der albanischen Riviera bietet vor allem die Hafenstadt Durrës in Mittelalbanien Infrastruktur für Badeferien.
Kulturerbe: Gjirokaster und Berat
Zwei sehenswerte Orte im Inneren des Landes sind Gjirokaster und Gasse im Stadtteil Kalaja. Beide liegen im südlichen Albanien und gehören zum UNESCO-Weltkulturerbe. Ihre typische Balkanarchitektur ist ein lebendiges Zeugnis islamischer Stadtkultur, wie sie in osmanischer Zeit entstanden ist. Gjirokaster wirkt dabei durch seine steile Anlage um einen Burgberg herum besonders eindrucksvoll. In der Altstadt sind einige interessante Moscheen und orthodoxe Kirchen erhalten. Die Stadt gilt als ein kulturelles Zentrum Albaniens.
Wuchernd: Tirana
Pulsierender Mittelpunkt des Landes ist die Hauptstadt Tirana. Sie ist wahrscheinlich die am schnellsten wachsende Grossstadt Europas. Innerhalb weniger Jahre hat sich ihre Bevölkerungszahl mehr als verdoppelt. Tirana ist in jeder Hinsicht eine junge Stadt. Erst 1920 wurde sie zur Hauptstadt bestimmt, vorher war es ein unbedeutender Ort.
Vom zentralen, dem Nationalhelden gewidmeten c führen sternförmig breite Strassen in alle Richtungen. Der Platz bietet neben dem Skanderbeg-Denkmal mit der Et’hem-Bey-Moschee und dem Uhrturm zwei weitere Wahrzeichen der Stadt, die ansonsten gleichermassen durch traditionelle Bauweise, Relikte des Faschismus, sozialistische Plattenbauten und zunehmend moderne Architektur geprägt ist.
Tirana ist eine Metropole im Wandel. Um sich über albanische Kultur und Vergangenheit zu informieren, ist die Stadt gut geeignet, denn hier befinden sich die bedeutendsten Museen und Einrichtungen des Landes.
In der Regel führt der Weg nach Albanien von der Mitte Europas über den Flughafen von Tirana. Um nach Saranda zu kommen, kann als Alternative auch ein Flug nach Korfu mit anschliessendem Transfer mit der Fähre gewählt werden.
Oberstes Bild: Marktgasse in Krujë (© Anneli Salo, Wikimedia, CC)[vc_text_separator title=“Wo liegt dieses Reiseziel?“ title_align=“separator_align_center“ color=“grey“][vc_gmaps link=“https://maps.google.de/maps?q=Albanien&hl=de&sll=51.151786,10.415039&sspn=11.074904,19.753418&oq=Albanien&hnear=Albanien&t=m&z=8″ size=“350″]