Wiedergewonnener Schatz: der Fürst-Pückler-Park in Bad Muskau

Das Städtchen Bad Muskau an der Lausitzer Neisse wäre wahrscheinlich nicht weiter bekannt, gäbe es in dem kleinen Kurort nicht ein einmaliges Denkmal der Gartenkunst – den berühmten englischen Landschaftsgarten des Fürsten Hermann von Pückler-Muskau.

Der nach seinem Schöpfer benannte Fürst-Pückler-Park ist der grösste und bedeutendste englische Park im Herzen Europas und gehört zum UNESCO-Welterbe. Dass er heute wieder besucht werden kann, ist keineswegs eine Selbstverständlichkeit. Denn die Zeitläufte und die Wechselfälle der Geschichte stellten die Existenz des Gartenkunstwerks mehr als einmal infrage.

Die Standesherren von Muskau

Bad Muskau liegt im äussersten Nordost-Zipfel des Freistaates Sachsen direkt an der deutsch-polnischen Grenze, die hier durch die Lausitzer Neisse markiert wird. Bis 1945 gehörte der Ort zur preussischen Provinz Niederschlesien. Mit der Grenzverschiebung infolge des Zweiten Weltkriegs und der Übernahme der ehemals deutschen Ostgebiete durch Polen wurde Bad Muskau plötzlich zur Grenzstadt. In der ehemaligen DDR wurde der Ort dem Bezirk Dresden zugeordnet, der nach der deutschen Wiedervereinigung im wiedererrichteten Freistaat Sachsen aufging.

Der Park wurde durch die Grenzziehung nach dem Zweiten Weltkrieg geteilt. Von den 830 Hektar Gesamtfläche liegen heute rund zwei Drittel – der östliche Teil – auf polnischem Territorium, das restliche Drittel – der westliche Teil – gehört zur Stadt Bad Muskau. Im deutschen Teil befinden sich auch die mit dem Park verbundenen Baudenkmäler – das Alte und das Neue Schloss, das früher als Moorbad genutzte Kavaliershaus, die Orangerie, der Marstall und ehemalige Wohnbauten für Schlossbedienstete.


Neues Schloss in Muskau etwa zur Mitte des 19. Jahrhunderts (Bild: © wiki.org)

Die Herren von Schloss Muskau besassen Macht und Einfluss. Sie waren Inhaber der sogenannten Standesherrschaft Muskau, eines ausgedehnten Grossgrundbesitzes, der mit gewissen landesherrlichen Rechten ausgestattet war und dem jeweiligen Standesherrn einen halb-souveränen Status verlieh.

Fürst Pückler – ein extravaganter Landschaftsgärtner

Der Erfinder und Schöpfer des Parks, Hermann von Pückler-Muskau, galt als schillernde Persönlichkeit. 1785 auf Muskau geboren, schlug er als junger Erwachsener die Militärlaufbahn ein, die er aber nur mit mässigem Engagement verfolgte. So verschlief er als Teilnehmer der Feldzüge gegen Napoleon die berühmte Völkerschlacht bei Leipzig. Seine Leidenschaft gehörte vor allem dem Reisen, einem Metier, das er auch schriftstellerisch zu verarbeiten suchte. 1812 kam er erstmals nach England, wo er die englische Gartenarchitektur kennen und lieben lernte. Später reiste er unter anderem nach Ägypten, in den Sudan und in den Orient. Der Fürst war als abenteuerlustig, tollkühn und ruhelos bekannt.

In seinem heimatlichen Schloss verwirklichte er seinen Traum von einem Landschaftspark, der eine konsequente Weiterentwicklung des typisch „Englischen Parks“ darstellt. Mit dem Projekt überhob er sich allerdings finanziell, so dass er die Standesherrschaft schliesslich 1845 verkaufen musste. Der Park blieb aber eine sichtbare Reminiszenz an den fürstlichen Landschaftskünstler.


Den Park selbst hat Fürst Pückler einmal als „Natur-Malerei“ beschrieben. (Bild: © Frank Vincentz – CC BY-SA 3.0)

Das bauliche Glanzlicht der ganzen Anlage ist das Neue Schloss. Es wurde aus einem älteren Vorläuferbau im 19. Jahrhundert ganz im Stil der Neorenaissance umgestaltet. Die dreiflügelige Anlage präsentiert sich dem Besucher mit einer markanten roten Aussenfassade, die einen bemerkenswerten Kontrapunkt zum übrigen Grün der Parkanlagen bildet. Zwei Rundtürme mit ihren Turmhauben, zahlreiche Giebel, Gitter, Balkone, Figuren und Zierfriese verleihen dem Bau einen reichen Schmuck und ein filigranes Aussehen.

Fürst Pückler sah diese Veränderungen nicht mehr, sie fanden unter einem der Folgebesitzer von Schloss und Park statt. Pläne des Fürsten zur Schloss-Neugestaltung, die vom berühmten Baumeister Schinkel entwickelt worden waren, kamen wegen der finanziellen Probleme nie zur Ausführung. Im Unterschied zum Neuen Schloss wirken die übrigen Bauwerke im Park eher schlicht. Das Alte Schloss ist ein Werk des Barock, das – bis auf das prächtige Eingangsportal – mit wenig Zierrat auskommt. Die übrigen Gebäude sind eher funktional gestaltet. Am auffälligsten zeigt sich noch die Orangerie, die einen eigenwilligen Stilmix aus gotischen und maurischen Elementen darstellt.


Blumenpflanzung im Vergnügungsplatz des Parks (Bild: © Adam Kumiszcza – CC BY-SA 3.0)

Natur-Malerei – Gartenkonzept der Romantik

Den Park selbst hat Fürst Pückler einmal als „Natur-Malerei“ beschrieben, bei der er statt Pinseln und Farben natürliche Landschaftsformen, Bäume und Wiesen, Teiche und fliessendes Wasser genutzt habe. Der Gartenschöpfer war dabei als Kind seiner Zeit der Romantik verhaftet. Man löste sich in dieser Epoche Anfang des 19. Jahrhunderts von der ornamentalen Gartenkunst des Barock. In den höfischen Gärten davor hatte strenge Geometrie vorgeherrscht, die wenig Platz für Natürlichkeit liess.

Das romantische Konzept dachte den Garten eher als Szenerie, in der Natur und Kultur eine harmonische Einheit bilden sollten. Der Fürst handelte dabei als Autodidakt, der sich die Gartenkunst selbst beigebracht hat. Ein wesentliches Element seiner Gestaltung sind die sogenannten Sichtachsen. Sie öffnen dem Besucher immer wieder den Blick und bieten über die unmittelbare Umgebung hinaus überraschende Perspektiven in die Weiten der Parklandschaft. Diese Erfindung des Fürsten wurde später in vielen Parkanlagen bis in die Vereinigten Staaten nachgeahmt.


Das Alte Schloss im Fürst-Pückler-Park (Bild: © J.-H. Janßen – CC BY-SA 3.0)

Weitläufige Wiesen, die von majestätischen Bäumen und Baumgruppen unterbrochen sind, gehören ebenso zum Bild des Fürst-Pückler-Parks wie verwunschene Alleen, gewundene Pfade, kleine Wälder und Brücken, die übers Wasser führen. Neben den typischen einheimischen Baumarten wurden auch viele exotische Gewächse angepflanzt wie die japanische Gurkenmagnolie, der Mammutbaum oder der chinesische Götterbaum.

Das Parkgelände gliedert sich in mehrere Bereiche, die jeweils ihren eigenen Charakter besitzen. Bergpark, Schlosspark, Terrassenpark, das Arboretum sowie der Aussenpark zeigen dem Besucher ganz unterschiedliche Landschaftsbilder – praktisch eine ganze Bildergalerie, um das Bild des Fürsten aufzugreifen. Um alles zu Fuss zu durchwandern, ist das Gelände fast zu gross. Von daher überrascht es nicht, dass auch andere Erkundungsmöglichkeiten wie Kutschfahrten, Fahrradtouren oder Bootsfahrten angeboten werden. 


Das Muskauer Schloss (1834), wie es nach den von Schinkel geplanten Umbauten aussehen sollte. (Bild: © wiki.org)

Symbol des zusammenwachsenden Europas

Der Zweite Weltkrieg und seine Folgen setzten den Schlossbauten und dem Park schwer zu. Im März 1945 verlief mitten durch das Gelände die Hauptkampflinie zwischen Deutschen und Sowjets. Das Neue Schloss wurde kurz darauf von russischen Soldaten niedergebrannt. Das Alte Schloss fiel ebenso wie grosse Teile der Stadt Ende 1945 einem Brand zum Opfer. In der DDR-Zeit zeigte man zunächst wenig Interesse an der Wiederherstellung der Hinterlassenschaften des „preussischen Junkertums“. Der extravagante Fürst taugte nicht als Vorbild im Sozialismus. Auf polnischer Seite war es nicht viel anders. Hier wurde der Park in ein Naturschutzgebiet umgewandelt und verwilderte in den folgenden Jahrzehnten zusehends. Immerhin begann man auf deutscher Seite ab Beginn der 1960er-Jahre mit einer Rekonstruktion der historischen Gartenanlage und auch einige der zerstörten Bauten – zum Beispiel das Alte Schloss – wurden wiederhergestellt. Das Neue Schloss blieb dagegen Ruine.



Einen entscheidenden Schub erhielt der Park erst durch das Ende des Kommunismus und die deutsche Einheit. Im Zuge des zusammenwachsenden Europas begann nach 1990 eine intensivere deutsch-polnische Zusammenarbeit zum Erhalt des einmaligen Kulturerbes. 2004 wurde der auf beiden Seiten der Neisse wiedererstandene Park in die Liste des UNESCO-Welterbes aufgenommen. Das Neue Schloss erstrahlt seit 2012 nach dem Wiederaufbau in altem Glanz. In diesem Sinne ist der Fürst-Pückler-Park in Bad Muskau nicht nur ein Symbol für die Überwindung der Folgen eines Krieges, dessen Ende sich in diesen Tagen zum 70. Mal jährt. Er ist auch ein Zeichen der Völkerverständigung und des Friedens in Europa.

 

Oberstes Bild: © Edler von Rabenstein – shutterstock.com

author-profile-picture-150x150

Mehr zu Stephan Gerhard

ist seit Jahren als freier Autor und Texter tätig und beschäftigt sich bevorzugt mit Themen rund um Finanzen, Geldanlagen und Versicherungen sowie Wirtschaft. Als langjähriger Mitarbeiter bei einem Bankenverband und einem großen Logistikkonzern verfügt er über umfassende Erfahrungen in diesen Gebieten.

Darüber hinaus deckt er eine Vielzahl an Themen im Bereich Reisen, Tourismus und Freizeitgestaltung ab. Er bietet seinen Kunden kompetente und schnelle Unterstützung bei der Erstellung von Texten und Präsentationen.

jQuery(document).ready(function(){if(jQuery.fn.gslider) {jQuery('.g-16').gslider({groupid:16,speed:10000,repeat_impressions:'Y'});}});