Sizilien, Teil 2: Die Überraschungen der verführerischen Insel

Nachdem man genug Zeit in der sizilianischen Hauptstadt Palermo verbracht hat, spürt man gewöhnlich den starken Ruf, sich auf Entdeckungsreise durch die Insel selbst zu begeben. Der sizilianische Nordwesten birgt viele verlockende Reiseziele, die sehr bequem von Palermo aus erkundet werden können.

Das erste wird besonders von den Architekturliebhabern geschätzt und befindet sich nur ca. zehn Kilometer von Palermo entfernt: die Stadt Monreale an dem Hang des Monte Caputo.  Die Geschichte der Stadt geht auf das Jahr 1172 zurück, als der sizilianische König Wilhelm II. sich entschieden hatte, auf der Stelle des heutigen Monreale ein Kloster zu errichten. Anschliessend kam noch ein beeindruckender Gebäudekomplex dazu, der aus der Kathedrale, dem Erzbischöflichen Palais, dem Königspalast und einem Benediktinerkloster bestand.

Dies ist ein Reisebericht über Sizilien in mehreren Teilen:

Teil 1: Sizilien – Palermo, sizilianische Hauptstadt früher und heute

Teil 2: Sizilien – die Überraschungen der verführerischen Insel

Teil 3: Sizilien – Agrigent, unterwegs im Tal der Tempel

Teil 4: Sizilien – Die Entdeckungen im Süden der Insel

Teil 5: Sizilien – Syrakus, die schöne Stadt der Dichter und Mathematiker

Teil 6: Sizilien – Die Schätze von Taormina

Teil 7: Sizilien – Unterwegs in Catania im Schatten von Ätna


Kathedrale von Monreale, Sizilien (Bild: Bernhard J. Scheuvens, Wikimedia, CC)


Die Hauptsehenswürdigkeit ist heute die Kathedrale von Monreale mit ihrem berühmten Kreuzgang, die jährlich ca. eine Million Touristen besuchen. Der Normannenbau aus dem 12. Jahrhundert ist ein weiteres, für Sizilien typisches und ausserordentlich prächtiges Beispiel der Symbiose verschiedener Bau- und Einrichtungsstile: Der Baukörper ist in romanischer Bautradition errichtet; Kreuzgang, Innenhof und die Intarsien an den Aussenwänden zeugen klar von einem starken arabischen Einfluss; die Bemalung und besonders die Goldgrund-Mosaiken an den Innenwänden der Kathedrale sind herrliche Relikte byzantinischer Kunst.

Zahlreiche Fresken und Mosaiken schmücken die Innenwände der Kathedrale aus und erzählen unzählige Geschichten aus der Bibel von der Genesis bis zur Apostelgeschichte. Wenn man langsam und aufmerksam durch die Kathedrale läuft, ist es, wie wenn man von einer Seite auf die andere einer gigantischen Bibel in Bildern hüpfen würde.


Apsis der Kathedrale von Monreale, Sizilien (Bild: Tango7174, Wikimedia, CC)


Eine weitere Überraschung stellt der Kreuzgang mit dem Innenhof der Kathedrale dar. Eigentlich ist der Kreuzgang alles, was vom ursprünglichen Gebäudekomplex des Benediktinerklosters, das sich früher an die Kathedrale anschloss, erhalten geblieben ist. Der Innenhof stellt  ein arabisch anmutendes Rechteck aus spitzbogigen Arkaden, getragen von Doppelsäulen, dar. Die Säulen haben eine sehr unterschiedliche Verarbeitung – glatt oder mit verschiedenen Kannelierungen, mit Mosaiken oder Schnitzereien ausgeschmückt. An den Kapitellen der Säulen sieht man weitere und immer unterschiedliche christliche oder auch islamische Darstellungen. In einer Ecke des absolut quadratischen Innenhofs ist ein weiteres Rechteck eingebaut – der Brunnenhof mit einem säulenförmigen Brunnen in der Mitte. Alles eine Symphonie der Symmetrie und Wohlproportionierung.

Innenhof der Kathedrale von Monreale, Sizilien (Bild: Giuseppe ME, Wikimedia, CC)


Das Äussere der Kathedrale besitzt genau wie das Innere einen unglaublichen, fast magischen Reiz: Die Majestät der Kathedrale ruft unweigerlich tiefe Bewunderung hervor; man geht auf der Zeitreise durch die Bibelgeschichte verloren; die Fantasie wird von den unendlichen arabischen Schnörkeln gefangen genommen. Am Schluss scheint es einem fast unmöglich, sich von diesem Allerlei der Farben, Formen und Inhalte, von diesen geschwungenen, gewundenen, spiraligen Linien loszureissen und die Kathedrale zu verlassen.

Brunnen der Kathedrale von Monreale (Bild: Bernhard J. Scheuvens, Wikimedia, CC)


Die andere Exkursion dürfte alle Naturliebhaber begeistern. Das Ziel heisst San Vito lo Capo und befindet sich etwa 80 Kilometer von Palermo entfernt. Diese Gemeinde, die sich hauptsächlich dem Fischfang und Tourismus widmet, liegt an einer märchenhaft schönen Bucht mit weissen Sandstränden und kristallklarem Wasser, das in allen möglichen Wassertönen schillert. San Vito lo Capo ist ein bei Sizilianern sehr beliebter Badeort im Sommer, und im Winter bezaubert es durch einen besonderen Charme der Stille und Einsamkeit.

Fährt man weiter, so kann man, bevor man auf die Autobahn kommt, einen Abstecher nach Segesta machen. Der Tempel Segesta ist der einzige, aber auch äusserst beeindruckende Rest der antiken Stadt Segesta. Einsam und effektvoll erhebt er sich an den Hängen des Monte Barbaro. Dank seiner isolierten Lage (der Tempel wurde ausserhalb der Stadt gebaut) und der Tatsache, dass er eigentlich nie fertiggestellt wurde (da er nicht geweiht wurde, konnte er auch nicht entweiht werden) ist der Tempel Segesta einer der am besten erhaltenen dorischen Tempel im Mittelmeerraum.


Tempel Segesta, Sizilien (Bild: Josep Renalias, Wikimedia, CC)


An der Nordseite des Monte Barbaro liegt das antike Theater aus dem 3. oder 2. Jahrhundert V. Chr. Das Theater wurde von Griechen errichtet, doch später von Römern umgebaut und erweitert.  Die halbkreisförmigen ansteigenden Sitzreihen wurden einfach in den Fels gehauen. Das Theater ist heute ein beliebter Veranstaltungsort für sommerliche Freiluftaufführungen.

Baustrukturen auf der Akropolis von Selinunte, Sizilien (Bild: Jochen Reinhard, Wikimedia, CC)


Wenn man eine Stunde in Richtung Süden fährt, kommt man zu einem weiteren Relikt der legendären sizilianischen Geschichte – Selinunte, einer machtvollen griechischen Enklave während der hellenischen Herrschaft. Die Stadt wurde im 7. Jahrhundert v. Chr. gegründet und im Jahr 409 n. Chr. von Karthagern zerstört. Die Dimensionen des archäologisch untersuchten Geländes geben eine Idee über die Wichtigkeit der früheren Stadt. Ein Spaziergang zwischen ihren Säulen und verfallenen Mauern regt die Phantasie an, denn die malerischen Ruinen zeugen immer noch sehr lebendig von früheren Tempeln, der Akropolis und Strassen der Stadt, die vor 2´500 Jahren voll Leben waren.

 

Oberstes Bild: San Vito Lo Capo, Sizilien (Thomas Schaal / pixelio.de)[vc_text_separator title=“Wo liegt dieses Reiseziel?“ title_align=“separator_align_center“][vc_gmaps type=“m“ zoom=“14″ link=“https://maps.google.ch/maps?q=Monreale,+Palermo,+Italien&hl=de&sll=46.362093,9.036255&sspn=4.253107,10.821533&oq=monrea&hnear=Monreale,+Palermo,+Sicilia,+Italien&t=m&z=14″ size=“350″]

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