Reise von Peking nach Shanghai, Teil 8: Hangzhou – das Paradies auf Erden
von Natalia Muler Alle Länder Asien
Auf seiner zweiten Reise nach China nannte Marco Polo Hangzhou die „schönste und prächtigste Stadt der Welt“. Dazu hatte der berühmte venezianische Händler wohl alle Gründe.
Dies ist ein Bericht über die Reise von Peking nach Shanghai in mehreren Teilen:
Teil 1: Die Verbotene Stadt und die Chinesische Mauer
Teil 2: Peking – Stadt der Kontraste
Teil 3: Die kaiserliche Sommerresidenz in Chengde
Teil 4: Terrakotta-Armee von Xiʼan
Teil 5: Der Berg der Dichter Huang Shan – die Entdeckung der chinesischen Romantik
Teil 6: Guilin – Liebling der Maler und Dichter
Teil 7: Shanghai – eine Stadt mit vielen Gesichtern
Teil 8: Hangzhou – das Paradies auf ErdenHangzhou, eine Stadt mit jahrtausendelanger Geschichte, liegt an der Mündung des Flusses Qiantang etwa 200 Kilometer südwestlich von Shanghai. Während der Herrschaft der südlichen Song-Dynastie (1132-1276) war Hangzhou Hauptstadt, Regierungssitz des Monarchen und das politische, kulturelle und wirtschaftliche Zentrum des ganzen Landes. Die günstige Lage am Kaiserkanal, der Hangzhou mit dem Norden Chinas verbindet, machte und macht die Stadt immer noch zu einem wichtigen Verkehrsknotenpunkt und Handelszentrum.
In China selbst wird Hangzhou oft „Paradies auf Erden“ genannt. Der Hauptgrund, die Stadt so schmeichelhaft zu nennen, hat mit der wunderschönen Natur in und um Hangzhou zu tun. Doch gilt der besondere Stolz der Stadtbewohner dem Westsee, der, wie der Name schon sagt, im Westen der Stadt liegt.
Der Westsee ist in China genauso bekannt wie der Lago Maggiore oder der Genfer See in Europa. Er bildet einen untrennbaren Teil der städtischen Kultur. Viele Stadtbewohner kommen nach Feierabend hierher, um einen Spaziergang zu machen und die herrliche Natur zu geniessen, oder auch einfach mit einem belegten Brötchen in der Mittagspause, wenn es auch nur eine halbe Stunde ist. Für die Verliebten ist der Westsee der Muss-Treffpunkt, denn einen romantischeren Ort für lange Spaziergänge Händchen haltend kann man kaum finden.
Seit jeher hat der Westsee die künstlerischen Seelen angezogen, verzaubert und nicht mehr losgelassen. Die Schönheit seiner märchenhaften und stimmungsvollen Landschaft wurde in Gedicht und Prosa lobgepriesen und diente den Malern als immer frische Inspirationsquelle für ihre Gemälde.
Die Landschaft um den See herum ist sehr abwechslungsreich: Von vielen Seiten ist er von natürlichen Höhen umgeben. Zwei Dämme durchschneiden den See und bilden somit fünf kleinere Teile. Ausserdem gibt es drei Inseln, die dem Westsee zusätzlichen Charme verleihen.
Nicht nur ist jeder Ausblick atemberaubend und jedes Urlaubsfoto postkartenähnlich, sondern es gibt am Westsee auch noch jede Menge Erlebenswertes und Erstaunliches. Dazu gehören die „zehn Sehenswürdigkeiten“ und dann noch mal „zehn neue Sehenswürdigkeiten“, von denen jede eine Reise nach Hangzhou wert ist.
Wer Bilderbuch-China erleben möchte, sollte im April nach Hangzhou kommen. Einer der zwei Dämme, der drei Kilometer lange und tausend Jahre alte Su-Damm, führt über sechs Brücken. An beiden Seiten des Damms wachsen Pfirsichbäume und Weiden. Wenn im Frühling die Pfirsichbäume mit rosa Blüten bedeckt sind und an den Weiden die zärtlich grünen flaumigen Kätzchen erschienen, ist ein Spaziergang hier ein wahres Erlebnis für alle Sinne.
Alle anderen am Westsee möglichen Unternehmungen sind nicht weniger eindrucksvoll: Den Mond betrachten in den „Drei den Mond spiegelnden Teichen“; unter den hohen Kiefern im „Dichten Hain“ spazieren gehen; Lotosblüten im Gebiet „Lotos in der Brise“ bewundern; Fische im „Blumenhafen“ beobachten; die Musik der Abendglocke am Nanping-Hügel hören und… und… und… die Liste kann noch lange fortgeführt werden – jeder wird für sich ein Lieblingsplätzchen hier finden…
Ausserdem ist Hangzhou die Stadt der Seide. Die Geschichte der Stadt ist mit der Seidenraupenzucht eng verflochten. Heute, genau wie in den Zeiten der Seidenstrasse, sind die Stoffe von Hangzhou in ganz China und weit über seine Grenzen dank ihrer Qualität und leuchtenden Farben sehr bekannt. Wer also ein richtiges Andenken und keinen Staubfänger mit nach Hause bringen möchte, sollte den Markt „Seidenstadt“ besuchen, wo nicht nur Seidenstoffe, sondern auch Kleider, Tücher, Schals, Fächer und Krawatten aus Seide angeboten werden. Und natürlich nicht vergessen zu feilschen!
Ein anderer gewichtiger Grund Hangzhou zu besuchen ist besonders für Teetrinker einleuchtend: Eine der feinsten Arten des chinesischen grünen Tees, der berühmte Longjing-Tee, wächst in der Nähe des Dorfes Longjing, was übersetzt „Drachenbrunnen“ bedeutet, 20 Kilometer von Hangzhou entfernt. Der Tee wird in Hangzhou nicht nur verkauft, sondern auch überall getrunken. Von der hochentwickelten Teekultur zeugen die zahlreichen Teehäuser, die normalerweise absolut voll sind.
Nach allen Regeln der Kunst werden hier nicht nur der Tee, sondern auch die Arzneien der Traditionellen Chinesischen Medizin zubereitet. Immer noch gibt es in Hangzhou alte Apotheken, die die Heilmittel nach Rezepturen der Ururgrossväter anfertigen. Auch wenn man sich nicht zu den Fans der TCM zählt, ist ein Besuch in so einer alten chinesischen Apotheke höchst interessant.
Für entspannte Tage in Hangzhou sollte man ruhig eine Woche einplanen. So hat man genug Zeit, um für sich die Schönheit des Westsees zu entdecken, die leckere einheimische Küche zu probieren, an einer Teezeremonie teilzunehmen und in aller Ruhe und ohne Hektik die erlebnisvolle China-Reise Revue passieren lassen.
Oberstes Bild: Westsee in Hangzhou (Bild: Jakub Hałun, Wikimedia, CC)[vc_text_separator title=“Wo liegt dieses Reiseziel?“ title_align=“separator_align_center“ color=“grey“][vc_gmaps link=“https://www.google.ch/maps?q=Hangzhou,+Zhejiang,+China&hl=de&sll=38.266529,-0.689682&sspn=0.037805,0.084543&oq=Hangzhou&hnear=Hangzhou,+Zhejiang,+China&t=m&z=10″ size=“350″]