Im Umfeld des Rheindeltas am Bodensee – Rheineck

Es gibt Orte, die verdanken ihre noch gut erhaltene historische Bausubstanz einer gewissen Stagnation. Dadurch, dass manche dynamische Veränderung an ihnen vorüberging, blieben ihnen Umbrüche erspart, die woanders zum Verschwinden schöner alter Bauten führten. Dies trifft auch auf das Städtchen Rheineck im Kanton Sankt Gallen zu.

Mit gut 3‘300 Einwohnern hat es sich den Charme einer ländlichen Gemeinde bewahrt, obwohl die Stadtrechte bereits seit Jahrhunderten bestehen. Rheineck liegt am sogenannten Alten Rhein. So wird das frühere Flussbett im Sankt Galler und Vorarlberger Rheintal genannt. Es bildet heute die Staatsgrenze zwischen der Schweiz und Österreich. Die Stadt befindet sich in unmittelbarer Grenzlage.


Hauptstrasse in Rheineck (Bild: Martin Lindner, Wikimedia, CC)

Rheineck und der Alte Rhein

Der Alte Rhein ist Anfang des 20. Jahrhunderts entstanden, als man sich entschied, den Flusslauf im Mündungsgebiet des Rheins in den Bodensee zu regulieren. Im Rheindelta gab es damals immer wieder Überschwemmungen, die zu schweren Schäden führten. Dem sollte die Rheinregulierung Abhilfe schaffen.


Der Rhein in Höchst (Bild: User2538, Wikimedia, CC)

Dazu wurde mit dem sogenannten Fussacher Durchstich der ursprüngliche Wasserlauf abgezweigt und in einen schnurgeraden Kanal umgeleitet, der jetzt auf österreichischer Seite in den Bodensee mündet. Wasser führt der Alte Rhein zwar noch immer, doch die Fluten sind stark gebändigt. Im Gegensatz zu früher ist das Gewässer heute nur noch in Abschnitten schiffbar. Zurück geblieben ist ein wertvolles Naherholungs- und Naturschutzgebiet, um das man sich auf beiden Seiten der Grenze kümmert.


Rheinmündung im Bodensee: Diepoldsau und Alter Rhein (Bild: MatthiasKabel, Wikimedia, GNU)

Für Rheineck bedeutete die „Umleitung“ des Flusses einen Einschnitt. Denn so unerwünscht das Hochwasser gewesen war, die Massnahme führte auch dazu, dass die Nutzung des Rheins als Wasserstrasse von nun an einen anderen Weg nahm und an Rheineck vorbeilief. Die Stadt hat damit wirtschaftlich an Bedeutung verloren – und an Beschaulichkeit und Verträumtheit hinzugewonnen. Auf seine Geschichte ist man jedenfalls stolz.

Immerhin stammt die erste urkundliche Erwähnung der „alten Rinegge“ bereits aus dem Jahre 1163. Der Name hat übrigens nichts mit dem Rhein zu tun, wie man vermuten könnte, sondern ist wohl eher als Hinweis auf ein Gebäude auf einem Felsvorsprung („Egge“) zu verstehen. Im 13. Jahrhundert erhielt der Ort Stadtrechte und wurde befestigt.


Rheineck von Südosten aus gesehen (Bild: Martin Lindner, Wikimedia, CC)

Rheineck wurde sogar zur freien Reichsstadt und unterstand damit nur dem römisch-deutschen Kaiser. Dies verdankte der Ort wesentlich seiner Funktion als Handels-, Lager- und Umschlagsplatz an einer wichtigen Nord-Süd-Handelsverbindung. Später geriet Rheineck unter wechselnde Herrschaften – Österreicher, Appenzeller und schliesslich die Eidgenossen bestimmten die Geschicke der Stadt.


Rheineck am Bodensee. Kol. Stahlstich von W. Lang nach Julius Lange, 19. Jh. (Bild: W. Lang nach Julius Lange, Wikimedia, public domain)

Schönes Fachwerk und alte Mauern

Die Altstadt von Rheineck ist schnell durchschritten. Sie gruppiert sich im Wesentlichen um die Hauptstrasse und einige Seitengassen. Dennoch findet sich hier manches Sehenswerte. Dazu gehören zweifelsohne die vielen schmucken Fachwerkhäuser, die die Strassen säumen. Aus massivem Stein ist dagegen das Rathaus, das sich dem Betrachter in einem intensiven Rotton und mit Treppengiebeln präsentiert. Der Bau aus dem 16. Jahrhundert besitzt im Inneren schöne historische Räume wie den Rathaussaal und das Rokoko-Sitzungszimmer.


Das Rathaus von Rheineck (Bild: Xenos, Wikimedia, CC)

Fast schon ein Schloss stellt dagegen der prachtvolle Löwenhof dar, ein Werk des 18. Jahrhunderts und ehemaliger Kaufmannssitz. Ebenfalls beachtenswert ist die Reformierte Kirche, die im 16. Jahrhundert neu errichtet wurde und unverkennbar gotisch geprägt ist. Nur der Zwiebelturm stammt aus der Zeit des Barock. An die frühere Zeit als „Hafenstadt“ erinnert noch das Rhytor – ein kunstvoll verzierter Durchgang, der im Mittelalter von der Stadt zum Rhein führte.


Der Löwenhof (Bild: Cdubet, Wikimedia, CC)

Etwas ausserhalb des Städtchens liegt auf einer Anhöhe der Burgstock, der als Wahrzeichen der Stadt gilt. Die verfallenen alten Mauern gehen ins 12. Jahrhundert zurück, also eine Zeit, in der Rheineck gegründet wurde. Es handelt sich wohl um einen alten Wachtturm, der die Stadt einst vor feindlichen Überraschungen schützen sollte. Im Verlauf der Auseinandersetzungen mit den Appenzellern wurde er mehrfach beschädigt und schliesslich bis auf den heute zu sehenden Rest abgetragen. Einen guten Blick von hier oben hat man aber noch immer.


Burgruine Alt-Rheineck (Bild: Böhringer Friedrich, Wikimedia, GNU)

Das Bisenwäldeli – wo der Rhein floss

Bei so viel Besichtigung mag es eine Wohltat sein, einen Gang durch das nahe Bisenwäldeli zu machen. Dabei handelt es sich um ein Naherholungsgebiet im Bereich des ehemaligen Rheinlaufs, das aus Wald- und Wasserflächen besteht – eine erholsame Auenlandschaft mit einer vielfältigen Flora und Fauna. Hier kann man gut zur Ruhe kommen und etwas von der Atmosphäre des Rheindeltas spüren.

Fazit

Rheineck ist ein Grenzstädtchen am Alten Rhein im Rheindelta. In seinem Zentrum erinnert noch manches an die frühere Bedeutung als Handelsstadt.

 

Artikelbild: © Kecko, flikr.com, CC

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Mehr zu Stephan Gerhard

ist seit Jahren als freier Autor und Texter tätig und beschäftigt sich bevorzugt mit Themen rund um Finanzen, Geldanlagen und Versicherungen sowie Wirtschaft. Als langjähriger Mitarbeiter bei einem Bankenverband und einem großen Logistikkonzern verfügt er über umfassende Erfahrungen in diesen Gebieten.

Darüber hinaus deckt er eine Vielzahl an Themen im Bereich Reisen, Tourismus und Freizeitgestaltung ab. Er bietet seinen Kunden kompetente und schnelle Unterstützung bei der Erstellung von Texten und Präsentationen.

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