Reise von Peking nach Shanghai, Teil 4: Terrakotta-Armee von Xiʼan

Xiʼan, die Hauptstadt der chinesischen Provinz Shaanxi, ist die nächste und seit Längerem erträumte Etappe unserer Chinareise. Am bequemsten erreicht man Xiʼan von Peking aus mit dem Zug. Die Reise dauert etwa 13 Stunden und bietet zweierlei Vorteile: Wenn man aus dem Fenster schaut und die gemächlich vorbeiziehenden Landschaften betrachtet, kommt man sich inmitten einer China-Doku vor.

Währenddessen beschert ein Blick ins Innere des Waggons kuriose Lektionen in Sachen Landeskunde: Die Abteile haben hier keine Türen und die ständig vorbeilaufenden Chinesen inspizieren Ausländer gerne von Kopf bis Fuss. Fliegende Händler erscheinen in regelmässigen Abständen vor dem Abteil und bieten Früchte, eisgekühlte Getränke oder Fertiggerichte an.

Mancher Passagier schläft, alle begleitenden Geräusche inklusive, und in der Sommerhitze auch gerne ohne Oberteil. An jeder Station bekommt man ausserdem gleich durch das Fenster eine Auswahl an heissen Gerichten aus Fleisch, Gemüse und Reis aufgedrängt. In Xiʼan kommt man mit Eindrücken überladen, aber auf keinen Fall mit Hunger an.Dies ist ein Bericht über die Reise von Peking nach Shanghai in mehreren Teilen:

Teil 1: Die Verbotene Stadt und die Chinesische Mauer

Teil 2: Peking – Stadt der Kontraste

Teil 3: Die kaiserliche Sommerresidenz in Chengde

Teil 4: Terrakotta-Armee von Xiʼan

Teil 5: Der Berg der Dichter Huang Shan – die Entdeckung der chinesischen Romantik

Teil 6: Guilin – Liebling der Maler und Dichter

Teil 7: Shanghai – eine Stadt mit vielen Gesichtern

Teil 8: Hangzhou – das Paradies auf Erden


In China mit dem Zug unterwegs (Bild: Sotti, Wikimedia, CC)


Es gibt mehrere Gründe, warum man Xiʼan unbedingt besuchen sollte, wenn man sich in dieser Ecke Chinas aufhält. Zum einen ist es die Stadt selbst, in der Vergangenheit der Ausgangspunkt der Seidenstrasse. Auf diesem Weg kam Marco Polo in der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts nach Xiʼan und schrieb begeistert darüber: „Handel und Gewerbe blühen in Xiʼan; sie haben sehr viel Seide…und fertigen allerlei Kriegswaffen“. Es war nicht nur die erste Hauptstadt des Kaiserreichs China, sondern auch eine Weltstadt. Von hier gingen wichtige Handelswege aus und hierher kamen Händler, Gesandte, Abenteurer und Missionare aus der ganzen Welt.  Zahlreiche Sehenswürdigkeiten und eine unglaubliche kulturelle Vielfalt machen den Aufenthalt im heutigen Xiʼan zu einem sehr bunten Erlebnis.

Der Hauptgrund aber, warum Xiʼan unendliche Touristenströme anzieht, liegt in der Nähe der Stadt und heisst das Mausoleum Qín Shǐhuángdìs, besser bekannt als Terrakotta-Armee von Xiʼan. Das Mausoleum ist mit öffentlichen Verkehrsmitteln, zum Beispiel dem Bus, ganz einfach zu erreichen. Eine Stunde dauert die Busfahrt von Xiʼan, bis man an einer der Haltestellen aussteigt, um das zu sehen, was sehr oft und sehr im Ernst als das achte Weltwunder bezeichnet wird.


Soldaten und Pferde der Terrakotta-Armee (Bild: Dieter Schütz / pixelio.de)


Dass die Welt dieses Wunder besitzt, wusste sie nicht, bis 1974 einfache chinesische Bauern wegen der Dürre, die das Land heimgesucht hatte, sich entschieden, einen neuen Brunnen zu bohren. Anstatt des Wassers fanden die überraschten Bauern Tonscherben und bronzene Waffenteile.

Die wissenschaftliche Welt war hoch aufgeregt, denn nach weiteren Ausgrabungen kamen lebensgrosse Figuren chinesischer Krieger in Angriffsposition zutage. Die ausgegrabenen Statuen waren gut erhalten und stellten eine absolute Sensation für die Fachwelt dar. Wie gross war aber die Überraschung, als es sich herausstellte, dass es sich nicht um einzelne Figuren, sondern um eine ganze Armee handelte.


Terrakotta-Krieger von Xiʼan (Bild: Maros, Wikimedia, CC)


Momentan sind 7´278 lebensgrosse Figuren freigemacht. Sie alle sind mutige Kämpfer der Terrakotta-Armee: Fusssoldaten und Reiter mit ihren Pferden und Kriegswagen; jeder trägt eine seinem Rang entsprechende Uniform; es gibt keine Figuren, die identisch wären, weder Gesichtsausdrücke noch Körperpositionen wiederholen sich. Alle Soldaten stehen zum Kampf bereit, während die Schlachtordnung mit Vorhut, Nachhut, Flankendeckung und Kommandostab auch absolut realistisch dargestellt ist.

Mausoleum Qín Shǐhuángdìs, Xiʼan (Bild: Datrio, Wikimedia, CC)


In welche Schlacht ziehen sie denn? Die Tonsoldaten bewachen den ewigen Schlaf des ersten chinesischen Kaiser Qín Shǐhuángdì. Der Kaiser selbst ruht unter dem Grabhügel, der schätzungsweise die grösste Grabanlage weltweit ist. Das ist eine gut fundierte aber immer noch eine Vermutung, denn es ist nur rund ein Viertel der gesamten Begräbnisstätte freigelegt. Dass noch nicht alle Geheimnisse des Altertums vor den Augen der heutigen Welt offen liegen, macht den Besuch im Mausoleum noch spannender. Auf jeden Fall wird gleich klar, wieso die noch nicht mal zur Hälfte erforschte Grabstätte schon ihren Platz auf der UNESCO-Liste des Weltkulturerbes hat.

Pferdegespann der Terrakotta-Armee von Xiʼan (Bild: Ian and Wendy Sewell, Wikimedia, CC)


Einmal zurück in Xiʼan ist es sehr empfehlenswert, in das alltägliche städtische Leben einzutauchen. Xiʼan besitzt die längste Stadtmauer in ganz China, die Ende des 14. Jahrhundert entstanden ist. Die Länge der Mauer, die die Altstadt von Xiʼan umschliesst, beträgt fast 14 Kilometer. Ausserdem ist sie begehbar, und kann man auf ihr bequem einen Rundgang zu Fuss oder per Fahrrad machen. An jedem der Stadttore ist es möglich, wieder herabzusteigen, wenn man die Sehenswürdigkeiten innerhalb oder ausserhalb der Stadtmauer anschauen möchte.

Stadtmauer von Xiʼan (Bild: Jamguo, Wikimedia, CC)


Was man auf keinen Fall in Xiʼan verpassen sollte, ist der Besuch im muslimischen Viertel, dem Heimatort der Ethnie Hui, der Nachkommen der ersten arabischen Händler, die vor vielen Jahrhunderten nach China kamen. Tagsüber sollte man unbedingt die grosse Moschee von Xiʼan aus dem 7. Jahrhundert sehen. Wenn aber der Abend kommt, führen alle Wege zum Nachtmarkt. Hier herrscht buntes Durcheinander, an den Ständen werden Souvenirs und sonstiges Allerlei verkauft, alles versinkt in lauten Stimmen, bunten Lichtern und starken Gerüchen.

Arabisches Restaurant im muslimischen Viertel von Xiʼan (Bild: Fanghong, Wikimedia, CC)


Ein Bummel durch den Markt, während dem man die eigene Verhandlungskraft beim Feilschen auf die Probe stellen kann, sorgt für die skurrilsten Eindrücke; und kulinarische Attraktionen wie scharfe Lamm- und Rinderspiesschen und arabische Süssigkeiten hinterlassen einen unvergesslichen Nachgeschmack, der in Erinnerung für immer mit dem Besuch in Xiʼan verbunden bleibt.

 

Oberstes Bild: Terrakotta-Armee von Xiʼan (Bild: Robin Chen, Wikimedia)[vc_text_separator title=“Wo liegt dieses Reiseziel?“ title_align=“separator_align_center“ color=“grey“][vc_gmaps link=“https://www.google.ch/maps?q=Xi%27an,+Shaanxi,+China&hl=de&ie=UTF8&sll=46.362093,9.036255&sspn=6.012101,9.876709&oq=Xi%CA%BCan&hnear=Xi%27an,+Shaanxi,+China&t=m&z=10″ size=“350″]

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Ich schreibe, seit ich schreiben kann, und reise, seit ich den Reisepass besitze. Momentan lebe ich im sonnigen Spanien und arbeite in der Modebranche, was auch oft mit Reisen verbunden ist, worüber ich dann gerne auf den Portalen von belmedia.ch berichte. Der christliche Glaube ist das Fundament meines Lebens; harmonisches Familienleben, Kindererziehung, gute Freundschaften und Naturverbundenheit sind meine grössten Prioritäten; Reisen und fremde Kulturen erleben meine Leidenschaft; Backen und Naturkosmetik meine Hobbys und immer 5 Minuten zu spät kommen meine Schwäche.

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